Sinkende Steuereinnahmen sorgen für Streit in der GroKo

dpa Berlin. Die Steuern fließen nicht mehr so stark wie erwartet. Union und SPD wollen deshalb vorsichtiger mit dem Geld umgehen - vor allem bei den Projekten des jeweils anderen Koalitionspartners.

Bundesfinanzminister Olaf Scholz fehlen in der Finanzplanung bis 2023 nach der aktuellen Steuerschätzung 10,5 Milliarden Euro. Foto: Kay Nietfeld

Bundesfinanzminister Olaf Scholz fehlen in der Finanzplanung bis 2023 nach der aktuellen Steuerschätzung 10,5 Milliarden Euro. Foto: Kay Nietfeld

Angesichts nicht mehr so kräftig sprudelnder Steuereinnahmen greifen Union und SPD wichtige Vorhaben ihres jeweiligen Koalitionspartners an. Die Union will die SPD-Grundrente kippen, die SPD das Unionsanliegen einer Abschaffung des Solidaritätszuschlags.

Bei ihrem Widerstand gegen Steuersenkungen bekam die SPD am Wochenende Unterstützung der Kommunen. „Die Steuerschätzung und die zurückgehenden Einnahmen zeigen deutlich, dass es keinen Spielraum für Steuerentlastungen gibt“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, der Deutschen Presse-Agentur.

Der frühere Anwärter für den CDU-Vorsitz, Friedrich Merz, sagte dem Nachrichtenmagazin „Focus“ hingegen, der Solidaritätszuschlag müsse ganz abgeschafft werden, „und zwar nicht nur für einige, sondern für alle, auch für die oberen zehn Prozent“. Bisher wollen Union und SPD den Soli 2021 für 90 Prozent der Soli-Zahler abschaffen.

SPD-Chefin Andrea Nahles hatte einer vollständigen Soli-Abschaffung am Freitag eine Absage erteilt: „Es wird nicht kommen in dieser Legislaturperiode.“ Das würde den Bundeshaushalt mit zusätzlichen 10 Milliarden Euro belasten. Dies sei nur finanzierbar, indem Sozialleistungen gekürzt würden oder auf einen Etat ohne neue Schulden verzichtet werde.

Aus Sicht von Gemeindebund-Geschäftsführer Landsberg sollten nun alle Leistungsversprechen des Staates überprüft werden, auch wenn sie in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben sind. „Dabei muss der Grundsatz gelten: Vorrang für Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz“, sagte er dpa.

Trotz der langsamer wachsenden Staatseinnahmen forderte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) eine Politik zugunsten von Arbeitnehmern und Rentnern. „Zwar ist die Konjunktur getrübt“, sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann der dpa. „Doch sie wird nach wie vor durch eine starke Binnennachfrage getragen, die uns vor externen Schocks durch mögliche Handelskonflikte schützt.“

Gegenwind aus der Union bekamen Arbeitsminister Hubertus Heil und Finanzminister Olaf Scholz (beide SPD) mit ihren Überlegungen, die Grundrente auch aus den Sozialkassen zu finanzieren. Anfang des Jahres hatte Heil noch als Ziel genannt, die Aufbesserung von Minirenten aus Steuermitteln zu finanzieren. Die „Bild“-Zeitung berichtete am Samstag, die beiden Minister wollten nun auf die Renten-Rücklage zurückgreifen. In dem Topf liegen derzeit rund 38 Milliarden Euro.

Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nannte das Vorhaben gegenüber „Bild“ „ungerecht und unsolidarisch“. CDU-Sozialexperte Hermann Gröhe sagte der Zeitung: „Mit anderer Leute Geld eine Runde zu schmeißen, war noch nie seriös!“ Eine Grundrente „nach dem Prinzip „Gießkanne“ ist ein milliardenschwerer Verstoß gegen den Koalitionsvertrag“. Auch die Oppositionsparteien FDP und Grüne lehnten die Vorschläge ab.

Der CDU Haushaltsexperte für den Bundeshaushalt Arbeit und Soziales, Axel Fischer, sagte: „Die Pläne der SPD, die geplante Grundrente aus Beitragsmittel mitzufinanzieren, sind eine Schnapsidee. Dies käme dem Diebstahl an gesparten Versicherungsbeiträgen der Arbeitnehmer gleich und muss deshalb verhindert werden.“

Wegen der eingetrübten Konjunktur und Änderungen bei den Steuergesetzen steigen die Einnahmen des deutschen Staates in den kommenden Jahren weniger stark als zuletzt. Scholz fehlen in der Finanzplanung bis 2023 nach der aktuellen Steuerschätzung 10,5 Milliarden Euro.

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Erstellt:
11. Mai 2019, 20:09 Uhr
Aktualisiert:
11. Mai 2019, 21:01 Uhr

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