Skepsis gegenüber geplantem Solarpark in Weissach

Sollte der Solarpark bei Unterweissach entstehen, könnte Weissach im Tal der Klimaneutralität auf einen Schlag ein gutes Stück näher rücken. Vonseiten der Bürgerschaft kamen bei einer Bürgerbeteiligung am Montagabend jedoch viele Sorgen bezüglich des Projekts zur Sprache.

Franz Pöter vom Netzwerk Solar Cluster (rechts) war von Bürgermeister Daniel Bogner für einen Vortrag über das Thema Solarenergie zu der Bürgerbeteiligung in der Seeguthalle in Cottenweiler eingeladen worden. Foto: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Franz Pöter vom Netzwerk Solar Cluster (rechts) war von Bürgermeister Daniel Bogner für einen Vortrag über das Thema Solarenergie zu der Bürgerbeteiligung in der Seeguthalle in Cottenweiler eingeladen worden. Foto: Tobias Sellmaier

Von Melanie Maier

Weissach im Tal. Im November 2021 kam das Thema erstmals im Gemeinderat auf: Außerhalb von Unterweissach könnte auf einer Privatfläche ein Solarpark entstehen. Ein Landwirt hatte gegenüber der Verwaltung den Wunsch geäußert, sein rund 8,5 Hektar großes Areal zu verpachten und darauf eine Freiflächenfotovoltaikanlage errichten zu lassen.

Sollte das Projekt realisiert werden, könnte Weissach im Tal dem Ziel Klimaneutralität auf einen Schlag ein gutes Stück näher rücken. Mit seinem Klimaschutzgesetz hat sich das Land Baden-Württemberg ohnehin dazu verpflichtet, mindestens zwei Prozent der Landesfläche für Windenergie und Freiflächenfotovoltaik auszuweisen. Das soll dazu beitragen, die Klimaschutzziele zu erreichen. Auch die Kommunen der Region Stuttgart müssen selbstredend ihren Teil dazu beitragen. Doch um den Solarpark in Unterweissach umzusetzen, müssten der Gemeinderat und die Verwaltung zunächst einmal in einer Sitzung des Gemeinderats eine Änderung des Bebauungsplans des dafür angedachten Areals beschließen.

Rund 50 Teilnehmende am infoabend

Um ein Stimmungsbild der Bevölkerung einzufangen sowie mögliche Bedenken gegenüber dem Projekt aufzunehmen, hat die Verwaltung am Montagabend eine Bürgerbeteiligung in der Seeguthalle in Cottenweiler veranstaltet. Rund 50 Bürgerinnen und Bürger nahmen daran teil, darunter viele Gemeinderätinnen und Gemeinderäte.

Es liege in der Hand der Gemeinde, ob die Freiflächensolaranlage komme oder nicht, hob Bürgermeister Daniel Bogner zu Beginn der Veranstaltung hervor. Nachdem er die Anwesenden begrüßt hatte, standen zwei Vorträge auf dem Programm. Franz Pöter vom Netzwerk Solar Cluster Baden-Württemberg informierte über das Thema Solarenergie im Allgemeinen. Konkret um den geplanten Solarpark in Weissach ging es anschließend bei dem Vortrag von Zino Barbieri, Projektleiter Solar bei der für die Projektentwicklung zuständige Juwi AG. Ebenfalls für Fragen zur Verfügung stand Jochen Roos vom Planungsbüro Roosplan, das sich mit dem Landschaftsschutz und der konkreten Umsetzung vor Ort beschäftigt.

Positive Wirkung für die Artenvielfalt

„Das Tolle an der Freiflächenfotovoltaik ist, dass es nicht nur gut für den Klimaschutz, sondern auch die günstigste Art der Stromerzeugung ist“, betonte Franz Pöter. Zwischen vier und sechs Cent je Kilowattstunde kostet Freiflächensolarstrom. Bei Strom, der durch Gas oder Atomkraft gewonnen wurde, sind es rund 20 beziehungsweise zwölf Cent. Als weitere Vorteile nannte Pöter unter anderem die positive Wirkung von Freiflächenfotovoltaikanlagen auf die Artenvielfalt (die Wiese unter den Solarmodulen bietet Refugien für Insekten und Kleintiere) und die Möglichkeit, die Fläche weiter landwirtschaftlich zu nutzen. So könnten etwa Schafe darauf weiden. Die Flächeneffizienz sei außerdem sehr hoch und die für den Bau notwendige Flächenversiegelung liege bei unter einem Prozent.

Zino Barbieri von der Juwi AG stellte das Projekt nochmals detailliert vor (siehe Infokasten). Sollte die Gemeinde im ersten Quartal 2023 den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan verabschieden, sagte er, könne der Solarpark – wenn alles nach Plan laufe – Ende 2024 in Betrieb genommen werden. Nach spätestens 30 Jahren würde der Rückbau der Anlage anstehen. Es bestehe aber jederzeit die Möglichkeit, den Bebauungsplan aufzuheben und die Fläche wieder landwirtschaftlich zu nutzen.

Ein Blendgutachten ist erstellt worden

Bei der anschließenden Fragerunde brachten die Bürgerinnen und Bürger ihre Bedenken zur Sprache. Mehrere Anwesende erkundigten sich nach der Spiegelung durch die Solarmodule. „Ich habe keine Lust, mit einer Sonnenbrille in meinem Wohnzimmer sitzen zu müssen“, spitzte ein Bürger zu. „Da kann ich Sie beruhigen“, entgegnete Barbieri. „Das wird definitiv nicht der Fall sein.“ Ein Blendgutachten sei bereits vom Fraunhofer-Institut erstellt worden. Würden die Solarmodule aufgestellt wie geplant, wäre eine Blendung nicht möglich. Für den Straßenverkehr seien dennoch zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen geplant.

Ein anderer Bürger erkundigte sich nach dem finanziellen Nutzen für die Gemeinde. Es gebe verschiedene Möglichkeiten, die Bürger an dem Solarpark zu beteiligen, so Barbieri. Die einzige, die nach Angaben von Weissachs Kämmerer Alexander Holz bisher realistisch ist, wäre eine Beteiligung durch die Energiegemeinschaft Weissacher Tal. Die Energiegenossenschaft könnte sich mit Eigenkapital in das Projekt einbringen, führte deren kaufmännischer Vorstand Rolf Heller aus. Würde das Darlehen verzinst, würden die Mitglieder profitieren.

Die Gemeinde könnte Gewerbesteuereinnahmen verzeichnen. Diese würden aber meist erst zum Ende der Laufzeit kommen, räumte Barbieri ein. In der Gemeinderatssitzung im vergangenen November war von einem sechsstelligen Betrag während der 25- bis 30-jährigen Laufzeit die Rede. Zu den Einnahmen für den Verpächter wollte sich Barbieri nicht äußern. Es sei ein privatrechtlicher Vertrag geschlossen worden, über den er keine Angaben machen könne.

Umstände im Sondergebiet sind unklar

Wenn sie sich recht erinnere, habe die Gemeinde bereits ein Sondergebiet für die Erzeugung von Solarenergie ausgewiesen, meldete sich eine Bürgerin zu Wort. Sie wollte wissen, weshalb nicht erst dieses für eine Freiflächenfotovoltaikanlage genutzt werde. Das hänge mit mehreren Faktoren zusammen, erklärte Bürgermeister Bogner. Zum einen sei nicht geklärt, ob es sich um eine zusammenhängende Fläche handele, zum anderen sei unklar, ob vonseiten des Besitzers jenes Privatareals überhaupt ein Interesse am Bau eines Solarparks bestehe.

Sie habe ein bisschen Bauchschmerzen, wenn sie an den geplanten Solarpark denke, sagte eine Bürgerin. „Aber ich glaube, langfristig hätten wir einen Vorteil davon, wenn wir uns dafür entscheiden würden.“ Ob die Gemeinderätinnen und Gemeinderäte das genauso sehen, das wird sich in einer der kommenden Sitzungen zeigen.

Kommentar
Mut zur Hässlichkeit

Von Melanie Maier

Der geplante Solarpark wird keine optische Aufwertung für Weissach im Tal darstellen, falls er kommt, da sind sich alle Beteiligten wohl einig. Der wirtschaftliche Nutzen für die Gemeinde, die Bürgerinnen und Bürger wäre ebenfalls begrenzt. Doch das sollte bei der Entscheidung für oder gegen die Anlage auch nicht im Fokus stehen, denn in erster Linie wäre die Freiflächenfotovoltaikanlage in Unterweissach ein Klimaschutzprojekt. Die Gemeinde täte gut daran, den Mut zur Hässlichkeit aufzubringen. Denn erstens ist die Zeit, die noch zur Verfügung steht, um die globale Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius zu begrenzen, verschwindend gering. Und zweitens wird jede Kommune dazu ohnehin ihren Beitrag leisten müssen.

m.maier@bkz.de

Der geplante Solarpark

Lage Die Freiflächenfotovoltaikanlage soll den Plänen der Juwi AG zufolge östlich von Unterweissach auf einer privaten, bisher landwirtschaftlich genutzten Fläche in den Hutzelgärten entstehen. Rund 18000 Solarmodule würden auf dem rund 8,5 Hektar großen Areal aufgestellt werden, das 0,6 Prozent der Gemeindefläche ausmacht.

Stromerzeugung Der durchschnittliche Stromertrag der Anlage läge der Juwi AG zufolge bei etwa elf Millionen Kilowattstunden pro Jahr, das entspricht dem Strombedarf von etwa 2700 Haushalten. Die Leistung der Anlage soll bei 9,6 Megawatt liegen. Der Strom soll über ein Erdkabel ins Netz eingespeist werden. Jährlich könnten bis zu 6800 Tonnen CO2-Ausstoß vermieden werden.

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Erstellt:
26. Oktober 2022, 06:00 Uhr

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