Rechtsstaat

Slowakei ist auf einem zweifelhaften Weg

Die Regierung höhlt die Demokratie im Land langsam aus. Etwas Gegenwind kommt von der EU, das lässt Premier Fico bisher allerdings unbeeindruckt.

In der Slowakei haben die Menschen gegen den Moskau-Besuch ihres Premierministers Robert Fico demonstriert.

© Martin Baumann/TASR/dpa

In der Slowakei haben die Menschen gegen den Moskau-Besuch ihres Premierministers Robert Fico demonstriert.

Von Knut Krohn

Geht die Slowakei den bedenklichen Weg von Ungarn? In der EU wird zunehmend die Sorge geäußert, dass die Regierung in Bratislava die Demokratie in ähnlicher Weise demontieren könnte, wie es seit Jahren in Budapest der Fall ist. Eine gewisse Entwarnung kommt von unerwarteter Seite. „Eine wichtige Klärung vorab: Die Slowakei ist nicht Ungarn“, betont der Europaabgeordnete Daniel Freund. „Der Rechtsstaat und die kritische Öffentlichkeit sind weitestgehend intakt.“

Spannungsgeladene Reise in die Slowakei

Der Parlamentarier hat sich in den vergangenen Jahren einen Namen als Korruptionsbekämpfer gemacht und war in diesen Tagen mit einer Delegation des Haushaltskontrollausschusses des Europaparlaments in der Slowakei unterwegs. Die Stimmung vor Ort sei während der gesamten Reise wegen der Vorwürfe aus Brüssel gegen die slowakische Regierung sehr angespannt gewesen.

Trotz seiner ersten positiven Einschätzung will Daniel Freund keine Entwarnung geben, denn er sehe „einige Entwicklungen mit großer Sorge“. Journalisten und auch Vertreter der Zivilgesellschaft würde von der Regierung unter Robert Fico unter Druck gesetzt und es sei ein eindeutiger Negativtrend zu beobachten. Im selben Atemzug warnt der Grünen-Politiker, dass in Sachen Korruptionsbekämpfung „die Rückschritte in der Slowakei am deutlichsten greifbar“ seien. Nach massiven Protesten auch aus der Bevölkerung wurde von der Regierung 2024 eine Sonderstaatsanwaltschaft für Korruptionsermittlungen aufgelöst. In Brüssel reagierte man mit Unverständnis, da Berichte die Runde machen, dass EU-Mittel immer wieder in dunklen Kanälen versickern würden. „Es wurden mehrfach EU-Gelder zweckentfremdet, um Luxusvillen von Privatpersonen zu bauen oder zu sanieren“, erklärt Daniel Freund. „Die Parallelen zu Ungarn unter Viktor Orban sind hier besonders deutlich.“

Die Lehren aus dem Zögern in Ungarn gezogen

In der Europäischen Union hat man offensichtlich die Lehren aus dem Umgang mit dem ungarischen Premier gezogen. Der Abbau der Demokratie durch Viktor Orban wurde über Jahre schlicht ignoriert. Im Zentrum der Kritik stand dabei die konservative EVP-Fraktion im Europaparlament, der auch CDU/CSU angehören, die sich schützend vor den Regierungschef stellte.

Nun hat Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) in diesen Tagen in Berlin eindringlich vor Europas Populisten gewarnt. Der deutsche Regierungschef bezog sich dabei allerdings nicht auf die Korruption, sondern auf die Nähe der Regierungen Ungarns und der Slowakei zu Russland. Beide Staaten sind vor dem Hintergrund des anhaltenden Ukraine-Kriegs gegen verschärfte EU-Sanktionen gegen Moskau. „Wir werden einem Konflikt mit Ungarn und der Slowakei nicht aus dem Wege gehen können, wenn es bei diesem Kurs bleibt“, erklärte Merz. In der Slowakei, wo es seit Monaten zu Protesten gegen den prorussischen Kurs der Regierung kommt, sorgten die Worte des Kanzlers für Aufsehen. Linkspopulist Fico keilte zurück und entgegnete laut slowakischen Medienberichten, die Slowakei sei kein Schuljunge, den man belehren müsse.

Der Druck auf die Opposition wird erhöht

Allerdings gibt es genügend Anhaltspunkte dafür, dass die Regierung immer offensichtlicher versucht, mit jenen Mitteln die Opposition mundtot zu machen, die auch im Nachbarland Ungarn Anwendung fanden. Bereits 2024 wurde der öffentlich-rechtliche Rundfunk des Landes abgeschafft und durch ein Staatsmedium ersetzt. Seit jenem Zeitpunkt sehen sich Journalisten immer wieder massiven Anfeindungen auch durch den Premierminister ausgesetzt. Auch die Kulturszene klagt über die Angriffe der Regierung und bittet die Europäische Union um Hilfe. 2024 gab es zum Beispiel eine Entlassungswelle an staatlichen Museen, der Nationalgalerie und dem Nationaltheater. Offensichtliches Ziel war es, die erfahrenen Vertreter durch regierungstreue Funktionäre zu ersetzen. Zudem wurden Kulturförderungen teilweise eingestellt oder verzögern sich ins scheinbar Endlose.

Der Grünen-Politiker Daniel Freund fordert, dass die Europäische Union deutlich macht, dass sie nicht bereit ist, den antidemokratischen Kurs von Robert Fico hinzunehmen. „Die EU muss hier frühzeitig eingreifen, um die Entwicklung eines zweiten Ungarn zu verhindern“, sagt der Europaparlamentarier. Er fordert etwa, „Finanzhilfen einzufrieren, wenn es Hinweise darauf gibt, dass EU-Gelder in Gefahr sind“. Die Bedingungen hierfür sehe er in der Slowakei eindeutig erfüllt, sagt Daniel Freund.

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Erstellt:
30. Mai 2025, 14:40 Uhr

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