Slowenien übernimmt EU-Ratspräsidentschaft

dpa Ljubljana. Der slowenische Ministerpräsident Janez Jansa ist einer der umstrittensten Regierungschefs in der Europäischen Union. Jetzt übernimmt sein Land den EU-Ratsvorsitz. Politische Gegner sind besorgt.

Sloweniens Ministerpräsident Janez Jansa gilt als äußerst umstritten. Foto: Kenzo Tribouillard/Pool AFP/AP/dpa

Sloweniens Ministerpräsident Janez Jansa gilt als äußerst umstritten. Foto: Kenzo Tribouillard/Pool AFP/AP/dpa

Slowenien hat seit heute den alle sechs Monate wechselnden EU-Ratsvorsitz inne.

Die frühere Teilrepublik des zerfallenen Jugoslawiens will sich in seiner Präsidentschaft für schnellere Fortschritte bei EU-Beitrittsgesprächen mit den noch nicht aufgenommenen Balkanländern einsetzen. Zudem strebt sie unter anderem Kompromisse im jahrelangen Streit über eine EU-Asylreform an und möchte die Bemühungen um eine stärkere Widerstandsfähigkeit der EU gegen Krisen wie die Corona-Pandemie vorantreiben.

Wichtige Vermittlerrolle

Als kleines Land mit nur rund 2,1 Millionen Einwohnern hat Slowenien bei europäischen Entscheidungsprozessen normalerweise keinen besonders großen Einfluss. Als EU-Vorsitzland kommt ihm nun aber für eine halbes Jahr eine wichtige Vermittlerrolle bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den EU-Staaten zu. Zudem kann es eigene politische Schwerpunkte setzen. Das an Italien, Österreich, Ungarn und Kroatien grenzende Land übernimmt die Funktion von Portugal. Es ist seit 2004 Mitglied der EU und auch der Nato.

Besondere Aufmerksamkeit kommt der slowenischen Ratspräsidentschaft zu, weil die Regierung des Landes von einem in der EU äußerst umstrittenen Politiker geführt wird. Janez Jansa macht derzeit damit von sich reden, dass er die Arbeit der neuen Europäischen Staatsanwaltschaft behindert, indem er die Entsendung zweier slowenischer Ankläger blockiert. Zudem werden dem rechtsnationalen Regierungschef Angriffe gegen die Pressefreiheit vorgeworfen.

Zahlungen an Slowenien sollen ausgesetzt werden

Wegen der Behinderung der Europäischen Staatsanwaltschaft forderten Europapolitiker die EU-Kommission zum Start der Ratspräsidentschaft auf, ein neues EU-Sanktionsinstrument zu nutzen, um Zahlungen an Slowenien aus dem Gemeinschaftshaushalt auszusetzen. Die jüngsten Entwicklungen im Land erforderten ein sofortiges Handeln der EU, heißt es in einem Brief, der von den deutschen Grünen-Abgeordneten Daniel Freund, Franziska Brantner und Sergey Lagodinsky initiiert wurde.

Scharfe Kritik kam auch von dem linken Europaabgeordneten Martin Schirdewan. „Der jetzige Regierungschef Jansa schüchtert im eigenen Land Journalistinnen und Journalisten ein und streicht nicht regierungstreuen Medienhäusern Gelder“, sagte er. Ein inhaltliches Programm für die Ratspräsidentschaft, das über „sicher aus der Pandemie“ hinaus gehe, gebe es hingegen nicht.

Jansa weist die Anschuldigungen zurück. So verteidigt er beispielsweise sein Veto gegen die Entsendung zweier slowenischer Staatsanwälte für die neue Europäische Staatsanwaltschaft damit, dass die Staatsanwaltschaft in der Vergangenheit immer wieder falsche Anschuldigungen gegen Politiker aus seinem rechtsnationalen Lager erhoben habe.

© dpa-infocom, dpa:210701-99-211854/4

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Erstellt:
1. Juli 2021, 00:55 Uhr

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