So wichtig sind Großeltern für Familien
Auch wenn „jung“ und „alt“ auf den ersten Blick Gegensätze sein mögen, gehören sie doch zusammen. Für Eltern wie für Kinder sind Großeltern von unschätzbarem Wert. Zwei Familien aus Backnang berichten, wie Oma und Opa in ihren Alltag eingebunden sind.

Kathrin Schmidt bastelt gerne zusammen mit ihrem Enkel. Foto: Simone Schneider-Seebeck
Von Simone Schneider-Seebeck
Backnang. Für frischgebackene Eltern ist es eine große Herausforderung, sich im neuen Leben mit Kindern zurechtzufinden. Doch auch wenn die Töchter und Söhne größer werden, sind das Zusammenleben und die Organisation des Alltags alles andere als einfach. Nicht umsonst beschreibt ein Sprichwort, es brauche ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen. Wenn Großeltern in der Nähe wohnen, die sich hin und wieder um die Enkelinnen und Enkel kümmern können, ist das für Eltern allermeistens von unschätzbarem Wert.
Die Großmutter wohnt im selben Haus, der Enkel übernachtet bei ihr
Dagmar Differenz beispielsweise ist froh darüber, dass ihre Mutter mit im Haus wohnt. In der eigenen Wohnung im Erdgeschoss zwar, aber jederzeit erreichbar. Vor allem für ihren Sohn Gabriel. Im Laufe der Jahre hat es sich eingebürgert, dass der mittlerweile Zehnjährige die Nächte nicht in seinem Zimmer, sondern einen Stock tiefer verbringt. Angefangen hatte es, als der Großvater einmal krank wurde. Damit die Oma nachts nicht allein sein musste, verbrachten Gabriel und seine Schwester immer wieder die Nächte ein Stockwerk tiefer.
„Schon als die Kinder klein waren, haben sie viel mit ihren Großeltern gemacht“, erinnert sich Dagmar Differenz. Während ihre Mutter mit der Familie im Haus in Backnang lebt, wohnt die Schwiegermutter ebenfalls nicht weit entfernt. Beiden Großmüttern sei es sehr wichtig, viel mit den Enkeln zu unternehmen, ihr Vater habe seinerzeit auch gerne den Kinderwagen geschoben, als die beiden Kinder noch klein waren, sagt Differenz. Die Nähe und der Kontakt zu den Enkeln seien der Mutter sehr wichtig und das tue ihr auch gut, so Differenz: „Da profitieren alle davon.“ So könne sie abends auch manchmal ganz beruhigt ausgehen, denn im Falle des Falles sei die Oma zu Hause.
Und Enkel Gabriel genießt die gemeinsame Zeit mit seiner Oma. Auch wenn er tagsüber viel unterwegs ist – nach dem gemeinsamen Abendessen mit der Familie geht es einen Stock tiefer. Klar, dass er seiner Großmutter auch manchmal im Haushalt und im Garten hilft. „Außerdem spricht er viel, das hält die Oma auch viel besser aus“, ergänzt seine Mutter und lacht.
Was natürlich auch sehr wichtig ist: Beide Omas haben viel Zeit und kümmern sich gerne um ihre Enkel. So war die Schwiegermutter, nun 79 Jahre alt, früher Krankenschwester und freut sich, wenn sie jemanden umsorgen kann.
„Man kann immer mit ihnen reden“, das schätzt die 13-jährige Enkelin Daria an ihren Großeltern. Sie fährt auch gern zu ihrer anderen Oma, um sich mit ihr zu unterhalten – unter anderem auch deshalb, weil sie diese dann ganz für sich hat. Sie könne mit der Großmutter auch über Dinge sprechen, die sie nicht mit den Eltern bereden möchte, erklärt sie.
Großeltern sind im Umgang mit den Kindern meist gelassener als die Eltern
„Die Beziehung zwischen Großeltern und Enkeln ist auf jeden Fall sehr wertvoll“, so Niki Pateraki von der Beratungsstelle für Familien und Jugendliche im Rems-Murr-Kreis. Diese enge Bindung zu anderen Bezugspersonen als den Eltern sei gut geeignet, um Kinder zu stabilisieren. Und, was für Pateraki besonders vorteilhaft ist – Trennungsangst könne reduziert werden, denn bei den Großeltern fühle man sich heimisch und traue sich eher zu, einmal eine Zeitspanne getrennt von den Eltern zu verbringen.
Häufig seien Großeltern auch gelassener, wie Paterakis Kollegin Susanne Grießhaber-Stepan weiß: „Man hat die eigene Elternschaft hinter sich und kann auch genießen, dass man nicht mehr in der Erziehungsverantwortung steht.“
Für die Eltern kann diese Unterstützung eine große Erleichterung sein. Allerdings kommt das auch sehr auf die Beziehung zwischen Eltern und Großeltern an.
So könne es beispielsweise problematisch werden, wenn Letztere zu präsent im Leben der Kinder seien und so womöglich die Eltern aus der Erziehung gedrängt würden. Oder wenn man sich grundsätzlich nicht einig sei beim Erziehungsstil. Wenn etwa bei den Großeltern wesentlich mehr erlaubt sei als bei den Eltern, seien so Konflikte mit allen Beteiligten vorprogrammiert. Damit diese Beziehungen funktionieren können, müssen die Rollen und Aufgaben von Großeltern und Eltern klar definiert sein und auch einen gewissen Gestaltungsspielraum lassen.
So, wie es auch bei Kathrin und Thorsten Schmidt läuft. „Wir leisten uns den Luxus, uns ausgiebig Zeit für die Kinder zu nehmen“, sagen sie. Sie gehen auf Wünsche und Bedürfnisse der Kinder ein, doch das bedeutet nicht, dass die Kleinen ihnen auf der Nase herumtanzen. Im Gegenteil. „Bei uns gibt es Regeln, die von den Enkeln eingehalten werden müssen“, da sind beide konsequent. Und das funktioniert.
Unterstützung weitergeben
Kathrin Schmidt und ihr Mann Thorsten sind junge Großeltern: noch keine 60 Jahre alt und noch mitten im Berufsleben. Trotzdem nehmen sie sich für ihre Enkel viel Zeit. Einerseits möchten sie etwas zurückgeben. Damals, als ihre eigenen Kinder klein waren, bekamen sie viel Unterstützung von den eigenen Eltern. Zudem konnte Thorsten Schmidt als Kind kaum Erfahrungen mit den eigenen Großeltern sammeln, denn sie lebten nicht in der Nähe. „Das will ich meinen Enkeln nicht antun“, sagt er. Die Enkelsöhne wohnen alle in der Nähe, es gibt daher zwei feste Tage in der Woche, die zumindest für zwei von den Jungen reserviert sind.
„Eigentlich gab es einen nahtlosen Übergang vom Stadium Eltern zum Stadium Großeltern“, erinnern sich Kathrin und Thorsten Schmidt und lachen. „Wir konnten kaum die Zweisamkeit genießen, als das letzte Kind ausgezogen war.“ Doch das stört sie nicht im Mindesten und sie sehen sogar einen Vorteil darin: „Da können wir noch mithalten.“
Vermutlich liegt es auch daran, dass Kathrin Schmidt sich als Erzieherin schon ihr (Berufs-)Leben lang gerne mit Kindern beschäftigt hat. Und daher natürlich auch viele tolle Ideen hat, wie man den Nachmittag mit den Jungs verbringen kann. „Uns wird es nicht langweilig“, versichert sie. Und: „Das hält uns auf jeden Fall jung“, sagt Thorsten Schmidt und lacht.
Kontakt Bei Fragen bezüglich der Erziehung, aber auch Krisen und Konflikten kann man sich an die Beratungsstelle für Familien und Jugendliche in Backnang wenden. Leiterin Susanne Grießhaber-Stepan erreicht man unter Telefon 07191/8954039 oder per E-Mail an S.Grießhaber-Stepan@rems-murr-kreis.de. Mehr Infos erhält man online unter https://t1p.de/7ocxx.