Verreisen als Familie

Sommer, Sonne, Frust? – Tipps, wie der Urlaub mit Kindern gelingt

Ferien mit den Kindern können ganz schön anstrengend sein. Dabei gibt es Tricks, die den Urlaub als Familie erleichtern. Unsere Autoren sagen, was ihnen wirklich geholfen hat.

Die Kinder buddeln,  die Mutter ruht sich aus – so stellt man sich den Familienurlaub  vor. Oft geht es allerdings weniger entspannt zu.

© IMAGO/Zoonar II

Die Kinder buddeln, die Mutter ruht sich aus – so stellt man sich den Familienurlaub vor. Oft geht es allerdings weniger entspannt zu.

Von Lisa Welzhofer

Reisen als Erholung? Davon können sich viele Eltern erst einmal verabschieden. Ferien mit den Kindern können zum Bootcamp werden. Dabei gibt es ein paar Tricks, die den Urlaub mit dem Nachwuchs erleichtern. Unsere Autoren und Autorinnen sagen, was ihnen wirklich geholfen hat.

Mit Glaubenssätzen brechen in der Juhe

Ich gestehe: Bevor ich Kinder hatte, war ich eine bornierte, von Vorurteilen zerfressene Urlauberin. Campingplatz, Jugendherberge, ein Zelt gar – alles Unterkunftsformen für Müslis (Zelt, Juhe) oder Spießer (Campingplatz). Ich stieg selbstverständlich in Hotels (Städteurlaub) oder malerisch abgelegenen Ferienhäusern (Landpartie) ab, immer das zum Klischee erstarrte Bild der kultivierten Kulturreisenden im Gepäck. Dann wurde ich Mutter.

Mit den Kindern habe ich viel über mich gelernt. Zum Beispiel, dass ich gleichzeitig eine blutende Wunde verarzten, beim Armbandknüpfen helfen und Milchreis kochen kann. Oder dass meine Wutschwelle viel geringer ist als angenommen. Aber eben auch: Die Jugendherberge kann ein Ort großen Urlaubsglücks sein. Vielleicht nicht 14 Tage lang, aber ein langes Wochenende oder ein paar Nächte auf der Rückfahrt von der Ostsee auf jeden Fall.

Keine müffelnden Schlafsäle mehr in der Jugendherberge

Mit müffelnden Schlafsälen voll schnarchender Rucksäckler und Graubrot-Früchtetee-Elend haben diese Häuser nichts mehr zu tun. Als Familie residiert man im kernsanierten Vierer-Zimmer mit Bad, zentral in einer Stadt gelegen oder idyllisch im Grünen, gern auch in alten Burgen, mit Spiel- und Sportplätzen ausgestattet, manchmal sogar mit Pool. Und vor allem vielen anderen Kindern zum Tischtennis-Fußball-Versteckespielen. Das Essen ist auch okay. Meine Lieblings-Juhe ist übrigens Burg Wernfels in Franken. Da würde ich jederzeit wieder meine Zelte aufschlagen.

Lisa Welzhofer hat einen Sohn (11) und eine Tochter (8) und ist Reporterin im Familienteam.

Verreisen mit anderen Familien

In meiner Familie gibt es nur einen Sozialmuffel, und der bin ich selbst. Urlaub, das bedeutet für mich: lesen, laufen, schauen, träumen. Wer kleine Kinder hat, kann darüber nur lachen. Wie gehen der Trubel und mein Bedürfnis nach Rückzug zusammen? Unsere Antwort: mit anderen Familien verreisen. So sind immer genügend gesellige Menschen beisammen, die einander unterhalten, und jeder kann sich mal rausziehen. Mit der Möglichkeit zum Rückzug merken Leute wie ich ja erst, wie schön es ist, dann wieder mit den anderen zu kochen, zu spielen, zu plaudern.

Kinder studieren Wassershows ein

Um die Kinder bei Laune zu halten, muss kein Beschäftigungsprogramm aufgefahren werden, sie kommen zusammen auf die kreativsten Ideen. In Südfrankreich haben wir ganztägig erprobte, mit olympischer Musik unterlegte Wassershows gesehen.

Wir applaudierten zottligen Handpuppen mit aufgeklebten Glupschaugen, die endlich aus ihrem eintönigen Leben als Backofenhandschuhe befreit worden waren (Eintritt: 50 Cent). Und wir kamen zu Statistenrollen in einem Kriminalfilm: Am Rand des Pools konnte ich meinen Mann, den Lösegelderpresser, verhaften. Ich musste dafür noch nicht einmal eine Hose anziehen, denn in Südfrankreich schwitzen sogar die Polizistinnen, das weiß doch jeder. Die Szene war dank der akribischen Vorbereitung der neunjährigen Kinderregisseure in einem Take im Kasten. Danach konnte ich entspannt weiterlesen.

Eva-Maria Manz ist Reporterin im Team Psychologie und Partnerschaft und hat einen neunjährigen Sohn.

Zwei Joker pro Woche für den Nachwuchs

Mein Mann und ich haben jahrelang versucht, unsere Kinder für das Wandern zu begeistern. In diesem März, als wir wieder einmal in den Alpen unterwegs waren, haben wir dann endgültig eingesehen, dass das zumindest bei unserer jüngeren Tochter wohl nichts mehr wird. Eine sechsstündige Rucksack-Tour durch die Berge – im Sommer oft auch noch bei hohen Temperaturen – ist offensichtlich nicht für jede und jeden der Inbegriff von Erholung. „Es sind doch auch meine Ferien. Und da will ich auch mal machen, was mir Spaß macht“, argumentiert der Nachwuchs. Und irgendwie hat er damit auch recht.

Sowieso sind Konflikte absehbar, wenn die ganze Familie im Urlaub plötzlich 14 Tage lang von morgens bis abends immer im Gleichschritt unterwegs ist. Das ist wie an Weihnachten, wo sich die Eltern verzweifelt um den Familienfrieden bemühen, weil es so eine besondere Zeit ist, und es dann doch irgendwann knallt.Darum haben mein Mann und ich zuletzt was Neues ausprobiert: eine Wild-Card für die Töchter. Pro Woche gibt es für jede zwei Joker. Mit diesen dürfen sie sich für jeweils einen Tag aus dem Familienleben ausklinken und ihr eigenes Ding machen. Zugegeben, das geht erst ab einem bestimmten Alter und vielleicht auch nur, wenn sich die Kinder am Urlaubsziel ein wenig auskennen. Aber es muss ja auch Vorteile haben, dass wir so oft ins Allgäu fahren.

Alexandra Kratz ist Reporterin im Familienteam und hat zwei Töchter (11 und 15).

In der Bahn gibt es sogar Babysitter

Es gibt kaum entspannteres Reisen als Familie als mit der Bahn – zumindest, wenn Lok und Klimaanlage durchhalten und sich die Verspätung in Grenzen hält. Als unser Sohn noch klein war, hatten wir eine ganze Armada an Sammelfiguren vom „kleinen ICE“ und seinen Freunden. Bei jeder längeren Fahrt kam eine Figur hinzu, dank der Kinderfahrkarte vom Schaffner, die man im Bordbistro einlösen kann. Inzwischen ist der Junge schon lange aus dem Alter raus, dass man ihn mit Fahrzeugen aus Plastik glücklich machen kann, aber wir verreisen weiterhin am liebsten mit dem Zug. Da kann man lesen, Karten spielen, Hörspiele hören, die Landschaft an sich vorbei ziehen lassen. Und kommt viel ausgeruhter an, als wenn man sich auf den Verkehr konzentrieren muss.

Vergangenes Jahr ging es von Stuttgart über Paris und London nach Liverpool, in den letzten Pfingstferien an die französische Atlantikküste – mit dem TGV ist man rasend schnell in Bordeaux. Von dort bringt einen der Bus für einen Spottpreis ans Meer. Im Sommer nehmen wir den Zug nach Kiel und die Fähre nach Göteborg. Hat man kein Auto dabei, ist die Fährfahrt viel günstiger. Tipp für Eltern mit jüngeren Kindern: Sonntags fahren auf vielen ICE-Verbindungen kostenlose Kinderbetreuer mit, die die Kleinen für einen bespaßen. www.bahn.de/service/individuelle-reise/kinder/kinderbetreuer-an-bord

Viola Volland ist Reporterin im Familienteam und hat einen Sohn (14).

Immer dem Kindergeschrei nach

Der Sohn, damals vier Jahre alt, kommt mit einem Mädchen, grob sechs Jahre alt, im Schlepptau, zu unserer idyllischen Hütte auf dem Campingplatz. Kennengelernt haben sie sich auf dem Spielplatz nebenan. Nun haben sie aber viel mehr Lust auf malen, quatschen, irgendwelche Bäume gießen, sich gegenseitig die Welt und Federball erklären. Und das dauert und beide sind schwer beschäftigt. Als pflichtbewusster Erwachsener muss man das Mädchen natürlich fragen: „Wissen deine Eltern, wo du bist? Willst du denen nicht kurz sagen, dass du hier bist?“ Sie: „Nö, alles gut, die wissen, wo ich bin!“

Weit kann das Kind auf dem Campingplatz nicht sein

Und das sind schon viele der Vorteile dieser überschaubaren Campinganlage mit Dauercampern, ein paar „Van-Life“-Romantikern und bequemen Leuten, die in komfortablen Hütten nächtigen: Weit kann das Kind im Normalfall nicht sein. Wenn man es genauer wissen möchte, immer dem Geschrei hinterher – Spielplatz, Bolzplatz, da treffen sie sich alle. „Ich geh’ auf den Spielplatz, Tschüüühuß.“ Auch deshalb genießen Eltern hier viel Freizeit im Urlaub.

Und manchmal lernen nicht nur die Kinder, sondern auch ihre Eltern nette Leute mit ähnlichen Interessen kennen. Eine Frau steht vor dem Gartentor unserer Hütte, schaut auf das achtlos abgelegte Kinderfahrrad davor. Mit beiden Armen in die Hüften gestemmt fragt sie das Mädchen bei uns: „Haben wir nicht ausgemacht, dass Du um 18 Uhr wieder zurück sein sollst? Wir wollen jetzt essen!“ Wir entschuldigen uns für Unannehmlichkeiten, Sie sagt: „Alles gut! Die Kleine ist hier den ganzen Tag nur auf Achse!“ Dann grinst sie uns an und flüstert: „GPS-Tracker!“

Michael Setzer arbeitet im Team der Wochenendbeilage und hat einen sechsjährigen Sohn.

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Erstellt:
5. Juli 2025, 08:12 Uhr

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