Sondersitzung des Südwest-Kabinetts zur Corona-Lage

dpa/lsw Stuttgart. Dass Ministerpräsident Kretschmann sein Kabinett zu einer Sondersitzung zusammentrommelt, zeigt schon den Ernst der Lage. Überraschend muss sich die Landesregierung jetzt auch noch mit einer juristischen Frage zu den Corona-Regelungen befassen.

Winfried Kretschmann, der Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Foto: Marijan Murat/dpa

Winfried Kretschmann, der Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Foto: Marijan Murat/dpa

Wegen stark steigender Corona-Neuinfektionen in ganz Baden-Württemberg kommt das grün-schwarze Kabinett am Freitag in Stuttgart zu einer Sondersitzung zusammen. Anschließend ist eine Pressekonferenz mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Innenminister Thomas Strobl (CDU) geplant. Ein Thema wird eine Entscheidung des Karlsruher Verwaltungsgerichts vom Vorabend sein, das die Rechtmäßigkeit von Allgemeinverfügungen anzweifelt, mit denen Stadt- und Landkreise für Hotspots strengere Maßnahmen verhängen.

Die Zahl der bestätigten Corona-Infektionen war zuletzt innerhalb eines Tages um 4208 Fälle auf insgesamt 179 154 Ansteckungen seit Beginn der Pandemie gestiegen. Landesweit lag der Wert für Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen bei 168,8 und damit nochmals höher als an den Vortagen.

Die baden-württembergische Regierung hatte die Kommunen angewiesen, strengere Maßnahmen als in der landesweit gültigen Rechtsverordnung zu ergreifen, wenn an drei Tagen in Folge diese Sieben-Tages-Inzidenz bei 200 oder höher liegt. Solche Allgemeinverfügungen gelten beispielsweise in den Städten Mannheim und Pforzheim sowie in den Landkreisen Calw und Lörrach. Darin sind unter anderem nächtliche Ausgangsbeschränkungen, weitreichende Vorgaben zur Maskenpflicht sowie die Schließung etwa von Friseursalons geregelt.

Das Verwaltungsgericht Karlsruhe teilte nun nach einem Eilverfahren konkret zu Pforzheim mit, dass solche Allgemeinverfügungen womöglich das falsche Instrument für solche weitreichenden Regeln seien. Weil sich diese auf das gesamte Stadtgebiet und auf verschiedenste Verhaltensweisen im öffentlichen Raum erstreckten, „seien die Grenzen für den Erlass einer Allgemeinverfügung wohl überschritten“, hieß es (Az.: 2 K 5102/20). Eine Allgemeinverfügung müsse aber einen „hinreichend (...) abgegrenzten“ Sachverhalt regeln. Diese Begrenzung könne zum Beispiel räumlicher oder zeitlicher Art sein. Allgemeinere Regelungen müssten in Form von sogenannten Rechtsnormen ergehen.

Anders als bei der formellen Frage hat das Gericht laut Mitteilung keine Zweifel beim Thema Ausgangsbeschränkung. „Eine weitgehende Kontaktbeschränkung sei angesichts einer hohen Inzidenz von aktuell mehr als 300 Corona-Neuinfektionen je 100 000 Einwohnern in Pforzheim und einem diffusen Infektionsgeschehen erforderlich“, hieß es.

Das Landratsamt Enzkreis - zuständig auch für Pforzheim - kündigte dennoch an, anders als geplant erst einmal keine weiteren Verfügungen zu erlassen oder zu verschärfen, bis klar sei, dass diese vor Gericht Bestand haben. Daher wolle man die „sehr ausführliche Begründung“ bewerten und mit dem Sozialministerium sprechen. Dessen Sprecher sagte am Donnerstagabend, das Ministerium werde die Begründung des Gerichts ebenfalls am Freitag prüfen. Je nach Ergebnis müsste dann eine andere Lösung zum Anordnen strengerer Maßnahmen gefunden werden.

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Erstellt:
11. Dezember 2020, 03:22 Uhr

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