Sozialleistungen: Besonders viele Empfänger im Nordosten

dpa Berlin. Wo fehlen Wohnungen - und wo stehen sie leer? Wo brummt die Wirtschaft, wo schwächelt sie? Und welche Landkreise ziehen Menschen an, welche verlieren sie? Antworten auf diese Fragen und viele mehr liefert eine neue Datensammlung.

Ein Junge nimmt sich beim Mittagstisch des Kinderschutzbundes in Schwerin Soße für die Kartoffeln. Foto: Jens Büttner

Ein Junge nimmt sich beim Mittagstisch des Kinderschutzbundes in Schwerin Soße für die Kartoffeln. Foto: Jens Büttner

Im äußersten Nordosten Deutschlands, in den Stadtstaaten und im Ruhrgebiet bekommen besonders viele Menschen Leistungen der sozialen Mindestsicherung. 11 Prozent der Menschen oder mehr erhielten dort 2017 Leistungen wie Hartz IV, Grundsicherung im Alter oder Unterstützung als Asylbewerber.

In Bayern und Baden-Württemberg ist der Anteil der Männer und Frauen, die solche Leistungen erhalten, am niedrigsten.

Das geht aus dem „Deutschlandatlas“ hervor, den das Bundesinnenministerium an diesem Mittwoch in Berlin gemeinsam mit dem Bericht der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ vorstellen will. Die Ministerien für Landwirtschaft und Familie veröffentlichen die Datensammlung mit. Auszüge daraus liegen der Deutschen Presse-Agentur vor.

In Deutschland gibt es demnach 7,59 Millionen Empfänger sozialer Mindestsicherung, das entspricht 9,2 Prozent der Bevölkerung. Mehr als die Hälfte davon bekommt Hartz IV.

Der „Deutschlandatlas“ ist parallel zum Bericht der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ entstanden, den Innenminister Horst Seehofer (CSU) an diesem Mittwoch vorstellen will - zumindest für die Regierungsseite. Ein gemeinsames Papier mit den übrigen Beteiligten aus Ländern und Kommunen kam bislang nicht zustande.

Der Atlas soll anhand von 54 Indikatoren ein Bild davon liefern, wie es in Sachen Infrastruktur, Wohnen, Arbeitsleben oder Sicherheit in der Bundesrepublik aussieht. Viele Daten wurden dabei auf Kreisebene erhoben. „Der Atlas ist im Grunde das Röntgenbild Deutschlands, die innere Vermessung unseres Landes“, sagt Michael Frehse, der den Bereich Heimat im Innenministerium leitet.

Große regionale Unterschiede zeigen sich auch beim Bruttoinlandsprodukt pro Erwerbstätigem. Es misst den Wert der erwirtschafteten Waren und Dienstleistungen und ist ein Maß für die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit. Auch hier lagen Bayern und Baden-Württemberg 2016 vorn, die ostdeutschen Länder waren im Vergleich zum großen Rest des Landes deutlich abgeschlagen.

Auch auf dem Wohnungsmarkt zeigt sich eine Teilung. Auffällig viele leerstehende Wohnungen gab es 2017 in Sachsen, Sachsen-Anhalt und weiten Teilen Thüringens. Dort und im östlichen Mecklenburg-Vorpommern lag ihr Anteil bei 10 Prozent oder mehr. Besonders knapp sind Wohnungen in den Großstädten - hier stehen unter 2 Prozent des Bestands leer.

Ein zunächst verblüffendes Bild ergibt sich bei der Binnenwanderung, bei der Zu- und Wegzüge in Städte und Landkreise miteinander verrechnet werden. Viele zog es 2017 in den Umkreis großer Städte - aber auch an die Ostseeküste. Auch strukturschwache Gegenden im nördlichen Mecklenburg-Vorpommern verbuchten starken Zuzug. Denkbar wäre, dass manche im Ruhestand an die Ostsee umziehen. Allerdings werteten die Experten die Altersstruktur der Zuzügler nicht aus.

Loitz im Landkreis Vorpommern-Greifswald: Im östlichen Mecklenburg-Vorpommern gibt es einen Wohungsleerstand von zehn Prozent und mehr. Foto: Stefan Sauer/Archiv

Loitz im Landkreis Vorpommern-Greifswald: Im östlichen Mecklenburg-Vorpommern gibt es einen Wohungsleerstand von zehn Prozent und mehr. Foto: Stefan Sauer/Archiv

Die Küsten- und Tourismusregionen in Mecklenburg-Vorpommern wie hier Binz auf Rügen verzeichnen allerdings sogar einen Zuzug. Foto: Stefan Sauer/Archiv

Die Küsten- und Tourismusregionen in Mecklenburg-Vorpommern wie hier Binz auf Rügen verzeichnen allerdings sogar einen Zuzug. Foto: Stefan Sauer/Archiv

Bettlaken für den Verkauf auf einem Wochenmarkt in Duisburg-Bruckhausen. Foto: Ina Fassbender

Bettlaken für den Verkauf auf einem Wochenmarkt in Duisburg-Bruckhausen. Foto: Ina Fassbender

Leerstehendes Haus in Duisburg: Hunderttausende haben in den vergangenen Jahrzehnten den sterbenden Industriestandort Ruhrgebiet verlassen. Foto: Ina Fassbender

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Schrottimmobilie in Duisburg: Die Städte im Ruhrgebiet gehören inzwischen zu den ärmsten in Deutschland. Foto: Maja Hitij

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Mitarbeiter der Bremerhavener Tafel bereiten Obst und Gemüse vor. In keiner Stadt bundesweit leben so viele überschuldete Menschen wie in Bremerhaven. Foto: Carmen Jaspersen

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Badegäste am Starnberger See: Im bundesweit wohlhabendsten Landkreis Starnberg war das durchschnittlich verfügbare Pro-Kopf-Einkommen der Privathaushalte zuletzt mehr als doppelt so hoch wie in Gelsenkirchen. Foto: Lino Mirgeler

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Erstellt:
9. Juli 2019, 12:25 Uhr

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