Spannungen im Aspacher Rathaus

Einige Bürger, ehemalige Beschäftigte wie auch aktuelle Mitarbeiter prangern die Zustände in der Aspacher Verwaltung an. Die Kritik richtet sich vor allem gegen die Bürgermeisterin.

Quo vadis, Aspach? Das fragen sich inzwischen auch einige Bürgerinnen und Bürger. Archivfotos: Alexander Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Quo vadis, Aspach? Das fragen sich inzwischen auch einige Bürgerinnen und Bürger. Archivfotos: Alexander Becher

Von Lorena Greppo

Aspach. Im Aspacher Rathaus läuft manches nicht rund. Gelinde gesagt. „Das Arbeitsklima im Bezug auf die Führungsspitze ist sehr schlecht“, sagt ein Mitarbeiter. Und damit ist er nicht der Einzige. Unsere Zeitung hat mit neun Personen gesprochen – (ehemalige) Beschäftigte genauso wie Vertreter des Gemeinderats. Sie alle möchten anonym bleiben, doch ohne Ausnahme bestätigen sie diesen Eindruck. Und dieser Umstand sei inzwischen auch vielen Bürgerinnen und Bürgern aufgefallen – nicht zuletzt, weil es in den vergangenen vier Jahren unüblich viele Personalwechsel gegeben hat. In einem anonymen Brief hat sich eine Gruppe Bürger mit ihren Sorgen auch an unsere Redaktion gewandt. Über „unterschiedliche Verbindungen ins Rathaus und die Verwaltung sowie den Gemeinderat“ hätten sie ein von Frustration und Resignation geprägtes Arbeitsklima geschildert bekommen. Vorwürfe waren etwa: Im Rathaus gehe nichts voran, Mitarbeiter würden gemobbt und viele bemängelten fehlenden Rückhalt. Der Großteil der Kritik richtet sich gegen Bürgermeisterin Sabine Welte-Hauff. Eine Quelle sagt dazu: „Es gibt im Rathaus viele Probleme und die hängen oft mit ihrer Person zusammen.“ Dabei handelt es sich nicht um Kritik an ihrer fachlichen Qualifikation. Eine andere Quelle bezeichnete Welte-Hauff gar als „fachlich brillant“. Doch auf der zwischenmenschlichen Ebene zeige sie starke Defizite.

Mehr als 20 Personen sind in den vergangenen vier Jahren gegangen

Der Gemeinderat weiß erst seit einigen Monaten um die Unzufriedenheit im Rathaus. Aufgefallen war lediglich, dass es viele Wechsel gab – bei etwa 35 Stellen im Rathaus sollen nach Informationen unserer Zeitung in den vergangenen vier Jahren mehr als 20 Personen gegangen sein. Darunter finden sich auch viele Personen in leitender Stellung. Sowohl die Bauamtsleitung – zweimal sogar –, die Hauptamtsleitung als auch die Leitung der Kämmerei waren in dieser Zeit schon vakant. Darüber hinaus haben diverse Sachgebietsleiterinnen und -leiter (etwa im Finanzwesen, Bauamt und Ordnungsamt) gekündigt. In ihrer Amtszeit hat die Bürgermeisterin nun auch schon die vierte persönliche Vorzimmerkraft.

Erst als sich ein Mitarbeiter ein Herz gefasst und Gemeinderatsmitglieder auf die Zustände im Rathaus angesprochen hat, ist man im Gremium aktiv geworden. Eine kleine Gruppe an Gemeinderäten hat sich daraufhin mit Mitarbeitern der Verwaltung getroffen und sich deren Beschwerden angehört. Auch die Ergebnisse einer internen Mitarbeiterbefragung aus 2020 seien dem Gremium hiernach erst auf Nachfrage im vergangenen Jahr vorgelegt worden. Die Ergebnisse zeigten vielerlei Mängel und eine recht hohe Unzufriedenheit auf.

Ein im Gespräch mit unserer Zeitung häufig genannter Grund für das schlechte Arbeitsklima war das Misstrauen der Bürgermeisterin ihren Beschäftigten gegenüber. Alles müsse über ihren Schreibtisch gehen, oftmals würde sie dann Entscheidungen kippen. Dies verzögere Abläufe auch unnötig. „Sie hat sich oft im Klein-Klein verloren“, lautet die Einschätzung einer Quelle. „Alles, was Entscheidungsfreudigkeit braucht, wird künstlich verzögert“, sagt eine andere. Auch sträubte sich die Rathauschefin in der Coronapandemie gegen das Arbeiten im Homeoffice. Stattdessen, so die Schilderung, wurden mit Stellwänden im Flur provisorische Büros eingerichtet.

Arbeitsbelastung ist laut Welte-Hauff ein Grund für schlechte Stimmung

Dass nur vereinzelt Mitarbeiter ins Homeoffice konnten, bestätigt Sabine Welte-Hauff, allerdings lägen die Gründe nicht an ihrem Unwillen. „In Sachen Digitalisierung haben wir einen Rückstand“, erklärt sie. Die Serverkapazitäten reichten nicht aus, man habe nicht genügend Notebooks gehabt, zudem zwinge die mangelnde Digitalisierung manche Ämter dazu, im Haus zu arbeiten. „Steuerakten oder Unterlagen aus dem Bauamt – das ist bei uns alles nur auf Papier.“ Solche Akten könne sie ihren Mitarbeitern aber nicht mit nach Hause geben. Alles müsse rechtssicher sein, erst einmal müsse also eine Dienstanweisung erarbeitet werden. Dass so etwas zu Unmut führte, sei ihr klar, so die Bürgermeisterin. Auch die große Arbeitsbelastung während der Coronapandemie und durch weitere Krisen sieht sie als Grund für schlechte Stimmung im Rathaus.

Eine zweite, extern erarbeitete Mitarbeiterbefragung aus dem vergangenen Jahr habe in der Auswertung Handlungsansätze ergeben, die nun auch verfolgt würden. Das sei zum einen die Verbesserung der internen Kommunikation der Verwaltung. Hierfür werden ein Intranet, ein entsprechender E-Mail-Verteiler sowie eine regelmäßige Broschüre eingerichtet. Zweiter Ansatzpunkt ist die extreme Arbeitsbelastung in Verbindung mit Zeitdruck. Hierzu, so die Bürgermeisterin, sei schon 2019 eine Organisationsuntersuchung begonnen worden. Ja, es gebe Personen mit Überstunden im vierstelligen Bereich. „Wir hinken hinterher und wir brauchen Lösungen“, räumt die Rathauschefin ein. In einem betroffenen Bereich seien schon neue Stellen geschaffen worden. „Das hat aber noch nicht zu einem markanten Überstundenabbau geführt.“ Hier müsse nachjustiert werden, weiß sie, man sei daran, dies zu tun.

Bürgermeisterin Sabine Welte-Hauff verweist auf ungünstige Umstände.

© Alexander Becher

Bürgermeisterin Sabine Welte-Hauff verweist auf ungünstige Umstände.

Doch wie steht es um die vielen Personalwechsel und die Gründe hiefür? Auch Welte-Hauff spricht von einer „personellen Großbaustelle“, die natürlich Auswirkungen bis hin zur Bürgerschaft habe. Für die ehemaligen Mitarbeiter habe es verschiedene Anlässe und Gründe gegeben, Aspach zu verlassen – nicht zuletzt auch, dass in einigen Fällen besser gestellte Posten gewunken haben. Verfehlungen habe es auch gegeben, erklärt die Bürgermeisterin, allerdings nicht von ihrer Seite. „Es sind Dinge passiert, die völlig kompetenzüberschreitend waren“, sagt sie. Rechtlich fragwürdige Vorfälle habe es gegeben. Auch seien Personen von anderen instrumentalisiert worden. Wenn manches so weitergegangen wäre, hätte dies weitreichende negative Folgen für die Gemeinde gehabt. „Ein Betrieb wäre dann insolvent gewesen“, vergleicht die Rathauschefin.

Das Landratsamt ist in vermittelnder Rolle tätig geworden

Sie selbst habe versucht, den mildesten Weg zu gehen, „was für mich oft die schwierigste Option war“. In manchen Fällen wäre es gar möglich gewesen, die betroffene Person von jetzt auf nachher freizustellen, was sie aber nicht habe tun wollen. Inhalte könne sie jedoch aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht kundtun – auch der restlichen Belegschaft nicht. „Das gibt Raum für Spekulationen und ich kann sie nicht ausräumen“, so Welte-Hauff. Für sie habe sich also die Frage gestellt: Wie gehe ich mit dieser Situation um, wenn ich nichts sagen darf, aber es eigentlich müsste, um die Lage zu erklären? „Ich habe dann vielleicht auch mit Unsicherheit reagiert“, räumt die Bürgermeisterin ein. Sie habe sich zurückgezogen, rechtlichen Rat gesucht und sich mit Vertrauten ausgetauscht. Auch das Landratsamt ist in vermittelnder Rolle tätig geworden. „Da war ich vielleicht für mein Gegenüber nicht einschätzbar.“

Die Schilderungen der ehemaligen und aktiven Verwaltungsmitarbeiter fallen da jedoch merklich drastischer aus. Welte-Hauff sei nachtragend; wer einmal bei ihr in Ungnade gefallen sei, komme nicht mehr heraus. Mit manchen Mitarbeitern im Rathaus habe sie wochenlang kein Wort gesprochen. Von Mobbing und Lästereien – auch vor Außenstehenden – ist die Rede. „Wenn sie Leute loswerden will, ist ihr kein Mittel zu schade. Missliebige Personen loszuwerden, scheint ihr eine Aufgabe zu sein“, sagt eine Quelle. Da würden Mitarbeiter aufs Strengste kontrolliert. „Ich hätte mich nicht einmal getraut, bei der Arbeit nach dem Wetter zu schauen“, sagt eine Person im Nachgang. Mitarbeitergespräche hätten an ein Inquisitionsgericht erinnert. Es seien nur Vorwürfe vorgebracht worden, keine Lösungswege.

Unterschiedliche Ansichten bezüglich der Perspektiven im Rathaus

Im Gespräch mit unserer Zeitung fallen Sätze wie: „Ich weiß nicht, wie viele Leute in meinem Büro geweint haben deswegen“, „sie hat mich mit großer Herablassung behandelt“ und „kleinste Verhaltensweisen wurden als Verfehlungen ausgelegt“. Auch berichten einige, die Rathauschefin sei ihnen in den Rücken gefallen. „Immer wenn es ein Problem gibt, will sie davon nichts gehört haben.“ Das betreffe auch Entscheidungen, die sie selbst forciert habe. Als Kündigungsgrund nennt eine Person: „Ich konnte mir nicht sicher sein, ob die Bürgermeisterin hinter mir steht.“ Auch im Gemeinderat hat man schon die aufbrausende Seite der Rathauschefin erlebt. Als Welte-Hauff vom geheimen Treffen einiger Ratsmitglieder mit Mitarbeitern erfahren habe, habe sie von einem „Putschversuch“ gesprochen und die Sache behandelt, als wäre ein Verbrechen begangen worden. „Richtig heftig und aggressiv“ sei sie aufgetreten. Vertretern des Gremiums gegenüber hätten einige Mitarbeiter bestätigt, dass sie wegen der Bürgermeisterin gekündigt haben.

Da stellt sich die Frage: Wie geht es nun weiter? Sabine Welte-Hauff sieht die Verwaltung auf einem guten Weg. Neue Personalentscheidungen an zentralen Stellen hätten dazu beigetragen. „Es ist noch nicht alles ausgestanden“, räumt sie ein. Auch gebe es „noch Personen, die in diesem Netzwerk drin sind“, sagt sie im Hinblick auf die ehemaligen Mitarbeiter. Die Vorfälle der Vergangenheit habe sie ernst genommen und arbeite bewusst daran, die Situation zu verbessern. Die Arbeitsatmosphäre sei gut, die Belegschaft zufrieden. Beispielsweise sei die Weihnachtsfeier gut besucht worden. Zudem hätten sie und die neue Hauptamtsleiterin Madelaine Fischer vermehrt auf Mitarbeitergespräche gesetzt, was gut angenommen werde.

Den (ehemaligen) Beschäftigten scheint es hingegen unwahrscheinlich, dass das Vertrauensverhältnis wiederhergestellt wird – ein Grund für die zahlreichen Kündigungen. Am Tag des Gesprächs unserer Zeitung mit der Bürgermeisterin habe es eine neue Kündigung gegeben, sagt eine Quelle und eine andere kündigt an: Es wird wohl auch nicht die letzte sein.

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Erstellt:
30. Januar 2023, 06:00 Uhr

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