Sparkassenpräsident warnt vor Minuszinsen auch für Sparer

dpa/lsw Stuttgart. Bislang wurden Sparer bei Sparkassen von sogenannten negativen Zinsen verschont. Doch der Präsident des hiesigen Sparkassenverbands sieht die am Donnerstag anstehende Zinsentscheidung der EZB mit Sorge.

Euro-Geldscheine. Foto: Daniel Karmann/Archiv

Euro-Geldscheine. Foto: Daniel Karmann/Archiv

Der Präsident des baden-württembergischen Sparkassenverbands, Peter Schneider, hat angesichts der anhaltenden Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) vor Minuszinsen auch für Privatkunden gewarnt. „Wir wollen es nicht, wir heißen Sparkassen“, sagte Schneider am Mittwoch bei einer Pressekonferenz und betonte: „Ich überlasse da gerne anderen den Vortritt.“ Sollte die EZB aber die Zinsen noch weiter senken und nicht gegensteuern, führe an breiter Front kein Weg daran vorbei, Geld für das Aufbewahren von Guthaben zu verlangen. Die Sparkassen befänden sich in einem Dilemma. Würden Konkurrenten den betriebswirtschaftlichen Druck erhöhen, müssten auch sie nachziehen.

An diesem Donnerstag trifft die Europäische Zentralbank ihre nächste Zinsentscheidung. EZB-Präsident Mario Draghi hatte angesichts düsterer Konjunkturaussichten jüngst eine weitere Lockerung der Geldpolitik angedeutet und weitere Zinssenkungen nicht ausgeschlossen.

Bislang müssen nur einzelne Unternehmen und institutionelle Anleger wie Kommunen Geld dafür zahlen, dass ihr Guthaben auf Konten der Sparkassen liegt. In Einzelverträgen seien solche Konditionen schon ausgehandelt worden, so Schneider. Sollten sich die Minuszinsen auch für Privatkunden durchsetzen, kämen sie an breiter Front und nicht nur für hohe Guthaben infrage, erwartet Schneider. „Ich denke nicht, dass man das irgendwie staffeln kann.“

Zuletzt haben die Sparer trotz niedrigster Zinsen immer mehr Geld auf Konten bei Sparkassen angelegt. Die Kundeneinlagen, also das Geld von Privatkunden und Firmen auf den Konten, waren im ersten Halbjahr 2019 gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 5,3 Prozent auf 143 Milliarden Euro gestiegen. Die von Privatkunden auf Konten der Sparkassen geparkte Summe stieg sogar um 5,9 Prozent auf 107,4 Milliarden Euro. „In früheren Jahren, als Banken und Sparkassen noch Zinsen auf Einlagen gezahlt haben, wurden solche Steigerungsraten nie erreicht“, sagte Schneider. „Jetzt kriegen wir Geld wie noch nie“, wunderte er sich.

Gleichzeitig gingen die Kreditzusagen an Firmen zurück. Es wurden nur noch Darlehen in Höhe von 6,7 Milliarden Euro bewilligt - ein Minus von fünf Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2018. Die Summe der ausgezahlten Kredite stieg auf 6,4 Milliarden Euro - ein Plus von fast sieben Prozent. „Darin spiegelt sich die Situation der Wirtschaft in Baden-Württemberg“, sagte Schneider. Auf der einen Seite die boomende Dienstleistungsbranche und Bauindustrie, auf der anderen Seite die Industrie mit einer rückläufigen Auftragsentwicklung.

Die Summe der Immobilienkredite wuchs indes weiter auf 68 Milliarden Euro (plus 6,3 Prozent). Dieses Wachstum sei aber von den hohen Immobilienpreisen getrieben. „Unterm Strich wirken sich für Kreditnehmer die günstigen Zinsen gar nicht wirklich positiv aus, da gleichzeitig die Baupreise deutlich steigen.“

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Erstellt:
24. Juli 2019, 13:51 Uhr

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