Staat am Limit
Ein überfordertes Justizwesen untergräbt das Vertrauen der Bürger
Überfüllte Haftanstalten und überlastete Gerichte, Sicherheitsbehörden am Limit, Ämter und Schulen in Personalnöten – an immer mehr Stellen scheint der Staat an seine Grenzen zu stoßen. Ein wesentlicher Grund ist der von der Politik über viele Jahre vorangetriebene Personalabbau unter der Devise „Schlanker Staat“. Mittlerweile sind die Strukturen so ausgedünnt, dass Mehrbelastungen sofort negativ zu Buche schlagen. Die Folgen der Zuwanderung werfen auf die Missstände ein besonders grelles Licht.
Dies gilt auch für die baden-württembergischen Gefängnisse, wo immer mehr ausländische Häftlinge und generell immer mehr Menschen mit hohem Betreuungsbedarf anlanden. Die Haftbedingungen verschlechtern sich zwar praktisch unsichtbar hinter hohen Mauern, sie müssen die Politik aber dennoch alarmieren. Was dort schiefläuft, dürfte später wieder das öffentliche Leben beeinträchtigen. Wenn die Landesregierung meint, es reiche, vor allem Polizei und Schulen besser auszustatten, weil diese Bereiche dem Bürger besonders wichtig seien, irrt sie.
In einem Land, in dem der Bürger gewohnt ist, dass der öffentliche Dienst reibungslos funktioniert, erzeugen immer neue Missstände ein großes Unbehagen. Einen schweren Vertrauensverlust verspüren erst recht die Bediensteten, die sich damit direkt konfrontiert sehen. Damit extrem denkende Gruppierungen diese Situation nicht für ihre Zwecke ausnutzen, muss gehandelt werden. Die Landesregierung kann zwar nicht allen Beschäftigtengruppen immer mehr versprechen. Dies würde die Gemeinschaft finanziell überfordern. Grün-Schwarz kann aber eine Politik betreiben, die sich weniger am Haushalts-Klein-Klein, sondern mehr nach den großen Herausforderungen dieser Gesellschaft bemisst.
matthias.schiermeyer@stzn.de