Stadt Backnang investiert in IT-Sicherheit

Die Computerexperten der Stadtverwaltung beziehen ihr neues Quartier in der Postgasse. Neben der Digitalisierung von Behörden und Schulen gehört der Schutz vor Cyberangriffen zu den wichtigsten Aufgaben des 20-köpfigen Teams.

Das Rathaus ist in Sichtweite: Sachgebietsleiter Ralf Schorer und die beiden Administratoren Mathias Strüvy und Christian Gehre (von links) kümmern sich in der Postgasse um die Computersysteme der Stadtverwaltung. Foto: Alexander Becher

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Das Rathaus ist in Sichtweite: Sachgebietsleiter Ralf Schorer und die beiden Administratoren Mathias Strüvy und Christian Gehre (von links) kümmern sich in der Postgasse um die Computersysteme der Stadtverwaltung. Foto: Alexander Becher

Von Kornelius Fritz

Backnang. Ein Foto aus dem Serverraum? Timo Mäule schüttelt energisch den Kopf: „Das kommt nicht infrage.“ In das Allerheiligste des neuen IT-Centers der Stadt Backnang lässt der Verwaltungsdezernent keine unbefugten Personen hinein, erst recht keinen Fotografen. Ein Bild in der Zeitung könnte von Hackern womöglich als Einladung verstanden werden, hier doch auch mal ihr Glück zu probieren.

Sicherheitsstandards sollen verbessert werden

Mäules Reaktion zeigt, wie sensibel die Kommunen mittlerweile beim Thema IT-Sicherheit geworden sind. Aus gutem Grund: Immer wieder wurden Städte und Gemeinden in letzter Zeit Opfer von Cyberangriffen. Zuletzt traf es vor einer Woche das Landratsamt in Ludwigsburg. Backnang ist bislang verschont geblieben, doch das ist kein Grund, um sich entspannt zurückzulehnen. „Wir sind uns der Bedrohung bewusst und arbeiten laufend daran, unsere Sicherheitsstandards zu verbessern“, erklärt Timo Mäule. Die Stadt orientiere sich dabei an den Empfehlungen des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik.

Um diese umzusetzen, braucht man aber qualifiziertes Personal. Das ist einer der Gründe, warum die Stadt ihre Abteilung Informations- und Kommunikationstechnik (IuK) in den vergangenen Jahren massiv ausgebaut hat. „Als ich 2015 hier angefangen habe, hatte die Abteilung sieben Mitarbeiter, heute sind es 20“, berichtet Timo Mäule. Die Fachleute werden auch gebraucht, um die Digitalisierung der Stadtverwaltung voranzubringen. So müssen zum Beispiel Bauanträge heute nicht mehr in dreifacher Ausfertigung auf Papier ausgedruckt werden, sondern können digital übermittelt werden. Und auch an den Schulen werden Hard- und Software immer wichtiger. Weil man die Betreuung der Infrastruktur nicht länger technikaffinen Lehrkräften überlassen wollte, kümmert sich auch darum inzwischen das IuK-Team der Stadt. „Wir verstehen uns als Dienstleister für die Schulen und unsere Mitarbeiter“, erklärt Sachgebietsleiter Ralf Schorer.

Lehrer lernen den Umgang mit digitalen Tafeln

Während andere Städte ihre IT von externen Firmen betreuen lassen, setzt man in Backnang lieber auf eigene Leute. „So haben wir das Fachwissen im Haus und können bei Problemen schneller reagieren“, erklärt Timo Mäule . Und obwohl IT-Experten fast überall gefragt sind, habe man bisher auch alle Stellen besetzen können. Die Vorzüge des öffentlichen Diensts mit einem sicheren Arbeitsplatz und festen Arbeitszeiten wiegen offenbar das höhere Gehalt in der freien Wirtschaft auf. Die Stadt bildet aber auch selbst Fachleute aus: Aktuell machen zwei junge Leute eine Ausbildung zum Fachinformatiker für Systemintegration.

Durch das Wachstum der vergangenen Jahre wurde es für das IuK-Team in den bisherigen Räumen am Ölberg langsam eng. Im März ist die Abteilung nun in das frisch renovierte Gebäude gleich gegenüber in der Postgasse 5 umgezogen. Die Stadt hatte das ehemalige Ärztehaus vor vier Jahren gekauft und für rund drei Millionen Euro saniert und umgebaut (siehe Infotext).

Schulungsraum für neues Personal

In Sichtweite zum historischen Rathaus ist dort neben den Computerexperten auch der Bereich Beschaffungswesen eingezogen. Im ersten Stock, in dem sich momentan noch eine Zahnarztpraxis befindet, soll mittelfristig die städtische Personalstelle untergebracht werden.

Ganz oben befindet sich ein großer Schulungsraum: Dort werden zum Beispiel neue Beschäftigte in das städtische EDV-System eingewiesen. Auch für Lehrer gibt es Schulungen, etwa für den Umgang mit den digitalen Tafeln. Außerdem finden in dem Raum mit der großen Fensterfront Ausschusssitzungen des Gemeinderats statt. Die technische Ausstattung für Präsentationen ist hier deutlich besser als im Sitzungssaal des historischen Rathauses.

Durch den Umzug wurden nicht nur die Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten verbessert, auch die Sicherheitsstandards wurden noch einmal erhöht. So verfügt die Stadt neben einem eigenen Glasfasernetz nun auch über eine autarke Stromversorgung. So kann die IT-Infrastruktur im Fall eines Stromausfalls mit einem Generator aufrechterhalten werden. Außerdem sind alle Daten jeweils auf zwei verschiedenen Servern an unterschiedlichen Standorten gespeichert. Würde also zum Beispiel in dem neuen IT-Center ein Feuer ausbrechen und die Technik zerstören, wären die Daten trotzdem nicht verloren.

Keine absolute Sicherheit möglich

Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen weiß Ralf Schorer allerdings auch, dass es keine absolute Sicherheit gibt. Denn internationale Hackerbanden finden immer wieder neue Methoden, um die Firewalls zu überwinden. „Das ist ein Hase-und-Igel-Spiel“, sagt Schorer, „wir können lediglich versuchen, die Wahrscheinlichkeit so gering wie möglich zu halten.“ Dazu gehört auch, die Beschäftigten immer wieder für mögliche Bedrohungen zu sensibilisieren, um etwa zu verhindern, dass durch leichtfertig geöffnete E-Mail-Anhänge Schadsoftware in das städtische Netzwerk gelangt.

Sollte es Hackern aber doch einmal gelingen, in die Computersysteme der Stadt einzudringen, sei man auch darauf vorbereitet, versichert Schorer: „Es gibt Notfallszenarien, wie wir wichtige Dienste schnell wieder zur Verfügung stellen können.“ Und es müsse auch niemand Sorge haben, dass persönliche Informationen in falsche Hände geraten. Personenbezogenen Daten, etwa aus dem Einwohnermeldewesen, seien nämlich gar nicht auf den Backnanger Servern gespeichert, sondern beim kommunalen Rechenzentrum in Stuttgart – und dort sind die Sicherheitsstandards noch höher.

Ehemaliges Ärztehaus wird zum IT-Center

Kosten Für den Erwerb und den Umbau des Gebäudes in der Postgasse 5 hat die Stadt insgesamt rund 4,7 Millionen Euro investiert. Aus der Städtebauförderung des Landes wird ein Zuschuss von rund einer Million Euro erwartet.

Energiekonzept Nach dem Ausbruch des Ukrainekriegs wurde das Energiekonzept für das Gebäude noch einmal überarbeit. Anstelle der ursprünglich geplanten Erdgas-Brennstoffzelle setzt die Stadt nun auf eine Kombination aus Fotovoltaik (PV) und einer Hochleistungsluftwärmepumpe. Auf dem Flachdach befindet sich eine PV-Anlage. Eine weitere ist als Terrassenüberdachung geplant. Die Wärmepumpe soll im Winter für Wärme und im Sommer für Kühlung sorgen. Wegen Lieferschwierigkeiten ist sie aber noch nicht im Einsatz.

Ausstattung Auch in anderen Bereichen erfüllt die technische Ausstattung moderne Standards. So sorgen etwa sensorgesteuerte LED-Leuchten für das richtige Licht. Statt Schlüsseln gibt es Transponder. So lässt sich immer nachvollziehen, wer wann welchen Raum betreten hat.

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Erstellt:
17. Mai 2023, 06:00 Uhr

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