Stadt bleibt auf Nebenkosten sitzen

Aufwand für Obdachlosen- und Asylunterkünfte wird vom Jobcenter nur zum Teil ersetzt

Von Kornelius Fritz

BACKNANG. Die Gemeinschaftsunterkünfte für Obdachlose und Asylbewerber verursachen der Stadt Backnang hohe Kosten, die nur zum Teil ersetzt werden. Das berichtete Gisela Blumer, Leiterin des Backnanger Rechts- und Ordnungsamtes, bei der jüngsten Sitzung des Verwaltungs- und Finanzausschusses, ohne allerdings konkrete Summen zu nennen.

Laut Blumer verlangt die Stadt für die Unterbringung in städtischen Obdachlosenunterkünften eine monatliche Benutzungsgebühr, die je nach Ausstattung zwischen 8 Euro und 10,90 Euro pro Quadratmeter liegt. Diese Gebühr, die in der Regel von den Jobcentern oder vom Landkreis, in Einzelfällen auch von den Bewohnern selbst bezahlt wird, sei aber bei Weitem nicht kostendeckend.

„Die Nebenkosten in solchen Unterkünften sind beträchtlich“, sagte Blumer. Das hänge damit zusammen, dass die Bewohner oft nicht sehr pfleglich mit den Unterkünften umgehen. Entsprechend hoch sind die Kosten für Reinigung und Reparaturen, auch Schädlingsbekämpfer sind in solchen Unterkünften regelmäßig im Einsatz. Hinzu kommen außergewöhnlich hohe Stromkosten. Gisela Blumer kennt die Gründe: „Es gibt Bewohner, die mit dem Backofen ihre Unterkunft heizen.“ Trotzdem sei es nicht möglich, die Nutzungsgebühren einfach zu erhöhen, diese seien nämlich an den Mietspiegel gekoppelt. Folglich bleibt die Stadt auf ihren Kosten größtenteils sitzen. In manchen Unterkünften liege der Kostendeckungsgrad bei unter 30 Prozent, erklärte die Amtsleiterin auf Nachfrage unserer Zeitung.

Bewohner fühlen sich
nicht verantwortlich

„Gemeinschaftsunterbringung ist eine teure Angelegenheit“, sagte Blumer. Hinzu kommt, dass etliche Bewohner, die die Gebühren selbst bezahlen müssten, ihren Verpflichtungen nicht nachkommen. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Heinz Franke regte im Ausschuss an, ein Anreizsystem zu schaffen, das den pfleglichen und sparsamen Umgang mit Ressourcen fördert. Auch Oberbürgermeister Frank Nopper zeigte Sympathie für diesen Vorschlag, Gisela Blumer hält ihn aber in der Praxis für nicht umsetzbar. Da sich in Gemeinschaftsunterkünften mehrere Bewohner den Wohnraum teilen, sei es gar nicht möglich, Verschmutzungen oder Beschädigungen einem bestimmten Verursacher nachzuweisen. Außerdem herrsche in den städtischen Quartieren eine hohe Fluktuation. Viele der Bewohner, die oft auch mit Suchtproblemen und psychischen Erkrankungen zu kämpfen hätten, fühlten sich für ihr Wohnumfeld nicht verantwortlich.

Blumer hält es daher für sinnvoller, diese Form der Unterbringung, die auch immer wieder zu Konflikten zwischen den Bewohnern führt, generell zu überdenken: „Unsere Zielrichtung geht weg von Gemeinschaftsunterkünften“, so Blumer. Deshalb werden die rund 40 Asylbewerber, die voraussichtlich zum Jahresende in die neue Unterkunft in der Fabrikstraße ziehen werden, in neun einzelnen Wohnungen untergebracht.

Ein Zuschussgeschäft wird die Unterbringung von Obdachlosen und Asylbewerbern für die Stadt aber in jedem Fall bleiben. Immerhin: Im Herbst wird ein neuer Mietspiegel veröffentlicht, auf dessen Basis die Gebühren ab 2019 neu kalkuliert werden. Dann hofft Gisela Blumer zumindest auf eine kleine Erhöhung.

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Erstellt:
9. Juli 2018, 06:00 Uhr

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