Stadt plant runden Tisch zur Taubenplage

Alle bisherigen Versuche, die Taubenpopulation in Backnang zu reduzieren, haben keinen nachhaltigen Erfolg gebracht. Gemeinsam mit Experten und Tierschützern will die Stadt nun neue Lösungsansätze prüfen.

Gewohntes Bild: Ein Taubenschwarm am Backnanger Rathaus. In dem historischen Gebäude befindet sich einer von drei städtischen Taubenschlägen. Die Eier der Vögel, die dort nisten, werden regelmäßig gegen Attrappen aus Gips ausgetauscht. Fotos: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Becher

Gewohntes Bild: Ein Taubenschwarm am Backnanger Rathaus. In dem historischen Gebäude befindet sich einer von drei städtischen Taubenschlägen. Die Eier der Vögel, die dort nisten, werden regelmäßig gegen Attrappen aus Gips ausgetauscht. Fotos: A. Becher

Von Kornelius Fritz

Backnang. Das Image der Taube ist nicht besonders gut: Sie belästigt Passanten, macht Dreck und gilt als Überträgerin von Krankheiten. Deshalb sind viele Städte bemüht, ihre Population zu begrenzen. Auch in Backnang gab und gibt es immer wieder Probleme mit den gefiederten Stadtbewohnern. Einer der Hotspots ist zum Beispiel der zentrale Omnibusbahnhof, wo die Vögel hoch oben unter dem Dach brüten und ihren Kot dann in den Wartebereich an den Haltestellen fallen lassen. Auch das Verwaltungsgebäude im Biegel ist Heimat einer größeren Taubenschar, die unter anderem die Fotovoltaikanlage auf dem Dach verschmutzt. Und in der Fußgängerzone sind Tauben vor allem dort zu finden, wo es was zu fressen gibt, also in der Nähe von Imbissen, Eisdielen oder Außengastronomie.

Mit Netzen und Stahlnägeln an den Kanten versucht die Stadt die ungebetenen Gäste zwar zu vertreiben, doch das gelingt nicht immer. „Tauben sind sehr intelligente Tiere“, weiß der städtische Baudezernent Stefan Setzer. Werden sie von einem Ort vertrieben, lassen sie sich eben am nächsten nieder. Außerdem finden sie fast jede Lücke in der Taubenabwehr. „Man muss permanent nachsteuern“, weiß Setzer.

In Taubenschlägen werden Eiergegen Attrappen aus Gips getauscht

Neben der Vergrämung setzt die Stadt seit einigen Jahren auch auf „Geburtenkontrolle“. Mit Futter werden die Vögel in die drei städtischen Taubenschläge am Rathaus, im Stiftshof und an der Schillerschule gelockt. Dort werden ihre Eier dann regelmäßig gegen Gipseier ausgetauscht, um eine unkontrollierte Vermehrung zu verhindern. Doch auch das funktioniert nur bedingt: „Die Taubenschläge werden relativ schlecht angenommen“, hat Stadtrat Volker Dyken (Backnanger Demokraten) festgestellt. Er vermutet, dass die Standorte für die Vögel zu unattraktiv sind und sie dort zu wenig zu fressen finden. Die Stadt sollte deshalb häufiger Futter in den Taubenschlägen auslegen, fordert Dyken. Der Stadtrat hat außerdem den Antrag gestellt, einen weiteren Taubenschlag am Verwaltungsgebäude im Biegel einzurichten.

Tauben seien bei der Suche ihres Nistplatzes allerdings ziemlich wählerisch, weiß Stefan Setzer: „Sie nehmen nicht den Standort, den wir ihnen vorschreiben.“ Und neben den öffentlichen gibt es in der Stadt natürlich auch noch zahlreiche private Gebäude, die dafür infrage kommen.

Um Ideen zu sammeln, wie man das Taubenproblem in Backnang besser in den Griff bekommen kann, lädt die Stadt Anfang Februar zu einem „runden Tisch“ ein. An diesem sollen Tierschützer und Experten Platz nehmen und über Konzepte diskutieren, die in anderen Städten bereits erfolgreich angewendet werden. Denkbar wäre zum Beispiel ein Taubenturm, wie ihn die Stadt Waiblingen vor zwei Jahren in Betrieb genommen hat. Dort finden Stadttauben einen attraktiven Nistplatz außerhalb der Innenstadt, wo sie niemanden stören. Ehrenamtliche füttern die Tiere und jubeln den brütenden Tauben Gipseier unter.

Die Erfahrungen seien durchaus positiv, erklärt Annemarie Werner, Vorsitzende des Tierschutzvereins Waiblingen und Umgebung. Allerdings dürfe man den Aufwand nicht unterschätzen. Denn der Taubenturm muss regelmäßig gereinigt werden, die Tiere brauchen Futter, Wasser und teilweise auch tierärztliche Versorgung. Das alles sei zeitaufwendig und kostenintensiv, weiß Werner. Und ein einziger Turm für alle Stadttauben wäre wohl auch zu wenig.

Ein weiterer Ansatz könnte sein, das Nahrungsangebot der Tauben in der Stadt zu reduzieren, etwa indem man dafür sorgt, dass Essensreste vom Boden oder von den Tischen der Gastronomiebetriebe schneller entfernt werden. Tauben zu füttern, ist in Backnang ohnehin schon verboten.

„Wir sind offen für neue Lösungsansätze“, sagt Stefan Setzer. Wobei er damit nur solche meint, die mit dem Tierschutz vereinbar sind. Tauben zu jagen oder zu vergiften, komme für die Stadt nicht infrage. Und auch eine natürliche Bekämpfung, etwa durch Falken, sei nicht die Lösung. „Wir haben in Backnang bereits ein Turmfalkenpaar auf der Stiftskirche“, erklärt Setzer. Doch die Raubvögel hätten ein großes Revier. Um weitere Falken anzusiedeln, sei die Backnanger Innenstadt zu klein.

Bis wirkungsvolle Maßnahmen gefunden sind, um die Taubenpopulation zu reduzieren, bleibt nur die Möglichkeit, die Hinterlassenschaften der Vögel möglichst oft mit dem Hochdruckreiniger zu entfernen. Am Busbahnhof, berichtet Hochbauamtsleiter Andreas Stier, habe man das Reinigungsintervall erst kürzlich erhöht.

Die Versuche, die Tauben am Busbahnhof mit Stahlspitzen an den Kanten zu vertreiben, waren bisher nur mäßig erfolgreich.

© Alexander Becher

Die Versuche, die Tauben am Busbahnhof mit Stahlspitzen an den Kanten zu vertreiben, waren bisher nur mäßig erfolgreich.

Begleiter des Menschen

Stadttauben sind Nachkommen entflogener Haustauben, welche über Jahrhunderte aus der wilden Felsentaube gezüchtet wurden. Ihr Leben ist eng an das des Menschen geknüpft, ihre Ernährung an das immer verfügbare Nahrungsangebot der größer werdenden Städte angepasst.

Perfekt angepasst Als Felsenbrüter nutzen Stadttauben mit Vorliebe hoch gelegene Balkone, Mauernischen und Simse zum Brüten. Die Fähigkeit der Tauben, sich perfekt an den menschlichen Lebensraum anzupassen und sich das ganze Jahr hindurch zu vermehren, hat zu einer explosionsartigen Vermehrung der Bestände in zahlreichen Städten geführt. Quelle: Deutscher Tierschutzbund

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Erstellt:
3. Dezember 2021, 06:00 Uhr

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