Stadtbrücke soll billiger werden
Backnanger Gemeinderat segnet Haushalt 2020 bei zwei Enthaltungen ab

Visualisierung: StadtLandBahn
Von Kornelius Fritz
BACKNANG. Gestern Abend traf sich der Backnanger Gemeinderat zu seiner Weihnachtsfeier, am Tag davor machten die Stadträte noch einen Haken unter den Haushalt 2020. Ohne Gegenstimme, bei zwei Enthaltungen von Steffen Degler (AfD) und Volker Dyken (Backnanger Demokraten), segnete das Gremium den Finanzplan ab – inklusive neuer Schulden in Höhe von 6,4 Millionen Euro. Der Gemeinderat folgt damit weitgehend dem von OB Frank Nopper eingebrachten Vorschlag. Nur bei der Höhe der Grund- und Gewerbesteuer hatte der Gemeinderat niedrigere Hebesätze durchgesetzt (wir berichteten). Dies führt laut Kämmerer Alexander Zipf zu Mindereinnahmen in Höhe von 250000 Euro. Die Deckungsreserve für unvorhergesehene Ausgaben schmilzt dadurch von 450000 Euro auf 200000 Euro.
Zuvor hatte das Gremium noch über verschiedene Anträge aus den Fraktionen diskutiert, die Auswirkungen auf den Haushalt gehabt hätten. So hatte etwa die Fraktion des Bürgerforums Backnang (BfB) beantragt, den Bau der neuen Stadtbrücke am Bahnhof zu verschieben. In ihrer Haushaltsrede hatte die Fraktionsvorsitzende Charlotte Klinghoffer das geplante Bauwerk als „unnötiges Prestigeprojekt“ bezeichnet. Baudezernent Stefan Setzer widersprach nun dieser Darstellung. Der neue Steg schaffe über Aufzüge nicht nur eine barrierefreie Verbindung zu allen Bahnsteigen, sondern auch zwischen der Innenstadt und der Maubacher Höhe. „Wir sind der Meinung, wir brauchen diese Barrierefreiheit“, so Setzer. Bislang können etwa Rollstuhlfahrer nur die Gleise 4 und 5 mit einem Aufzug erreichen und müssen dafür auch noch einen Umweg durch das Parkhaus nehmen. Zudem sind die vorhandenen Aufzüge laut Setzer störungsanfällig und zu klein.
Eine Verschiebung der Investition hält die Verwaltung nicht für sinnvoll. Zum einen, weil die Bauarbeiten mit der Bahn abgestimmt werden müssen und deshalb einen Vorlauf von mehr als zwei Jahre haben. Wenn man die bereits beantragten Gleissperrungen im Jahr 2021 nicht in Anspruch nehme, könne man frühestens wieder 2023 loslegen, erklärte der Baudezernent. Der Bau des Busbahnhofs und die übrigen Bausteine der geplanten „Mobilitätsdrehscheibe“ würden dadurch noch weiter nach hinten rücken, denn damit könne man erst anfangen, wenn die Stadtbrücke fertig ist.
OB Nopper empört sich
über das Bürgerforum
„Nachdem die Debatte über Jahre geführt wurde, halten wir es für nicht ratsam, den Bau noch weiter aufzuschieben“, erklärte auch OB Frank Nopper. Reden will er aber noch einmal über die Kosten. Die verglaste Holzfachwerkkonstruktion, die das Büro Stadt Land Bahn aus Boppard im Juni vorgestellt hatte, sollte ursprünglich 5,8 Millionen Euro kosten. Das erscheint auch der Verwaltungsspitze zu teuer. Anfang nächsten Jahres werde man eine kostengünstigere Variante präsentieren, versprach Nopper. Damit gab sich auch Charlotte Klinghoffer zufrieden und zog ihren Antrag zurück.
Verärgert reagierte Nopper auf einen anderen Antrag des Bürgerforums. Darin wirft die Fraktion der Verwaltung vor, die Karl-Euerle-Halle „durch mangelndes Objektmanagement unbrauchbar werden zu lassen“. Der verklebte Hallenboden sei eine Gesundheitsgefahr für die Schüler. Deshalb müsse die Halle für den Schulsport sofort geschlossen werden.
„Diese Vorwürfe sind bodenlos, haltlos und substanzlos“, echauffierte sich der OB. Amtsleiterin Regine Wüllenweber erklärte, auch wenn Abriss und Neubau bereits beschlossen seien, werde die Halle weiterhin regelmäßig gereinigt und gewartet: „Wir haben unser Engagement nicht heruntergefahren.“ Lediglich auf größere Investitionen verzichte man.
Gleich mehrere Fraktionen hatten in Anträgen neue Sport- und Freizeitmöglichkeiten in der Stadt gefordert. So wünschen sich etwa CDU und Bürgerforum eine Skateranlage, das BfB macht sich zudem für ein neues Beachvolleyballfeld in Maubach stark. Von Ortschaftsräten und aus der Bürgerschaft gebe es ähnliche Wünsche, erklärte OB Nopper. Die Verwaltung will das Thema deshalb systematisch angehen und einen „Sportentwicklungsplan für Kleinsportanlagen“ erarbeiten. So könne man den jeweiligen Bedarf ermitteln und dann festlegen, welche Projekte in welcher Reihenfolge umgesetzt werden.
Keine Haushaltsanträge gab es dieses Jahr von der Christlichem Initiative Backnang (CIB). Fraktionschef Lutz-Dietrich Schweizer hatte dies damit begründet, dass von den Anträgen des Vorjahrs noch kein einziger beantwortet worden sei. Die Verwaltung verwies indes auf immerhin drei behandelte CIB-Anträge in diesem Jahr. Dass es nicht mehr waren, hat laut Nopper auch damit zu tun, dass Schweizers Anträge „einen gewissen Wiederholungscharakter“ hätten.
oder Wohltäter
Von Kornelius Fritz
Es ist gerade mal eine Woche her, da setzte Charlotte Klinghoffer im Backnanger Gemeinderat zum verbalen Rundumschlag an. Von einem „desolaten Haushalt“ sprach die Sprecherin des Bürgerforums Backnang, von einer Verwaltung, „die schlicht keinen Plan hat, wie man mit dem Mangel umgeht“ und von einem Gemeinderat, der „nach der Pfeife der Verwaltung tanzt.“ Sieben Tage später stimmten Klinghoffer und ihre Fraktion jetzt erstaunlicherweise selbst für diesen Haushalt. Den Antrag auf „Rückstellung des millionenschweren Prestigeprojektes Stadtbrücke“ zog das Bürgerforum vorher noch rasch zurück.
Als Tiger gesprungen, als Bettvorleger gelandet, kann man dazu nur sagen. Glaubwürdige Politik geht anders. Aber es ist natürlich einfacher, markige Reden zu halten, als einem Rollstuhlfahrer zu erklären, dass er eben noch ein paar Jahre länger auf einen barrierefreien Zugang zu allen Bahngleisen warten soll.
Tatsächlich hat der Backnanger Gemeinderat beim Haushalt auch in diesem Jahr auf schmerzhafte Einschnitte verzichtet. Ausbau der Kinderbetreuung, Hochwasserschutz, Sanierung von Schulgebäuden, eine neue Sporthalle – das sind alles wichtige Projekte, für die es gute Argumente gibt. Wer sie alle umsetzen will, nimmt aber eine hohe Neuverschuldung bewusst in Kauf und muss auch dazu stehen. Gleichzeitig Sparfuchs und Wohltäter zu sein, ist unmöglich.
k.fritz@bkz.de