Stadtwerke Backnang senken Gaspreis erst 2024

Weil der Energieversorger die bis Dezember benötigte Menge schon vor einem Jahr gekauft hat, profitieren die Kunden nicht vom Preisrückgang.

Zunächst gibt es keine Erleichterung für die Gaskunden in Backnang. Archivfoto: Alexander Becher

© Alexander Becher

Zunächst gibt es keine Erleichterung für die Gaskunden in Backnang. Archivfoto: Alexander Becher

Von Kornelius Fritz

Backnang. Eine Glaskugel, mit der man in die Zukunft schauen kann, könnten nicht nur Lottospieler gut gebrauchen, auch Thomas Steffen hätte gerne eine. Denn dann wüsste der Geschäftsführer der Stadtwerke Backnang (SwBK) immer genau, wann der beste Zeitpunkt ist, um günstig Erdgas einzukaufen. Weil der kommunale Energieversorger jedoch ohne prophetische Hilfsmittel auskommen muss und die Börsenpreise im vergangenen Jahr infolge des Ukrainekriegs stark schwankten, wurde der Gaseinkauf zu einem Glücksspiel, bei dem die Stadtwerke nicht zu den Gewinnern gehörten.

Aus Sorge vor einem Gasmangel hatten sie nämlich entschieden, auf Nummer sicher zu gehen und schon die komplette Menge, die für das Jahr 2023 benötigt wird, einzukaufen. Seitdem sind die Beschaffungspreise allerdings wieder deutlich gesunken, von bis zu 30 Cent in der Spitze auf mittlerweile fünf Cent pro Kilowattstunde. Die Kunden in Backnang profitieren davon jedoch vorerst nicht. Anders als etwa die Stadtwerke Murrhardt, die ihre Preise bereits zum 1. Juli gesenkt hatten, werde es hier bis Jahresende keine Veränderungen geben, erklärt Steffen.

Deutliche Senkung ab 2024 erwartet

Im Grundversorgungstarif bezahlen SwBK-Kunden seit April 28,04 Cent pro Kilowattstunde. Bei Verträgen mit längerer Laufzeit sind es ein bis zwei Cent weniger. Dank der von der Bundesregierung beschlossenen Gaspreisbremse müssen Privatkunden allerdings für 80 Prozent ihres Verbrauchs nur zwölf Cent pro Kilowattstunde bezahlen, die Differenz übernimmt der Staat. Für 2024 kündigt Thomas Steffen eine „deutliche Senkung“ an. Wie hoch diese ausfallen wird, könne er allerdings noch nicht beziffern, weil die Gasbeschaffung noch nicht abgeschlossen sei.

Insgesamt blickt der Stadtwerkechef deutlich entspannter in die Zukunft als noch vor einem Jahr, obwohl das Ziel, den Gasverbrauch um 20 Prozent zu senken, verfehlt wurde. Laut Thomas Steffen lag der Rückgang beim Verbrauch nur bei etwa zehn Prozent. Trotzdem seien die Gasspeicher bereits zu 80 Prozent gefüllt. „Vor dem Winter werden sie voll sein“, prophezeite Steffen vergangene Woche im Backnanger Gemeinderat. Die weggefallenen Lieferungen aus Russland würden durch Importe aus Ländern wie Norwegen, Belgien und den Niederlanden ausgeglichen. Auch die neu gebauten Flüssiggasterminals erhöhten die Versorgungssicherheit. Mit einem Gasnotstand rechnet der Geschäftsführer im kommenden Winter deshalb nicht.

Gasnetz kann auch Wasserstoff transportieren

Allerdings ist auch ihm klar, dass die Zeit der fossilen Brennstoffe langsam zu Ende geht. Die Landesregierung plant einen Ausstieg aus der Erdgasverbrennung bis 2040, bereits in den kommenden Jahren rechnet Thomas Steffen deshalb mit einem massiven Rückgang der Nachfrage. Für die Stadtwerke bietet dies zugleich die Chance, sich beim Ausbau erneuerbarer Energien zu engagieren. „Wir würden uns gerne an Windenergieprojekten auf Backnanger Gemarkung beteiligen“, kündigte Thomas Steffen an, auch eine mögliche Nutzung von Geothermie werde geprüft.

Außerdem stellt sich die Frage, wie das bestehende Gasnetz künftig genutzt werden kann. Wasserstoff könnte eine Option sein, wenn es in ausreichender Menge zur Verfügung steht. „Unsere Leitungen könnten schon heute 100 Prozent Wasserstoff transportieren“, erklärte der Stadtwerkechef. Biogas wird nach seiner Einschätzung hingegen keine große Rolle spielen.

Deutlich steigen wird dafür der Strombedarf durch den erwarteten Wärmepumpenboom. Auch das stellt die Stadtwerke, die zu Jahresbeginn das Backnanger Stromnetz von der Syna übernommen haben, vor Herausforderungen, wie Thomas Steffen im Gemeinderat berichtete: „Wir müssen unsere Netzstationen massiv ausbauen.“

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Erstellt:
5. Juli 2023, 06:00 Uhr

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