Stall ausmisten statt am Strand liegen

Die 14-jährige Marlene Gummersbach verbringt ihre Ferien auf dem Bauernhof der Familie Gruber in Sulzbach

Das Leben auf dem Bauernhof bedeutet für Marlene Gummersbach viel Arbeit, ist aber auch mit vielen schönen Momenten verbunden. Foto: U. Gruber

Das Leben auf dem Bauernhof bedeutet für Marlene Gummersbach viel Arbeit, ist aber auch mit vielen schönen Momenten verbunden. Foto: U. Gruber

SULZBACH AN DER MURR (pm). „Landleben-live“ heißt ein Programm des Evangelischen Bauernwerks Württemberg, das der Heidelbergerin Marlene Gummersbach einen Einblick in die Landwirtschaft verschaffte. Einen tieferen Einblick, als sie erwartet hatte. Für drei Wochen während der Sommerferien lebte und arbeitete die 14-jährige Gymnasiastin auf dem Milchviehbetrieb von Frank und Ute Gruber in Sulzbach an der Murr. Ihre Erfahrungen hat sie für unsere Zeitung aufgeschrieben:

Die Schwaben lerne ich als herzliche und aufgeschlossene Menschen kennen. Mit Magdalena, der Jungchefin und Tochter des Hauses, verstehe ich mich von Beginn an super. Sie nimmt mich überallhin mit – ob auf dem Frontlader oder um 23 Uhr in die Eisdiele. Aber der Dialekt ist echt eigen: „Holscht du mal ’n paar Stickel?“ „Wie Stickel?“ „Na, ähm, Holz, äh...Zaun, Stock...“ „Du meinst Zaunpfähle?“ Auch das Wort „pressieren“ hatte ich noch nie gehört – Google hilft immer gerne. Auf den Tagesablauf muss ich mich erst einstellen. Kurz vor sieben raus aus den Federn und erst mal einen Joghurt gelöffelt. Dann in den Stall, zweieinhalb Stunden morgens und abends melken. Frühstück gegen halb zehn und weiter geht’s mit der Arbeit. Das Mittagessen wurde zum Nachmittagsessen – Mutter Ute versorgt die Familie mit leckerem, gesundem Essen. Oft ist die Arbeit erst am späten Abend getan.

Mit der Zeit lerne ich, den freien Sonntag zu schätzen – vor allem das Ausschlafen nach einer anstrengenden Woche ist notwendig und tut wirklich gut. An einem Sonntag darf ich einen anderen Hof kennenlernen. Frank nimmt mich auf dem Motorrad mit – für mich eine Premiere. Die Tätigkeiten auf dem Hof sind sehr vielseitig: Frisches Gemüse aus dem Bauerngarten ernten, Kälbchen versorgen, Futter mischen, Honig schleudern, junge Weißtannen von Brombeeren befreien, Nägel aus Balken ziehen...

Toll ist das Mähen mit dem „Mähauto“ (Aufsitzmäher) oder das Fahren mit dem Hoflader, mit dem unter anderem Futter zu den Kühen geschoben wird. Einmal geht’s zum Schwaden – so nennt man das Zusammenrechen des frisch gemähten Grases. Ich muss ganz ehrlich sagen, das rüttelt einen ganz schön durch. Manchmal ists auch traurig. Eine Kuh und ein Kalb erkranken schwer, leiden und müssen erlöst werden. Wenn man das nicht gewohnt ist, geht es einem wirklich nahe.

Darauf, und dass man richtig mit anpackt, sollte man gefasst sein, wenn man bei einem Programm wie Landleben-live mitmacht. Ansonsten kann ich es jedem nur dringend ans Herz legen. Ich habe so viel gelernt, erlebt, gearbeitet, Neues ausprobiert, genossen. Das Schicksal meint es gut mit mir, denn eine Stunde vor Abreise darf ich noch die Geburt und die ersten Schritte eines Bullenkälbchens miterleben. Das ist ein großartiger Abschluss und ein Ausblick in die Zukunft, denn für mich wird es bestimmt nicht bei diesem einen Mal bleiben.

Info
Landleben-live

Ob als Aktivferien oder zur Berufsorientierung – Landleben-live ist ein Angebot für Jugendliche ab 14 Jahren und Landwirtsfamilien. Das Evangelische Bauernwerk vermittelt jährlich zwischen 70 und 100 interessierte Jugendlichen auf Höfe. Teilnehmer ab 16 Jahren können auch in andere Bundesländer und in die Schweiz vermittelt werden.

Das Programm will Brücken zwischen Städtern und Landbewohnern schaffen und die Wertschätzung für die Landwirtschaft und landwirtschaftliche Erzeugnisse erhöhen. Manche Teilnehmer entdecken dabei sogar ihre Berufung für den späteren beruflichen Weg.

Interessierte Jugendliche und Landwirtsfamilien wenden sich an Veronika Grossenbacher vom Evangelischen Bauernwerk unter Telefon 07942/107-12 oder per E-Mail an v.grossenbacher@hohebuch.de. Weitere Informationen gibt es auch unter www.landleben-live.de.

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Erstellt:
6. September 2019, 06:00 Uhr

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