Standortwahl für Batteriefabrik: Länder beschweren sich

dpa Berlin. Batterien werden immer wichtiger, Deutschland will die Batteriezellenforschung stärken. Die Bundesregierung trifft eine Entscheidung über den Hauptstandort für ein neues Forschungszentrum - doch die Kritik darüber ebbt nicht ab. Ganz im Gegenteil.

Im Labor wird an einer Batteriezelle geforscht. Foto: Friso Gentsch/Archivbild

Im Labor wird an einer Batteriezelle geforscht. Foto: Friso Gentsch/Archivbild

Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU) gerät wegen der Standortwahl für die Batteriezellenforschung in Münster immer schwerer in die Kritik. Die Ministerpräsidenten von Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen beschwerten sich in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) über die Entscheidung Karliczeks. „Mit der Entscheidung für Münster, die wohl einen langwierigen Aufbau neuer Strukturen nach sich zieht, wird wertvolle Zeit im Wettlauf gegen Deutschlands Wettbewerber verloren“, heißt es in dem Schreiben an Merkel, das der Deutschen Presse-Agentur vorlag.

Deutschland könne es sich nicht erlauben, die an den Standorten Ulm, Augsburg und Salzgitter vorhandenen Potenziale in Zukunft ungenutzt zu lassen. Die Regierungschefs Markus Söder (CSU/Bayern), Winfried Kretschmann (Grüne/Baden-Württemberg) und Stephan Weil (SPD/Niedersachsen) fordern Merkel auf, die Standortentscheidung nochmals zu prüfen und die fachlichen Gründe der Entscheidung „transparent und nachvollziehbar“ darzulegen.

Die Bundesregierung will in der Batterietechnologie im internationalen Wettbewerb aufholen und kurbelt die Forschung mit 500 Millionen Euro an. Batterien werden künftig immer wichtiger. Leistungsfähige Speichertechnologien gelten als wichtiger Faktor für eine klimafreundlichere Entwicklung im Energie- und Verkehrsbereich.

Bis zuletzt war umstritten, welche Stadt den Zuschlag für die „Forschungsfertigung Batteriezelle“ bekommen soll. Hauptforschungstandort wird nun Münster, wie Karliczek am Freitag mitgeteilt hatte. Die nordrhein-westfälische Stadt setzte sich gegen den Mitbewerber Ulm durch. Ulm zählt aber zu den weiteren Standorten für einzelne Aspekte der Forschung. Auch Salzgitter, Karlsruhe und Augsburg sind dafür vorgesehen. Die Entscheidung für Münster war etwa in Sachsen und Bayern bereits auf Kritik gestoßen.

Karliczek hatte am Montag im ARD-Mittagsmagazin die Entscheidung verteidigt. „Das überzeugendste Konzept für Batterieforschungsproduktion und Recycling hat Münster vorgelegt“, sagte sie. Die Entscheidung habe nichts mit dem Standort in der Nähe ihres Wahlkreises zu tun. Karliczek kommt aus Ibbenbüren in der Nähe von Münster.

Söder, Kretschmann und Weil schreiben im Brief an Merkel, bei der Standortentscheidung seien nicht nur forschungs- und innovationspolitische Gesichtspunkte von Bedeutung gewesen. „Soweit bekannt haben in der Auswahlkommission weder die Vertreter der Industrie noch die Vertreter der Fraunhofer-Gesellschaft als Gutachter der Standortbewerbungen für Münster votiert. Vielmehr sah die Auswertung der Fraunhofer-Gesellschaft andere Standorte, wie zum Beispiel Ulm, Salzgitter und Augsburg, an der Spitze des Bewerberfeldes.“

Sowohl aus Bayern als auch aus Baden-Württemberg und Niedersachsen seien hinsichtlich wissenschaftlicher Kompetenz, unternehmerischer Kooperationen, finanzieller Unterstützung der Batterieforschung und Fachkräfte herausragende Standortbewerbungen vorgelegt worden.

Weiter heißt es in dem Schreiben: „Mit der Forschungsfertigung sollte die weltweite Technologieführerschaft von Deutschland im Bereich der Batterietechnik der nächsten Generation behauptet und damit auch die Zukunftsfähigkeit unserer Industrie gesichert werden. Es ist enttäuschend und für den Forschungsstandort Deutschland angesichts des weltweiten Wettbewerbs um die besten Köpfe ein fatales Signal, Standortentscheidungen von solcher Tragweite überwiegend nach strukturpolitischen Erwägungen zu treffen.“

Auch der SPD-Wirtschaftspolitiker Bernd Westphal nannte in einem Brief an Karliczek die Entscheidung, das Zentrum für Batterieforschung in Münster anzusiedeln, einen „groben Fehler“. Er sprach sich mit Blick auf den Kohleausstieg für eine Batteriezellenforschung in Kohleregionen aus. Gerade die Menschen in den ostdeutschen Braunkohlerevieren bedürften einer besonderen Aufmerksamkeit, schrieb der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion an die Ministerin des Koalitionspartners. Das Schreiben lag der Deutschen Presse-Agentur vor.

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Erstellt:
2. Juli 2019, 07:39 Uhr

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