Steinwürfe waren wohl ungezielt

Angeklagter im Brandstifterfall soll gerufen haben: „Jesus holt euch alle“

Steinwürfe waren wohl ungezielt

© David-Wolfgang Ebener

Von Hans-Christoph Werner

MURRHARDT/STUTTGART. Insgesamt 13 Zeugen sagen am zweiten Verhandlungstag im Verfahren gegen einen 53-jährigen Betriebswirt, dem Brandstiftung zur Last gelegt wird, zum Geschehen im August letzten Jahres aus. Bewohner des mehrstöckigen Hauses, in dem zwei therapeutische Wohngemeinschaften untergebracht sind, machen Angaben. Ferner kommen Feuerwehrmänner wie Polizisten zu Wort. Dem Richter geht es vor allem darum, ob es irgendwelche Anzeichen im Vorfeld für das merkwürdige Handeln des Angeklagten gab.

Ein Mitbewohner der Wohngemeinschaft sagt aus. Rechthaberisch sei der Angeklagte gewesen. Aber das ist auch schon alles, was er an Besonderheit wahrnahm. Andere Zeugen bestätigen das schon bekannte Tatgeschehen. Weitere Details werden bekannt. In Bewegung sei der Angeklagte bei seiner „Vorstellung“ auf dem Vordach gewesen, sei gestanden, habe sich hingesetzt, habe seinen Unterleib entblößt und betont den Allerwertesten gezeigt. Die Steinwürfe auf die unten Stehenden seien ungezielt gewesen. Und sich selbst nahm der Angeklagte nicht aus, ließ die Kieselsteine über seinen Kopf rieseln. Laut habe er „Jesus holt euch alle“ gerufen, dann aber auch Kinderlieder aufgesagt.

Eine Heilpädagogin, die die beiden Wohngruppen in dem Haus betreute, gibt an, dass die Stimmung des Angeklagten sehr schwankte. Als er vor zwei Jahren einzog, sei er gedrückter Stimmung gewesen. Das besserte sich. Aber dann war der Betriebswirt auch wieder im „Jammermodus“. 14 Tage vor der Tat habe er der Betreuerin noch voller Stolz einen über das Internet getätigten Einkauf gezeigt.

Der Betreuer des Angeklagten gibt an, dass sich die Stimmung seines Schützlings Wochen zuvor verdüsterte. Er beschwerte sich wegen der Unterhaltszahlungen an seine Töchter, wollte die Bundesrepublik und die Bundeskanzlerin verklagen. Per WhatsApp versandte er lange Monologe, was zuvor gar nicht seine Art war. Und viele, die mit ihm zu tun hatten, seien für ihn in dieser Phase nur „Idioten“ gewesen.

Aber es blitzt auch in der nüchtern und sachlich geführten Verhandlung ein Zeichen menschlicher Nähe auf. Eine 54-jährige Rentnerin, Mitglied der anderen Wohngemeinschaft, wird aus dem Zeugenstand entlassen. Sie erhebt sich und verabschiedet sich per Handschlag vom Angeklagten.

Vier Feuerwehrleute werden zu ihren Beobachtungen befragt. Aufgrund der Steinwürfe des Angeklagten habe man Abstand zum Haus gehalten oder sei unter dem Vordach in Deckung gegangen. Die Löscharbeiten wurden dadurch nicht beeinträchtigt und auch schnell erledigt. Ein Polizeihauptkommissar hat den Angeklagten zwei Tage nach der Tat in der Psychiatrie besucht und ihm die Festnahme erklärt. Wie umgewandelt muss da der Angeklagte wieder gewesen sein. Widerspruchslos fügte er sich in sein Schicksal.

Für das Verfahren ist noch ein weiterer Verhandlungstag anberaumt. An diesem soll auch das Urteil gesprochen werden.

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Erstellt:
14. Februar 2020, 06:00 Uhr

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