Steuern in Backnang bleiben stabil

Trotz eines drohenden Millionendefizits und vieler Unsicherheiten will die Stadt Bürger und Unternehmen nicht weiter belasten.

Steuern in Backnang bleiben stabil

© Pressefotografie Alexander Beche

Von Kornelius Fritz

Backnang. Fast alles wird zurzeit teurer, wenigstens die kommunalen Steuern sollen in Backnang aber unverändert bleiben. Das hat Finanzbürgermeister Siegfried Janocha in einer gemeinsamen Sitzung von Verwaltungsausschuss und Technischem Ausschuss angekündigt: „Eine Erhöhung wäre den Bürgern momentan nicht zuzumuten“, erklärte Janocha. Die Hebesätze für Gewerbe- und Grundsteuer waren zuletzt zum
1. Januar 2020 erhöht worden.

Dabei könnte die Stadt zusätzliche Einnahmen eigentlich gut gebrauchen, denn das kommende Jahr ist auch in finanzieller Hinsicht eine Herausforderung. Energiekrise und Inflation schlagen sich im städtischen Haushalt ebenso nieder wie die gestiegene Zahl von Geflüchteten, welche die Stadt auf ihre Kosten unterbringen und betreuen muss. „Einfach war’s diesmal nicht“, fasste Janocha die Haushaltsplanung zusammen. Es war übrigens seine letzte: Der Erste Bürgermeister verabschiedet sich Ende Februar in den Ruhestand.

So bleibt es ihm auch erspart, sich in den kommenden Jahren möglicherweise für explodierende Schulden rechtfertigen zu müssen. Um die vielen geplanten Großprojekte der kommenden Jahre zu finanzieren, sieht bereits der Haushaltsplan für 2023 eine Kreditaufnahme von 13,8 Millionen Euro vor, bis 2026 könnte die Verschuldung im Kernhaushalt von derzeit 2,7 Millionen sogar auf bis zu 60 Millionen Euro steigen.

Schulden könnten den finanziellen Spielraum der Stadt stark einschränken

„Mir persönlich als schwäbisch und hohenlohisch geprägtem Finanzbürgermeister missfällt dieser enorme Schuldenanstieg“, erklärte Janocha. Zumal die Zinsen zurzeit ebenfalls deutlich steigen. Das könnte die finanziellen Spielräume der Stadt in Zukunft stark einschränken.

Allerdings hegt Janocha die Hoffnung, dass es am Ende vielleicht doch nicht so schlimm kommen wird. So war es in der Vergangenheit in Backnang nämlich ziemlich oft. So auch in diesem Jahr, als die im Haushalt eingeplante Kreditaufnahme von 9,5 Millionen Euro am Ende gar nicht benötigt wurde. Ja, die Stadt konnte in den vergangenen Jahren sogar regelmäßig Überschüsse erwirtschaften, mit denen nun auch das fürs kommende Jahr prognostizierte Defizit von 4,9 Millionen Euro ausgeglichen werden soll.

Auch in den Jahren 2024 und 2025 rechnet Janocha unter Berücksichtigung der Abschreibungen mit einem negativen Ergebnis, ab 2026 soll die Stadt dann wieder schwarze Zahlen schreiben. Wobei solch langfristige Prognosen einem Blick in die Kristallkugel gleichen. „Die Gewerbesteuerentwicklung sowie die gesamtwirtschaftliche Entwicklung sind in Krisenzeiten schwer kalkulierbar“, betonte Janocha.

Zumindest für das kommende Jahr sieht es aber gar nicht so schlecht aus: Sowohl bei der Gewerbesteuer als auch beim Gemeindeanteil an der Einkommenssteuer rechnet die Stadt 2023 mit höheren Einnahmen als im vergangenen Jahr. Auch bei den Bußgeldern wird ein deutliches Plus erwartet. Grund ist ein neuer Bußgeldkatalog, der vor einem Jahr in Kraft getreten ist und höhere Strafen für Verkehrssünder vorsieht.

Fast 24 neue Vollzeitstellen wurden geschaffen

Allerdings steigen auch die Ausgaben, zum Beispiel für Personal. Fast 24 neue Stellen wurden geschaffen, unter anderem in der Kinderbetreuung, im Ausländeramt oder für die neue Klimamanagerin. Zusammen mit den zu erwartenden Tariferhöhungen ergeben sich dadurch Mehrkosten von 2,3 Millionen Euro pro Jahr.

Auch die steigenden Bau- und Energiepreise machen sich bemerkbar. Beim Strom rechnet Kämmerer Alexander Zipf im kommenden Jahr mit einer Verdreifachung der Ausgaben von rund 670000 Euro auf mehr als zwei Millionen. Wobei die vom Bund beschlossene Strompreisbremse in dieser Kalkulation noch nicht berücksichtigt ist. Beim Gas habe man das Glück, dass man bereits vor Ausbruch des Ukrainekriegs langfristige Verträge geschlossen habe. So steigen die Ausgaben hier im kommenden Jahr „nur“ um rund 350000 Euro. Wie es danach weitergeht, weiß allerdings noch niemand.

Möglicherweise muss das eine oder andere Projekt zurückgestellt werden

„Auf Sicht fahren“, lautet deshalb die Devise für die Backnanger Kommunalpolitik. Möglicherweise werde man auch das eine oder andere Projekt zurückstellen müssen, prophezeite Janocha. Wie Oberbürgermeister Maximilian Friedrich appellierte allerdings auch der Finanzbürgermeister an die Stadträtinnen und Stadträte, positiv in die Zukunft zu schauen und „die für diese Stadt wichtigen Projekte mit Tatkraft und Augenmaß umzusetzen.“ Ob diese Aufrufe auf offene Ohren stoßen, wird sich am
1. Dezember zeigen: Dann werden die Gemeinderatsfraktionen ihre Stellungnahmen zum Haushalt 2023 abgeben.

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Erstellt:
16. November 2022, 06:00 Uhr

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