Stilfragen zum Abschied

Lindsey Vonn und Aksel Lund Svindal pflegen einen unterschiedlichen Umgang mit ihren Karrieren, sich selbst und der Konkurrenz

Zwei großartige Skikarrieren werden an diesem Wochenende zu Ende gehen. Wie Lindsey Vonn und Aksel Lund Svindal mit ihrem Abschied umgehen, könnte unterschiedlicher nicht sein.

Are Lindsey Vonn nutzte die Gelegenheit noch einmal, die letzte als Skirennläuferin, um sich zur Schau zu stellen. Dabei war nicht immer alles lustig und schon gar nicht geschmackvoll, was die Amerikanerin in diesen Tagen in Are zeigte und von sich gab. Zugegeben, das Instagram-Video mit den Leckereien des US-Team-Kochs ließ einem tatsächlich das Wasser im Mund zusammenlaufen. Aber das Foto von ihrem Veilchen-Auge und den blauen Flecken der Mannschaftskollegin Laurenne Ross an einem intimen Körperteil war fast ebenso peinlich wie die schlüpfrigen Andeutungen, die sie neulich ihrem Freund, dem Eishockey-Spieler P. K. Subban, während einer Pressekonferenz in Are zukommen ließ.

Das Kontrastprogramm zur um Aufmerksamkeit heischenden Vonn ist in diesen Tagen Aksel Lund Svindal, der ebenfalls an diesem Wochenende das letzte Skirennen bestreitet. Beide sind Olympiasieger, Weltmeister, Gesamtweltcupsieger, sie prägten den Weltcup in den vergangenen zehn Jahren, aber sie pflegten stets und sie pflegen auch jetzt am Ende einen ganz unterschiedlichen Umgang mit ihren Karrieren, sich selbst und auch der Konkurrenz. „Aksel hat seine Erfolge, aber es ist seine Persönlichkeit, die ihn zu einem der Größten macht“, sagte Teamkollege Kjetil Jansrud. Svindal kümmerte sich um die sozialen Medien zuletzt kaum, auch war sein Auftritt rund um den Super-G zurückhaltend, und das lag nicht an dem für ihn doch bescheidenen 16. Platz.

Er betrachtete es eben als ganz normales Rennen und nicht als das vorletzte seiner Karriere und wirkt entsprechend fokussiert. Aber anders als Vonn am Sonntag gehört der Norweger einen Tag davor auch zu den Medaillenfavoriten bei seiner finalen Schussfahrt. Dass am Morgen des Super-G auf dem Berg auf der anderen Seite des Sees in großen Buchstaben und gut sichtbar „Thank you, Aksel“ projiziert wurde, war ganz sicher nicht seine Idee, vielleicht die seines Teams, das außerhalb von Are in einem abgeschiedenen Hotel residiert.

Für Lindsey Vonn hat dies niemand an den Berg projiziert. Es wäre sehr ungerecht, daraus zu schließen, es gäbe keine Dankbarkeit für das, was sie in den vergangenen 18 Jahren im Weltcup leistete. Die 34-Jährige hat mit ihren Erfolgen, aber auch ihrer extrovertierten Art, das Interesse am Frauen-Rennsport verstärkt – wenngleich eben oft auf Kosten anderer. Die eine oder andere Konkurrentin dürften Vonns Auftritte vor allem in letzter Zeit ziemlich genervt haben.

Gut, von Teamkolleginnen, Trainer und Freunden gab es ein paar persönliche Botschaften, „wirklich herzerwärmend“, wie sie fand. „Das macht den Ruhestand einfacher.“ Und zum Abschluss erfüllt sich auch noch ihr großer Wunsch: Ingemar Stenmark reist nun doch schon am Sonntag zur Frauen-Abfahrt statt erst am Montag zum Legendenrennen an, um die Frau, die seiner Bestmarke von 86 Weltcup-Siegen so nahe gekommen ist wie bisher noch niemand, zu verabschieden. „Das ist eine Ehre für mich“, sagte Vonn im schwedischen Fernsehen. Wie zuletzt so oft, wird sie es am Sonntag noch einmal schaffen, der Siegerin die Show zu stehlen.

Svindal hingegen käme dies nie in den Sinn, auch nicht zum Abschluss seiner Karriere. Im norwegischen Team habe er früh Respekt gelernt – von seinen Vorbildern Kjetil Andre Aamodt und Lasse Kjus. Die beiden waren wie später Jansrud und Svindal Konkurrenten im Rennen, aber außerhalb gute Kumpel. „Du wirst als Person so wie die Gruppe ist, mit der du dich umgibst“, sagte er. Der 36-Jährige hat sein Leben nach der Karriere gut vorbereitet, ist Teilhaber an mehreren Start-ups und hat ein paar Immobilien-Projekte. „Ich hoffe, dass ich ein bisschen etwas vom Skifahren gelernt habe und es bei anderen Dingen einbringen kann“, sagte er. Svindal ist mit sich, mit dem Karriereende, im Reinen. Vonn scheint immer noch damit zu hadern, dass ihr Körper und nicht ihr Kopf die Entscheidung getroffen hat. Sie lässt auf sich zukommen, was nun passiert. „Keine Ahnung“, sagt sie auf die Frage nach ihren Zukunftsplänen. „Aber ein Leben ohne schnelles Skifahren“, sagte sie, „ist kein schöner Gedanke“.

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Erstellt:
9. Februar 2019, 03:04 Uhr

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