Stille Gedenkfeier im Stadtgarten
Nur wenig ist anders beim zehnten Jahrestag des Amoklaufs – Albertville-Schüler bilden eine Menschenkette zum Memorial
Zu den sechs öffentlichen Gedenkveranstaltungen für die 15 Opfer des Amoklaufs vom 11. März 2009 sind Bevölkerung und Medien eingeladen. Bei einer Pressekonferenz erläuterten der Leiter der Albertville-Realschule, Sven Kubick, und Gisela Mayer, Mutter einer erschossenen Lehrerin und Vorsitzende der Stiftung gegen Gewalt an Schulen, welche Besonderheiten an diesem Tag gelten.

© ALEXANDRA PALMIZI
Beantworteten am Donnerstagnachmittag Fragen von Print-, Radio- und Fernsehjournalisten in der Aula der Albertville-Realschule (von rechts): Schulleiter Sven Kubick, Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth, Gisela Mayer von der Stiftung gegen Gewalt, Schulamtsdirektorin Sabine Hagenmüller-Gehring und der damalige Vorsitzende des Sonderausschusses des Landtags, Christoph Palm. Foto: A. Palmizi
Von Regina Munder
WINNENDEN. Aus Respekt vor den Betroffenen und den Opferfamilien, die am 11. März zu Gast an der Schule sein werden, ist das interne Gedenken an der Albertville-Realschule wie immer nicht öffentlich. Bisher haben alle Anwesenden anschließend einen Ring um die Schule gebildet, sich an den Händen gehalten. „Erstmals aber werden wir den Ring öffnen und eine Menschenkette von unserer Schule zum Stadtgarten bilden“, sprach Sven Kubick von einer Umdeutung des symbolischen Akts.
Im Stadtgarten, wenige Hundert Meter von der Schule entfernt, ist vor fünf Jahren ein Memorial errichtet worden, ein acht Tonnen schwerer, gebrochener und sich aufbäumender Ring des Künstlers Martin Schönaich.
Dort beginnt das öffentliche Gedenken um 9.30 Uhr, die Kirchenglocken läuten, und nur Oberbürgermeister Hartmut Holzwarth wird Worte an die Versammelten richten. Drei Jugendgemeinderätinnen lesen anschließend die Namen der Getöteten vor. Ein Gebet und Musik rahmen die bewusst schlicht und still gehaltene Veranstaltung.
„Diese Gemeinschaft zu spüren, ist wohltuend“
Gisela Mayer sagte auf die Frage eines Pressevertreters, ob der Gedenktag besonders schmerzvoll für sie sei, Bewegendes. „Der Schmerz ist jeden Tag da. Er begleitet uns Angehörige, davon kann man keinen Urlaub machen. Der Jahrestag ist für mich dennoch anders. Nichts besonders Schmerzhaftes, sondern etwas Schönes: Menschen machen sich auf den Weg, zeigen Solidarität, nehmen sich an der Hand. Diese Gemeinschaft zu spüren, ist wohltuend.“
Wenige Meter neben dem Stadtgarten befindet sich die Alte Kelter, mittlerweile ein vereinsgetragenes Kulturzentrum, in dem um 10 Uhr ein beachtliches Projekt von der Stiftung gegen Gewalt an Schulen und vom Kultusministerium vorgestellt wird. Landesweit haben Schüler zum Thema „Geschichten gegen Gewalt“ gemalt, gebastelt, collagiert, gedichtet, gefilmt und musiziert. Die fotografierbaren Werke sind in einem Buch festgehalten, das an Ministerin Susanne Eisenmann übergeben wird und das Schulen zu sich holen und „weiterschreiben“ dürfen. Die Kunstwerke sind am 11. März in der Alten Kelter, zum Teil auch im Foyer der Albertvilleschule ausgestellt.
Bereits um 10.15 Uhr beginnt der erste von drei ökumenischen Gedenkgottesdiensten des Tages in der Schlosskirche. Schüler der Albertville-Realschule gestalten ihn mit. Um 18.30 Uhr findet ein Gottesdienst in der Peterskirche in Weiler zum Stein statt, viele der Opfer und Betroffenen stammten und stammen aus dem zu Leutenbach gehörenden Ort; um 19 Uhr beginnt der Gottesdienst in der St.-Karl-Borromäus-Kirche Winnenden, an den sich die Lichterkette des Jugendgemeinderats anschließt. Treffpunkt ist um 20 Uhr am Marktbrunnen. Mit Kerzen marschieren die Teilnehmer zur Albertvilleschule, wo ein kurzes Gedenken mit Musik stattfindet.
Lehrer der Albertville-Realschule leiten besondere Angebote wie Schülerfirmen ehrenamtlich. Man wolle das soziale Miteinander fördern, sagte Schulleiter Sven Kubick. Mobbing sei ein großes Problem im Schulalltag, aber nicht die Ursache für einen Amoklauf in einer Schule.
Die Stiftung gegen Gewalt bietet verschiedene Projekte an, die den Umgang mit Konflikten lehren. Wer Sorgen wegen eines auffälligen Mitmenschen hat, kann direkt anrufen und sich Rat holen. www.stiftung-gegen-gewalt-an-schulen.de