Alterspräsident: AfD scheitert zunächst vor Gericht

dpa/lsw Stuttgart. Es war ein offensichtliches Anti-AfD-Manöver: Um zu verhindern, dass die Rechten den Alterspräsidenten stellen können, haben die anderen Parteien vor einem Jahr das Dienstalter als Kriterium bestimmt. Der erste Versuch der AfD, das zu kippen, ist nun gescheitert.

Der Landtagsabgeordnete Klaus-Günther Voigtmann (AfD). Foto: picture alliance / Marijan Murat/dpa/Archivbild

Der Landtagsabgeordnete Klaus-Günther Voigtmann (AfD). Foto: picture alliance / Marijan Murat/dpa/Archivbild

Die AfD wollte diese Frage höchstgerichtlich klären lassen: Wer ist der Alterspräsident im Landtag - der älteste Abgeordnete oder der mit der längsten Zugehörigkeit zum Landtag? Doch auch nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs Baden-Württemberg über die Klage der AfD bleibt diese Frage zunächst ungeklärt.

Die Richter wiesen den Antrag des AfD-Abgeordneten Klaus-Günther Voigtmann zu der Frage, wer das Amt des Alterspräsidenten des Landtags ausüben darf, zwar als unzulässig ab. In der Hauptsache, ob die von Grünen, CDU, SPD und FDP durchgesetzte Änderung der Geschäftsordnung in Sachen Alterspräsident verfassungsrechtlich erlaubt war oder nicht, hat das Gericht aber noch kein Urteil gesprochen.

Worum ging es genau? Der 75-jährige Voigtmann wollte für die bislang größte Oppositionsfraktion klären, ob der älteste Abgeordnete oder der mit der längsten Zugehörigkeit zum Landtag Alterspräsident sein und damit auch die erste Sitzung der Wahlperiode leiten darf. Grüne, CDU, SPD und FDP hatten im vergangenen Jahr mit großer Mehrheit beschlossen, dass nicht mehr der älteste, sondern der dienstälteste Abgeordnete Alterspräsident ist.

Der Verfassungsgerichtshof erklärte dazu, Voigtmanns Antrag sei unzulässig, weil er in seinen Rechten nicht beschnitten worden sei. Zum Zeitpunkt der ersten Sitzung des Landtags am 11. Mai 2016 sei der heute 75 Jahre alte AfD-Mann „weder das lebens- noch das dienstälteste Mitglied des Landtags“ gewesen. Das war damals der AfD-Abgeordnete Heinrich Kuhn, der sich Ende 2016 aus dem Parlament zurückgezogen hat.

Was bedeutet das nun für die kommende Legislaturperiode und die konstituierende Sitzung am 11. Mai? Diese ehrenvolle Aufgabe würde nach derzeitigem Stand dem dienstältesten Abgeordnete zustehen: Und das ist nach Angaben des Landtags Grünen-Ministerpräsident Winfried Kretschmann, der mit seinen 72 Jahren auch der lebensälteste ist. Kretschmann saß schon 1980 zum ersten Mal im Landtag - allerdings mit zwei Unterbrechungen: Von 1984 bis 1988 und von 1992 bis 1996 kam er nicht ins Parlament.

Normalerweise sitzt der Ministerpräsident auf der Regierungsbank oder steht am Rednerpult. Es wären ungekannte Szenen, wenn der amtierende Regierungschef plötzlich die Plenarsitzung leitet, die Abgeordneten zur Ruhe ruft, möglicherweise gar Ordnungsrufe verteilt und den Wahlgang zur Bestimmung des Landtagspräsidiums leitet. Ob Kretschmann diese kurzzeitige Aufgabe tatsächlich wahrnimmt, ist noch ungeklärt. „Die Entscheidung ist noch nicht getroffen“, sagte ein Regierungssprecher der dpa.

Sollte Kretschmann verzichten, fiele die Aufgabe wohl dem CDU-Politiker und früherem Finanzminister Willi Stächele (69) zu, der seit 1992 ununterbrochen im Parlament sitzt und damit neben CDU-Fraktionschef Wolfgang Reinhart (64) der dienstälteste Abgeordnete ist. Sollte dies so kommen, will die AfD aber wohl nochmal klagen. Denn: Nach Kretschmann ist der Pforzheimer AfD-Mann Bernd Grimmer mit dann 71 Jahren der lebensälteste Abgeordnete. AfD-Fraktionsvize Emil Sänze sagte der dpa: „Wir warten jetzt ab und würden eventuell noch eine Eilentscheidung beantragen.“

Nochmal zurück zu Voigtmann: Er hätte sowieso nicht mehr viel davon gehabt, wenn ihm das Gericht Recht gegeben hätte: Er sitzt nicht mehr im nächsten Landtag und ist somit auch bei der konstituierenden Sitzung nicht dabei.

© dpa-infocom, dpa:210318-99-878980/4

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Erstellt:
19. März 2021, 02:19 Uhr

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