Streit um Hesse-Bahn beigelegt

dpa/lsw Calw. Tausende streng geschützter Fledermäuse können in Bahntunneln im Kreis Calw bleiben. Bahnkunden in der Region bekommen dennoch eine direkte Anbindung an Stuttgart. Ein Kompromiss macht das möglich.

Ein verwitterter Holzklotz liegt vor einem Eingang des Hirsauer Tunnels bei Calw. Foto: Lino Mirgeler/Archivbild

Ein verwitterter Holzklotz liegt vor einem Eingang des Hirsauer Tunnels bei Calw. Foto: Lino Mirgeler/Archivbild

Der Fledermaus-Streit um zwei stillgelegte Eisenbahntunnel im Landkreis Calw ist beigelegt: Die streng geschützten Tiere bleiben in den Tunnelröhren, trotzdem fahren künftig wieder Züge hindurch. Eine entsprechende Vereinbarung wurde am Montag vom Betreiber, dem Zweckverband Hermann-Hesse-Bahn, und dem Naturschutzbund Nabu unterzeichnet.

Der Vertrag schütze die Tiere und schaffe für die Bürger in der Region eine gute Schienenverbindung in den Raum Stuttgart, sagte Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne). Der Landkreis Calw bekommt damit wieder eine direkte Anbindung an die Landeshauptstadt.

Damit die Fledermäuse trotz Bahnverkehrs weiter ihre Ruhe haben, sollen sie mit speziellen Trennwänden von Lärm und Zügen abgeschirmt werden. Das Verfahren war im vergangenen Jahr in den historischen Tunneln erprobt worden. Die Röhren der Hermann-Hesse-Bahn lagen jahrzehntelang brach. Mehrere Tausend Fledermäuse ließen sich dort nieder.

Der Calwer Landrat Helmut Riegger (CDU) begrüßte die Einigung: Damit werde eine dringend notwendige, bessere Bahnverbindung nach Stuttgart ermöglicht. Der Nabu kündigte an, seine bislang ruhende Klage gegen das Vorhaben nun zurückzunehmen: „Mit der Trennwand und dem vertraglich gesicherten Artenschutzkonzept konnte jetzt ein Kompromiss für Mensch und Natur gefunden werden, den wir mittragen.“

Für die Reaktivierung der Strecke müssen nun die Trennwände eingezogen und die Schienen für die Züge verlegt werden. Vorgesehen ist auch, die Strecke später für S-Bahnen befahrbar zu machen. „Langfristiges Ziel sollte ein Metropol-Express Calw-Stuttgart sein, der eine deutlich schnellere Verbindung als die S-Bahn ermöglicht“, erklärte der Landesvorsitzende des ökologischen Verkehrsclubs VCD, Matthias Lieb.

Die Kosten für die Wiederinbetriebnahme könnten sich einer groben Schätzung des Verkehrsministeriums zufolge auf rund 50 Millionen Euro belaufen. Nur ein Bruchteil davon entfalle auf die Trennwände, sagte ein Ministeriumssprecher. Im Falle eines Förderantrags könnten die Kosten zwischen Land und Zweckverband geteilt werden.

Ab 2022 sollen Fahrgäste dann in 60 Minuten von Calw über Weil der Stadt und Renningen in die Landeshauptstadt gelangen können. Ursprünglich war das Jahr 2020 angepeilt - das Hickhack um die Fledermäuse hatte den Zeitplan jedoch durcheinandergebracht.

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Erstellt:
3. Juni 2019, 15:12 Uhr

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