Gauland zweifelt Meuthens Zukunft an

dpa Berlin/Potsdam. Ereilt Jörg Meuthen das gleiche politische Schicksal wie Bernd Lucke und Frauke Petry? Der AfD-Chef hat mit dem Rauswurf von Kalbitz nicht nur den völkischen Teil der Partei gegen sich aufgebracht.

Alexander Gauland: „Ich habe große Zweifel, dass der Vorstandsbeschluss endgültig hält“. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Alexander Gauland: „Ich habe große Zweifel, dass der Vorstandsbeschluss endgültig hält“. Foto: Bernd von Jutrczenka/dpa

Im AfD-internen Machtkampf um den Rauswurf des Rechtsaußen Andreas Kalbitz hat Fraktionschef Alexander Gauland die politische Zukunft des Parteivorsitzenden Jörg Meuthen infrage gestellt.

Durch den Parteivorstand geht ein tiefer Riss, Meuthens Co-Chef Tino Chrupalla sprach von einem Zwist, der als „Selbstzerfleischung“ wahrgenommen werde. Mitten in diesem Richtungsstreit kündigte Pegida-Frontmann Lutz Bachmann an, dass er Mitglied der AfD in Sachsen werden will. Bachmann ist mehrfach vorbestraft - unter anderem wegen Volksverhetzung.

Gauland, der auch Ehrenvorsitzender der AfD ist, ist der Meinung, die rechtliche Klärung des Parteiausschlusses von Kalbitz werde auch das politische Schicksal der Führungsspitze entscheiden. „Wenn Herr Kalbitz nicht Recht bekommen sollte, vor dem Parteigericht oder einem ordentlichen Gericht, dann ist das eben so. Wenn er aber Recht erhält, dann wird es für diejenigen, die das losgetreten haben, schwierig“, sagte Gauland dem „Spiegel“. Im dpa-Interview sagte er, Kalbitz werde mit der Anfechtung höchstwahrscheinlich Erfolg haben. „Ich habe große Zweifel, dass der Vorstandsbeschluss endgültig hält.“

Der AfD-Bundesvorstand hatte die Mitgliedschaft von Kalbitz vor einer Woche auf Meuthens Betreiben per Mehrheitsbeschluss für nichtig erklärt. Als Grund wurde genannt, dass Kalbitz eine Mitgliedschaft in der inzwischen verbotenen „Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) und bei den Republikanern nicht angegeben hatte. Kalbitz gilt neben Höcke als wichtigster Vertreter des formal aufgelösten rechtsnationalen „Flügels“ der Partei, der vom Verfassungsschutz als rechtsextreme Strömung beobachtet wird.

Meuthen gibt sich weiter gelassen. „Ich kenne das Gerede, ich würde Bernd Lucke und Frauke Petry nachfolgen“, sagte der AfD-Chef dem „Spiegel“ in Anspielung auf zwei in Flügelkämpfen abgewählte Vorgänger im Amt des Parteichefs. „Aber das wird so nicht kommen.“

Kalbitz hielt Meuthen und Parteivize Beatrix von Storch vor, mit seinem Rauswurf eigennützige Ziele zu verfolgen. „In Wirklichkeit geht es doch um die Spitzenkandidatur von Meuthen und von Storch für die kommende Bundestagswahl“, sagte Kalbitz dem „Spiegel“. Er sei „in diesem Spiel nur das Bauernopfer“.

Die beiden Co-Chefs Meuthen und Chrupalla arbeiten jetzt offen gegeneinander. Das zeigt ein Rundschreiben von Meuthen an die Mitglieder der Partei, dem ein Anhang von Chrupalla beigefügt ist.

Meuthen erklärt in der E-Mail vom Donnerstag, weshalb sich eine Mehrheit des Vorstandes dafür entschieden hatte, die Mitgliedschaft von Kalbitz für nichtig zu erklären. Der habe bis heute eine klare Distanzierung von der HDJ abgelehnt, die laut einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts eine „Wesensverwandtschaft mit dem Nationalsozialismus“ aufweise. Außerdem habe Kalbitz bei seinem Parteieintritt eine frühere Mitgliedschaft bei den Republikanern verschwiegen.

Chrupalla wiederum erklärt, dass das Schreiben an Mitglieder zwar vom Vorstand mehrheitlich beschlossen worden sei, er selbst aber nach wie vor der Meinung sei, dass es besser gewesen wäre, erst ein „aussagekräftiges Rechtsgutachten“ über die Frage der Aberkennung von Kalbitz' Parteimitgliedschaft einzuholen.

Der Vorstand sei darauf jedoch nicht eingegangen und habe so „zu erwartende innerparteiliche Auseinandersetzungen, die in der Öffentlichkeit als Selbstzerfleischung der AfD wahrgenommen werden, billigend in Kauf genommen“. Chrupallas Schreiben schlossen sich die stellvertretenden Parteivorsitzenden Alice Weidel und Stephan Brandner sowie Beisitzer Stephan Protschka und Gauland an.

Neue Unruhe gibt es um Pegida-Vormann Bachmann. Der habe - wie jeder andere Bürger - das Recht, einen Mitgliedsantrag auf Aufnahme in die AfD zu stellen, sagte der Sprecher der AfD Sachsen der dpa. Der zuständige Kreisverband werde wie mit anderen Mitgliedern ein Gespräch über die Aufnahme führen. „Sollte darüber Uneinigkeit herrschen, wird die Aufnahme im AfD-Landesvorstand Sachsen besprochen und schlussendlich entschieden.“

Bachmann hatte am Donnerstag einen Screenshot des online ausgefüllten Mitgliedsantrages veröffentlicht. „Wenn es dafür notwendig ist, als Vorsitzender von Pegida zurückzutreten, werde ich es tun und in Zukunft als Gastredner - das Recht hab ich wohl - auftreten!“, hieß es in dem Post. Die AfD nannte der Mitbegründer der islam- und ausländerfeindlichen Pegida-Bewegung eine „Partei der Basisdemokratie“.

Auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD werden zwar die Pegida-Bewegungen in München, Franken und Nürnberg aufgeführt, nicht aber die 2014 in Dresden gegründete Pegida-Bewegung. Das Verhältnis zwischen Pegida und der AfD gilt als zwiegespalten. Bisher lehnte die AfD Sachsen einen Schulterschluss ab. Immer wieder treten aber AfD-Politiker auf Pegida-Demos auf, so sprach etwa der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke im Februar auf der 200. Pegida-Kundgebung in Dresden.

Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen (l) und Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland. Foto: Sina Schuldt/dpa

Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen (l) und Bundestagsfraktionschef Alexander Gauland. Foto: Sina Schuldt/dpa

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Erstellt:
22. Mai 2020, 04:39 Uhr

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