Streit um Holztransporte: Forstleute kritisieren Hermann

dpa/lsw Stuttgart. Es ist ein Interessenkonflikt: Der eine will den Wald schützen, der andere muss darauf achten, dass die Brücken nicht zu stark vom Schwerverkehr belastet werden. Deshalb streiten zwei Minister nun öffentlich über große Holztransporte.

Holz mit einem Kran verladen. Foto: Holger Hollemann/dpa/Symbolbild

Holz mit einem Kran verladen. Foto: Holger Hollemann/dpa/Symbolbild

Nach dem Ende der Ausnahmegenehmigungen für schwere Holztransporte ist ein alter Streit zwischen Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und Forstminister Peter Hauk (CDU) erneut aufgeflammt. Das Verkehrsministerium hatte zuvor eine Sonderregelung für Langholztransporte bis 44 Tonnen über den 31. Mai hinaus nicht verlängert.

Somit gelten seit dem vergangenen Montag für Holztransporter bis 40 Tonnen wieder dieselben Regeln wie für alle Lastwagen. Pauschale Ausnahmegenehmigungen für überschwere Holztransporte bis 44 Tonnen seien wegen der Belastung für die Straßen und Brücken „nicht angezeigt“, sagte Ministerialdirektor Uwe Lahl am Donnerstag in Stuttgart. Die Landesregierung sei nicht nur für die Wälder verantwortlich, sondern auch für die Straßeninfrastruktur. In den vergangenen Jahren hatte es aus demselben Grund immer wieder Debatten über die Ausnahmegenehmigungen für Forstwirte gegeben.

Hauk und die Forstwirtschaft zeigen sich erbost und überrascht von der Entscheidung: „Die einzige Möglichkeit, der Lage aktuell Herr zu werden, besteht darin, die [von Borkenkäfern] befallenen Bäume schnellstmöglich aus den Wäldern zu fahren“, mahnte Hauk. Ein Aus für die Ausnahmen sei „für unseren Wald und die Waldbesitzer ein Schlag ins Gesicht.“ Hermanns Ministerium habe auf Arbeitsebene eine Fortsetzung der Ausnahmen signalisiert. Lahl widersprach allerdings: „Herr Minister Hauk scheint hier falsch informiert zu sein, wenn er von anderweitigen Signalen der Arbeitsebene spricht.“

Der seit Jahren zunehmende Lkw-Verkehr gilt als einer der Hauptverursacher für marode Straßen. Ein Fünftel der Bundesstraßen im Südwesten gilt laut Bundesregierung als marode. Außerdem gilt jede vierte Autobahnbrücke im Land und jede zehnte Bundesstraßenbrücke als sanierungsbedürftig.

Allerdings stehen auch die Forstleute vor immensen Problemen: Nach Angaben der Forstkammer sind im dritten extremen Jahr hintereinander bereits rund 43 Prozent der Bäume schwer geschädigt durch Dürre, Trockenheit, Unwetter und den Borkenkäfer. Derzeit liegen laut Kammer rund zwei Millionen Festmeter Schadholz im Wald.

Die Grünen-Fraktion betonte allerdings, die Lagerplätze seien ohnehin überfüllt, Sägewerke hätten ihre Kapazitätsgrenzen erreicht. Es müsse nun ein Netzwerk von Schwerpunktstrecken ausgearbeitet werden. „Hier ist Minister Hauk ganz klar in der Verantwortung, ein entsprechendes alternatives Streckenkonzept zu erarbeiten“, teilten die Grünen mit.

Die AG Wald Baden-Württemberg, ein Zusammenschluss von forstlichen Verbänden, warf dem Verkehrsminister vor, sich über die Folgen seiner Entscheidung für Waldbesitzer und Umwelt nicht bewusst zu sein. „Diese Entscheidung torpediert die Anstrengungen der Waldbesitzer und der Forstleute, die Wälder zu schützen, indem sie gefällte Bäume so schnell wie möglich aus den Wäldern direkt in die Sägewerke oder auf Nass- und Trockenlager außerhalb der geschwächten Wälder transportieren“, sagte der AG-Vorsitzende Dietmar Hellmann, der auch dem Bund Deutscher Forstleute in Baden-Württemberg vorsteht.

Der Landes-Geschäftsführer der Forstkammer, Jerg Hilt, zeigte sich „völlig entsetzt“: „Wenn das Schadholz nicht zügig aus dem Wald transportiert wird, vermehrt sich der Borkenkäfer noch schneller und noch mehr Bäume sterben ab“, sagte er. „Tote Bäume können kein CO2 speichern.“

Auch die Opposition wirft Hermann vor, die Probleme im Wald nicht zu kennen. „Es schadet uns allen, dass innerhalb der Landesregierung ganz offensichtlich überhaupt nicht mehr an einem Strang gezogen wird“, sagte Reinhold Gall, der Sprecher für Forstpolitik der SPD im Landtag.

Ein Holztransporter bringt Baumstämme zu einem Güterzug. Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild

Ein Holztransporter bringt Baumstämme zu einem Güterzug. Foto: Jan Woitas/dpa-Zentralbild/dpa/Archivbild

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Erstellt:
4. Juni 2020, 14:40 Uhr

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