Schwarz-Rot
Streitfall Doppelpass
Eigentlich schien sich das Thema doppelte Staatsbürgerschaft erledigt zu haben. Doch nun gibt es aus den Reihen von CDU und CSU neue Vorstöße.
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Die doppelte Staatsbürgerschaft bleibt ein umstrittenes Thema in der Koalition.
Von André Bochow
Die Unionsparteien waren in den Wahlkampf gegen die Ampel-Politik gezogen, und der Doppelpass war eines ihrer wichtigen Themen. „Wir machen die Express-Einbürgerung der Ampel rückgängig, ebenso wie die generelle Möglichkeit der doppelten Staatsbürgerschaft“, hieß es unmissverständlich im Bundestags-Wahlprogramm. Dann aber kam es zur Koalition mit der SPD und im Koalitionsvertrag steht: „Wir schaffen die ‚Turboeinbürgerung‘ nach drei Jahren ab. Darüber hinaus halten wir an der Reform des Staatsbürgerschaftsrechts fest.“
Schon beim ersten Lesen dieses Textes rieben sich viele verdutzt die Augen. Die regelmäßige doppelte Staatsbürgerschaft, ein Kernstück der Ampel-Reform, blieb unangetastet. Via „Bild“ zogen nun einige Unionspolitiker dagegen zu Felde. CSU-Innenexperte Stephan Mayer will „Gewalttätern, Schwerkriminellen, Verfassungsfeinden, Antisemiten und Deutschen-Hassern“ sofort die Staatsbürgerschaft entziehen, wenn sie zwei Pässe haben. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Cornell Babendererde spricht davon, dass „80 Prozent der Eingebürgerten 2023“ neben der deutschen Staatsangehörigkeit ihren alten Pass behalten wollen.
„Wir sehen heute klar, dass die doppelte Staatsbürgerschaft kaum zur Integration ihrer Inhaber beiträgt“, sagt auch Günter Krings, Vizefraktionschef der Union. „Bei einer Einbürgerung ist die Beibehaltung der alten Staatsbürgerschaft nur in begründeten Ausnahmefällen zu akzeptieren“. Für die Union seien diese Positionen klar, sagt Krings, fügt aber gegenüber dieser Zeitung hinzu, man wisse, „dass wir im Koalitionsvertrag die SPD nicht von einer grundlegenden Reform des Staatsbürgerrechts überzeugen konnten. Jede Debatte sollte sich daher zunächst auf das konzentrieren, was zeitnah erreichbar ist“. Grundsätzlich werde man aber weiter über das Thema reden.
Verweis auf Koalitionsvertrag
Sebastian Fiedler, innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, verweist tatsächlich auf den Koalitionsvertrag. „Auch die Abgeordneten der Unionsfraktion, die sich jetzt zu Wort melden, haben zugestimmt.“ Im Übrigen würde nicht zuletzt der Besuch des Bundeskanzlers in der Türkei „an die Bedeutung der doppelten Staatsbürgerschaft für die vielen türkischen Gastarbeiter und deren Nachkommen in Deutschland“ erinnern. Auch von Ausbürgerungen hält Fiedler nichts. „Nach unserem Grundgesetz ist die deutsche Staatsangehörigkeit grundsätzlich unantastbar“, sagt der SPD-Politiker. Ausnahmen seien aber durchaus möglich. „Etwa wenn sie durch Täuschung oder Drohung erworben wurde.“
Das Statistische Bundesamt registrierte für 2024 einen Anstieg der Einbürgerungen um 46 Prozent auf fast 300 000. Mehr als ein Viertel der Einbürgerungen betrafen Syrer, denen es de facto unmöglich ist, aus ihrer Staatsbürgerschaft entlassen zu werden.
