Wahlprogramme im Vergleich

Streitpunkt Migration – und was die Parteien vorschlagen

Wie begrenzt man die Zahl der Asylanträge, wie integriert man Zuwanderer und gewinnt Fachkräfte? Diese Fragen werden auch die nächste Bundesregierung begleiten. Ein Blick auf die Migrationspolitik in den Wahlprogrammen.

Einige Parteien wollen die Kontrollen an den deutschen Grenzen verlängern, andere sind dagegen.

© picture alliance/dpa/Peter Kneffel

Einige Parteien wollen die Kontrollen an den deutschen Grenzen verlängern, andere sind dagegen.

Von Rebekka Wiese

Kaum eine Debatte hat in den vergangenen Jahren so polarisiert wie die um Migration. Das Thema dürfte für die nächste Bundesregierung eine der größten Herausforderungen werden. Auch wenn Kritiker warnen, im Wahlkampf nicht zu einseitig auf das Thema Asyl zu setzen, so beherrscht es doch viele Debatten. Um welche Fragen es geht – und was die Parteien in ihren Wahlprogrammen vorschlagen.

Irreguläre Migration begrenzen Im vergangenen Jahr ging die Zahl der Asylerstanträge um etwa ein Drittel zurück. Nachdem 2023 so viele Asylerstanträge gestellt worden waren wie seit 2016 nicht mehr, waren es 2024 deutlich weniger: rund 230 000 statt 330 000. Inzwischen sprechen sich bis auf die Linke alle größeren Parteien dafür aus, irreguläre Migration zu ordnen oder auch zu begrenzen.

Die Union setzt vor allem auf restriktive Maßnahmen. Sie fordert unter anderem, den Familiennachzug für subsidiär Schutzberechtigte auszusetzen – also für Menschen, die zwar keine Asylberechtigung haben, aber für die die Rückkehr ins Herkunftsland trotzdem zu gefährlich ist. Das betrifft zum Beispiel viele Syrer und Afghanen. Die FDP will den Familiennachzug für diese Gruppe ebenfalls aussetzen, man findet den Punkt auch bei der AfD.

Die Union will zudem die derzeit geltenden Kontrollen an den deutschen Grenzen verlängern und setzt sich für pauschale Zurückweisungen auch von Asylbewerbern ein – ein Vorschlag, der rechtlich und praktisch umstritten ist. Die AfD fordert das ebenfalls, die FDP wünscht sich eine „modellhafte Erprobung“. Grüne und SPD sind dagegen.

Die Union will darüber hinaus das europäische Asylrecht ändern und strebt an, dass Schutzsuchende in Drittstaaten außerhalb Europas gebracht werden, wo ihr Asylverfahren durchgeführt wird und wo sie auch bleiben, wenn sie als schutzsuchend anerkannt werden. Ähnlich äußern sich FDP und AfD. SPD, FDP und Grüne fordern in ihren Wahlprogrammen Migrationsabkommen und -partnerschaften. Dabei handelt es sich um Vereinbarungen mit anderen Staaten, die darauf zielen, dass sich weniger Menschen aus diesen Ländern auf den Weg nach Deutschland machen. Grüne und SPD setzen außerdem auf die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems. Demnach sollen unter anderem Asylbewerber gerechter auf die EU-Staaten aufgeteilt werden und Deutschland weniger Schutzsuchende aufnehmen muss als bisher. Die neuen Regeln sollen 2026 in Kraft treten. FDP und Union fordern, dass die europäische Grenzwache Frontex gestärkt werden soll, um die EU-Außengrenzen besser zu kontrollieren.

Abschiebungen beschleunigen Im Sommer 2024 zählte das Ausländerzentralregister 226 882 Menschen in Deutschland, die als ausreisepflichtig galten. Davon hatten 182 727 eine Duldung, zum Beispiel, weil ihnen Reisedokumente fehlten oder sie hier in Ausbildung waren. Die anderen 44 155 Personen müssten demnach aber ausreisen oder abgeschoben werden. Im vergangenen Jahr ist die Zahl der Abschiebungen auf rund 18 400 gestiegen, das waren etwa 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Dieser Wert liegt aber noch etwas unter dem Niveau vor der Corona-Pandemie.

SPD und Grüne betonen, dass Ausreisepflichtige, die schwere Straftaten begangen haben, besonders schnell rückgeführt werden sollen. Die FDP möchte, dass die Zuständigkeit für Abschiebungen auf Bundesebene gebündelt wird. Die CDU will zentrale Bundesaureisezentren schaffen, Ausreisepflichtige Straftäter und Gefährder sollen unbegrenzte Zeit in Ausreisearrest genommen werden können. Auch in Länder wie Syrien und Afghanistan soll regelmäßig abgeschoben werden. Die AfD will alle Ausreisepflichtigen abschieben, auch Geduldete, die in Ausbildung oder Beschäftigung sind. Die Linke spricht sich gegen Abschiebungen aus.

Besser integrieren SPD und Grüne wollen Sprach- und Integrationskurse ausbauen und dafür sorgen, dass Geflüchtete schneller eine Arbeit oder Ausbildung aufnehmen dürfen. Die FDP setzt sich ebenfalls dafür ein, dass der Zugang zum Arbeitsmarkt leichter wird. Wer gut integriert ist, soll die Möglichkeit zum Spurwechsel bekommen – also vom Schutzsuchenden zum Einwanderer in den Arbeitsmarkt werden können. Diese Idee findet sich auch bei Grünen und SPD.

Seit der Reform des Staatsbürgerschaftsrechts können Menschen mit besonders guter Integrationsleistung nach drei Jahren eingebürgert werden, im Regelfall nach fünf Jahren. Vorher war das erst nach acht Jahren möglich. Die Union möchte zu dieser alten Regelung zurückkehren. Die AfD will zum Rechtszustand von vor 35 Jahren zurück. Wer ohne Staatsangehörigkeit in Deutschland lebt, soll sie nach frühestens zehn Jahren bekommen können.

Ausländische Fachkräfte gewinnen Während die irreguläre Migration begrenzt werden soll, wird zugleich diskutiert, wie Arbeitskräfte aus dem Ausland angeworben werden können. Denn in Deutschland fehlen Arbeits- und Fachkräfte, etwa in Krankenhäusern und auf Baustellen. Union, FDP, SPD, Grüne und Linke versprechen, dass Ausbildungen und Abschlüsse aus dem Ausland leichter anerkannt werden sollen. Die AfD will die Hürden für die Fachkräfteeinwanderung erhöhen und etwa Quoten für einzelne Branchen einführen.

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Erstellt:
7. Februar 2025, 14:36 Uhr

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