Koalitionsausschuss
Stromsteuer und Mütterrente: Was die Koalition vereinbart hat – und was nicht
Die Mütterrente kommt früher, dafür bleibt die Stromsteuer für Verbraucher, wie sie ist. Worüber der Koalitionsausschuss gestritten und was er nun beschlossen hat: ein Überblick.

© Michael Kappeler/dpa
Fünf Stunden tagte Koalitionsausschuss – und kam bei der Stromsteuer zu keiner neuen Lösung.
Von Tobias Peter und Rebekka Wiese
Bis in die Nacht saßen die Vertreter von CDU, CSU und SPD am Mittwoch im Koalitionsausschuss zusammen – ohne sich auf eine Senkung der Stromsteuer einigen zu können, wie es zuvor erwartet worden war. Dafür ist nun klar, dass die Mütterrente kommen soll. Was genau beschlossen wurde und warum das für Kritik sorgt: ein Überblick.
Was hat der Koalitionsausschuss zur Stromsteuer beschlossen?
Kanzler Friedrich Merz hatte selbst die Erwartung geweckt, dass es doch noch eine Lösung geben könnte. Doch CDU, CSU und SPD kamen nicht überein, die Stromsteuer für mehr Unternehmen als bislang geplant und für private Haushalte zu senken. Das bedeutet: Die Senkung der Stromsteuer für Land- und Forstwirtschaft sowie für das produzierende Gewerbe soll zwar „verstetigt“ werden – aber andere Betriebe und die breite Bevölkerung profitieren nicht. Im Kern heißt es aber auch erst einmal nur: Die Planung für den Haushalt bleibt, wie sie ist und wie sie das Kabinett bereits beschlossen hat.
Warum wurde überhaupt darüber gestritten?
Ursprünglich hatte Schwarz-Rot etwas anderes versprochen. Im Koalitionsvertrag kündigten die Parteien an, Unternehmen und Verbraucher um mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde zu entlasten. Dafür werde man „in einem ersten Schritt die Stromsteuer für alle so schnell wie möglich auf das europäische Mindestmaß senken“, schrieben CDU, CSU und SPD in ihrer Vereinbarung. Auch im Sofortprogramm der Regierung tauchte das Versprechen auf. Dass es nun einkassiert wurde, sorgte für viel Kritik. Gerade Unionsvertreter bauten Druck auf, es müsse noch eine Lösung geben. Die gibt es nun nicht.
Um wie viel Geld geht es?
Aktuell zahlen Verbraucher je Kilowattstunde 2,05 Cent Stromsteuer – deutlich mehr als das europäische Mindestmaß, das 0,1 Cent je Kilowattstunde vorsieht. Würde die Regierung die Abgabe auf das europäische Minimum absenken, würde eine vierköpfige Familie mit einem typischen Jahresverbrauch nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft 93 Euro im Jahr weniger zahlen. Das würde den Bundeshaushalt laut Angaben des Finanzministeriums im kommenden Jahr 5,4 Milliarden Euro zusätzlich kosten.
Der Koalitionsausschuss hat auch beschlossen, dass die Ausweitung der Mütterrente ab dem 1. Januar 2027 gelten soll. Warum ist das so ein Streitthema?
Die Ausweitung der Mütterrente hat die CSU in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt. Künftig sollen, wie für alle anderen, auch für vor 1992 geborene Kinder drei Erziehungsjahre bei der Rente angerechnet werden statt wie bisher maximal zweieinhalb. Das kostet etwa fünf Milliarden Euro zusätzlich im Jahr. Da der Staat die Rente ohnehin schon mit viel Geld stabilisiert, halten viele Ökonomen die Ausweitung der Mütterrente für unvernünftig.
Bekommen die betroffenen Mütter also ab 2027 mehr Geld?
Ganz so einfach ist es nicht. Die Deutsche Rentenversicherung Bund hat erklärt, sie bekomme eine Auszahlung vor dem Jahr 2028 nicht hin. Als Grund führt sie an: Es müssen Millionen Einzelfälle herausgesucht und bearbeitet werden – die Zeiten, in denen Kinder erzogen wurden, liegen Jahrzehnte zurück. Seit der Einführung der Mütterrente hat es zudem wichtige Änderungen in der Rentengesetzgebung gegeben, unter anderem die Einführung der Grundrente. Deshalb kann nun nicht einfach die Software vom letzten Mal verwendet werden. Die Koalition hat also beschlossen, dass die Ausweitung ab 2027 gelten soll – und das Geld, wenn nötig, rückwirkend gezahlt wird.
Welche Kritik gibt es?
Grünen-Parteichefin Franziska Brantner warf der Regierung vor, sie lasse die breite Bevölkerung im Stich. „Schwarz-Rot opfert die sofortige Entlastung für alle für teure Wahlgeschenke für wenige“, sagte Brantner dieser Redaktion. „Söder setzt sich durch zulasten der breiten Bevölkerung.“ Verdi-Chef Frank Werneke forderte: „Die Entlastung für die privaten Haushalte, insbesondere für Bürgerinnen und Bürger mit niedrigen Einkommen, darf jetzt nicht auf den St. Nimmerleinstag verschoben werden.“ Dies sei „ein ernster Test für die Glaubwürdigkeit von Union und SPD“, sagte er dieser Redaktion.