Universität Tübingen

Studie: Je gleichmäßiger eine Gesellschaft, desto friedlicher

Eine Studie der Universität Tübingen kommt zu dem Ergebnis, dass wirtschaftliche Ungleichheit in einem Land das Risiko eines Bürgerkrieges erhöht.

Eine neue Studie beleuchtet den Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Ungleichheit und dem Frieden in einem Land.

© IMAGO/Wolfgang Maria Weber/IMAGO/Wolfgang Maria Weber

Eine neue Studie beleuchtet den Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Ungleichheit und dem Frieden in einem Land.

Von epd

Je größer die wirtschaftliche Ungleichheit innerhalb eines Landes, desto größer ist das Risiko für den Ausbruch eines Bürgerkriegs. Zu diesem Ergebnis kommt eine am Montag vorgestellte Studie des Lehrstuhls für Wirtschaftsgeschichte an der Universität Tübingen. Das Team hat Daten aus zwei Jahrhunderten für 193 Länder ausgewertet. Die Studie ist im Fachjournal „Review of Income and Wealth“ erschienen.

Berücksichtigt wurden Einkommen, Landbesitz und Abweichungen von der durchschnittlichen Körpergröße. „Je weiter wir in die Geschichte zurückblicken, desto lückenhafter werden in Geld gemessene Einkommensdaten“, sagte Professor Jörg Baten, Leiter der Studie. Für den Globalen Süden lägen vor 1980 kaum verlässliche Informationen vor. Die Verteilung von Land und die Körpergröße seien dagegen bis ins frühe 19. Jahrhundert gut dokumentiert. Die durchschnittliche Körpergröße hänge vom Zugang zu Nahrung und medizinischer Versorgung ab: Durchschnittlich ungleiche Größen ließen auf ungleiche Einkommen schließen.

Das Team griff auf die US-amerikanische Datenbank „Correlates of War Project (COW)“ zurück. Als Krieg oder Bürgerkrieg galt ein Konflikt mit über 1.000 Toten in einem Jahr. Die Berechnungen ergaben einen statistisch auffälligen Zusammenhang zwischen ungleicher Einkommensverteilung und dem Ausbruch von Bürgerkriegen. In den Jahrzehnten vor dem US-Bürgerkrieg 1861 bis 1865 stiegen die Unterschiede der Körpergröße zwischen ungelernten Arbeitern und höheren Einkommensgruppen von 1,6 auf 3,0 Zentimeter. Vor der Oktoberrevolution von 1917 war das Land in Russland extrem ungleich verteilt.

Das neue statistische Maß erlaube auch Aussagen über das aktuelle Risiko für Bürgerkriege: Weil in den USA die Einkommen in den vergangenen dreißig Jahren immer ungleicher verteilt wurden, habe sich das Risiko eines Bürgerkriegs von 10 auf 21 Prozent drastisch erhöht. Auch in Großbritannien, China, Indien und Russland sei die Ungleichheit stark gestiegen - und damit das Risiko.

Die Höhe des Wirtschaftswachstums hat laut der Studie keinen messbaren Einfluss auf das Risiko eines Bürgerkriegs. Es komme nur auf eine möglichst gleichmäßige Verteilung an: Eine progressivere Einkommenssteuer und besserer Zugang zu hochwertiger Bildung reduzierten die Gefahr.

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Erstellt:
16. Juni 2025, 11:36 Uhr

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