Studie: Weniger junge Leute wohnen in eigenen vier Wänden

dpa/lsw Köln/Schwäbisch Hall. Der Anteil der Menschen, die ein Eigenheim besitzen, ist in Deutschland so niedrig wie kaum woanders in Europa. Im Südwesten ist er zwar höher. Doch Eigentümer werden immer älter. Forscher sehen vor allem einen Grund dafür.

Neue, fast fertige Wohnhäuser mit Eigentumswohnungen. Foto: Lothar Ferstl/Archivbild

Neue, fast fertige Wohnhäuser mit Eigentumswohnungen. Foto: Lothar Ferstl/Archivbild

In den vergangenen Jahren sind weniger Menschen aus einer Mietwohnung in die eigenen vier Wände gezogen. Lag die Zahl dieser Ersterwerber in den Jahren 1998 bis 2002 noch bei durchschnittlich rund 700 000 Haushalten jährlich, waren es in den Jahren 2013 bis 2017 nur rund 450 000 Haushalte. 2016 und 2017 sank der Wert sogar auf weniger als 400 000 pro Jahr. Das zeigt eine Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln im Auftrag der Bausparkasse Schwäbisch Hall.

Im Südwesten stagniert der Anteil der Menschen, die in ihren eigenen vier Wänden wohnen. Zwar war die Wohneigentumsquote - also der Anteil der Haushalte in einer eigenen Wohnung oder einem eigenen Haus - im Jahr 2017 mit 54,4 Prozent bundesweit am höchsten. Doch trotz der niedrigen Zinsen hat sie sich seit 2010 kaum bewegt. Bundesweit liegt der Anteil der Haushalte in einer eigenen Wohnung oder in einem eigenen Haus seit Jahren bei etwa 45 Prozent.

Den höchsten Zuwachs an Wohneigentümern seit 2010 erlebte Hamburg mit einem Plus von sechs Prozentpunkten, gefolgt von Berlin mit vier Prozentpunkten. Allerdings ist der Anteil der Eigentümer in der Bundeshauptstadt bundesweit mit 18 Prozent auch am niedrigsten. Im europaweiten Vergleich belegt Deutschland bei der Eigentumsquote laut IW einen unrühmlichen vorletzten Platz - nur in der Schweiz leben mehr Haushalte zur Miete.

„Die Wohneigentumsquote ist ein wichtiger Indikator für die Vermögensbildung“, sagt der Autor der Untersuchung, Michael Voigtländer. Europäische Vergleiche zeigten, dass in Ländern mit größerer Verbreitung von Immobilieneigentum die individuelle Vermögensbildung stärker ausgeprägt sei.

Dabei sank vor allem der Anteil der jungen Menschen in Deutschland, die in den eigenen vier Wänden leben. In der Gruppe der 25- bis 34- Jährigen waren es 2017 noch 12 Prozent, in der Gruppe der 35- bis 44-Jährigen 38 Prozent. Das sind jeweils 5 Prozentpunkte weniger als im Jahr 2010. Gleichzeitig stieg der Anteil in der Gruppe der 65- bis 74-Jährigen um 2 Prozentpunkte auf 58 Prozent.

Das Haushaltseinkommen derer, die aus einer Mietwohnung in eine eigene Immobilie umzogen, stieg unterdessen. Lag es 2010 bei durchschnittlich 3000 Euro netto, waren es 2017 schon knapp 4000 Euro. Die eigenen vier Wände leisteten sich also vor allem Gutverdiener, legen die Zahlen nahe. „Faktisch finden junge Haushalte, die dann auch entsprechend mehr Zeit für die Rückzahlung ihrer Kredite hätten, kaum noch Zugang zum Wohneigentumsmarkt“, heißt es in der Studie. Ein wesentlicher Grund sei der gestiegene Kapitalbedarf zum Zeitpunkt des Kaufs.

„Da sich die Erwerbsnebenkosten und der Eigenkapitalbedarf an den in den letzten Jahren vielerorts gestiegenen Kaufpreisen bemessen, müssen Haushalte heute deutlich mehr Kapital gespart haben“, erklärte Voigtländer. Mancherorts seien es mehr als 50 Prozent als noch vor fünf Jahren. Das treffe in erster Linie junge Haushalte, die angesichts der niedrigen Zinsen wenig Geld ansparen konnten. Wer die Eigenkapitalhürde hingegen einmal überwunden habe, profitiere von den niedrigen Zinsen für Immobilienkredite.

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Erstellt:
9. August 2019, 15:56 Uhr

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