Darmflora & Demenz

Studie zeigt: Mikrobiom kann helfen Alzheimer zu erkennen

Wie entsteht Alzheimer? Und wie lässt sich die Krankheit frühzeitig erkennen? Eine neue Studie aus Tübingen und Leinfelden-Echterdingen legt nahe: Die Antwort könnte im Darm liegen.

Eine Studie aus Tübingen und Leinfelden-Echterdingen zeigt: Veränderungen im Mikrobiom können Jahre vor ersten Alzheimer-Symptomen auf eine beginnende Demenz hinweisen.

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Eine Studie aus Tübingen und Leinfelden-Echterdingen zeigt: Veränderungen im Mikrobiom können Jahre vor ersten Alzheimer-Symptomen auf eine beginnende Demenz hinweisen.

Von Matthias Kemter

Forschende der Universität Tübingen, des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) und des Diagnostikunternehmens SYNLAB haben in einer Langzeituntersuchung herausgefunden, dass sich bestimmte Veränderungen im Mikrobiom, also der Gesamtheit der Darmbakterien, Jahre vor ersten Symptomen zeigen können.

Frühwarnsystem im Darm?

Insgesamt wurden in der Studie 100 gesunde ältere Menschen über einen Zeitraum von vier Jahren beobachtet. Bei 86 von ihnen konnte die Entwicklung vollständig dokumentiert werden. Rund ein Drittel dieser Personen entwickelte in diesem Zeitraum eine sogenannte milde kognitive Beeinträchtigung (MCI), eine Vorstufe von Alzheimer, bei der das Gedächtnis oder andere geistige Fähigkeiten spürbar nachlassen, der Alltag aber noch weitgehend bewältigt werden kann.

Auffällige Darmflora bei später Erkrankten

Besonders interessant: Schon zu Beginn der Studie zeigte sich, dass das Mikrobiom der später erkrankten Personen in bestimmten Punkten auffällig war, sowohl auf genetischer als auch auf funktionaler Ebene. Entscheidend war dabei nicht die Art der Bakterien, sondern deren Funktion (z.B. welche Gene aktiv waren und welche Substanzen produziert wurden).

Die Forschenden erstellten daraus ein Modell, das mit einer Genauigkeit von bis zu 84 Prozent vorhersagen konnte, wer in den kommenden Jahren eine kognitive Verschlechterung erleben würde. Dabei war das sogenannte funktionelle Mikrobiom, also die Stoffwechselaktivität bestimmter Bakteriengruppen, ein besserer Frühindikator als das bloße Vorkommen einzelner Keime. In späteren Jahren nahm die Vorhersagegenauigkeit etwas ab, blieb aber auch nach vier Jahren mit rund 75 Prozent hoch.

Was das für die Alzheimer-Forschung bedeutet

Auch wenn die Studie längst noch keine Diagnosemethode für die Praxis liefert, zeigt sie: Das Mikrobiom ist mehr als nur Verdauung. Es steht in engem Austausch mit dem Gehirn über die sogenannte Darm-Hirn-Achse. Schon länger wird vermutet, dass Entzündungen, Stoffwechselprodukte oder auch das Immunsystem eine Rolle beim Zusammenspiel von Darm und Kopf spielen. Die Tübinger Studie ist eine der ersten, die diesen Zusammenhang über mehrere Jahre hinweg untersucht hat. Sie liefert Hinweise darauf, dass die Darmflora künftig eine Rolle bei der Früherkennung von Alzheimer spielen könnte und somit auch bei der Prävention. Weitere Studien mit größeren Teilnehmerzahlen sind allerdings nötig, um diese ersten Ergebnisse zu bestätigen und weiterzuentwickeln.

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Erstellt:
22. Juli 2025, 13:48 Uhr

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