Mehrere Länder drängen Bund zu schnellem Afghanistan-Gipfel

dpa Stuttgart/Kiel/Mainz. Wenn die Evakuierung am Flughafen in Kabul endet, heißt die bange Frage: Wie können danach gefährdete Menschen ausgeflogen werden? Aus mehreren Ländern kommt der Ruf nach einer schnellen Konferenz.

In diesem vom US Marine Corps zur Verfügung gestellten Foto halten Soldatinnen am Flughafen Kabul Babys im Arm. Foto: Sgt. Isaiah Campbell/U.S. Marine Corps/AP/dpa/Archivbild

In diesem vom US Marine Corps zur Verfügung gestellten Foto halten Soldatinnen am Flughafen Kabul Babys im Arm. Foto: Sgt. Isaiah Campbell/U.S. Marine Corps/AP/dpa/Archivbild

Sechs Bundesländer drängen den Bund zu einem Afghanistan-Gipfel. Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Berlin und Bremen forderten die Bundesregierung am Donnerstag auf, zu Gesprächen über mögliche Hilfen für gefährdete Menschen in Afghanistan einzuladen. Angesichts der dramatischen Lage nach der Machtübernahme der Taliban sei Eile geboten, betonten die Länder unisono.

Der einzige grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte den Anfang gemacht. In einem Brief der Stuttgarter Staatskanzlei an das Kanzleramt, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, heißt es, bei dem Treffen müsse es einen Lagebericht geben und über „aktuelle Überlegungen für ein Bundesaufnahmeprogramm und mögliche flankierende Maßnahmen der Länder“ gesprochen werden.

Schleswig-Holsteins Innenministerin Sabine Sütterlin-Waack sagte der dpa in Kiel: „Bund und Länder müssen gemeinsam alles dafür tun, um möglichst viele Ortskräfte, ihre Angehörigen und besonders bedrohte Personengruppen wie Frauen und Kinder aus Afghanistan zu retten.“ Sie mahnte: „Die Lage ist so dynamisch, dass wir uns sehr schnell erneut absprechen sollten.“

Etwas später riefen vier weitere Länder den Bund zu einem gemeinsamen Treffen auf. In einem gemeinsamen Brief appellieren die vier Landesregierungen von Rheinland-Pfalz, Berlin, Bremen und Thüringen an Außenminister Heiko Maas (SPD) und Innenminister Horst Seehofer (CSU), Lösungen zu finden „für Ortskräfte, die es nicht mehr nach Kabul an den Flughafen schaffen“, wie das Integrationsministerium in Mainz mitteilte. Unterzeichner sind die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Katharina Binz (Grüne), die Berliner Senatorin Elke Breitenbach (Linke), die Bremer Senatorin Anja Stahmann (Grüne) und der thüringische Minister Dirk Adams (Grüne).

„Die Bundesregierung, allen voran das Auswärtige Amt, muss endlich einen Lagebericht vorlegen, anhand dessen das Bundesamt für Migration und Flucht (BAMF) Asylentscheidungen treffen kann“, sagte Binz der dpa. „Es muss jetzt nicht nur endlich ein dauerhafter Abschiebestopp kommen.“ Nötig sei auch eine sichere Aufenthaltsperspektive und ein Bund-Länder-Programm zur dauerhaften Integration für die Menschen aus Afghanistan, die schon hier seien.

Schleswig-Holstein und Berlin haben schon angekündigt, ein Landesprogramm für in Afghanistan gefährdete Menschen auflegen zu wollen. Die Grünen-Spitze im Südwesten wünscht sich ebenfalls so ein Programm, aber die CDU im Land ist skeptisch. Allerdings ist die Lage in Afghanistan zurzeit so unübersichtlich und gefährlich, dass sich die Länder derzeit nur vorbereiten können für den Fall, dass Menschen wieder leichter evakuiert werden können.

Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatte jüngst gesagt, es gebe neben den Ortskräften auch andere Menschen, die in Gefahr seien. Geisel nannte Journalisten, Frauenrechtlerinnen, queere Menschen oder solche, die sich für Demokratie eingesetzt hätten. Der Vorstoß aus Baden-Württemberg geht in eine ähnliche Richtung. Staatskanzleichef Florian Stegmann schrieb an Kanzleramtschef Helge Braun: „Dabei ist es auch wichtig, wie wir neben Deutschen und Ortskräften, die sich noch in Afghanistan befinden, auch vielen gefährdeten Personen vor Ort helfen können.“

© dpa-infocom, dpa:210826-99-978644/4

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Erstellt:
26. August 2021, 17:09 Uhr

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