Sucht kostet Milliarden

Alkoholkranke und Spielsüchtige doppelt so häufig krank

Berlin /AFP/DPA - Millionen Arbeitnehmer haben Probleme mit Alkohol und Computerspielen, was nicht ohne Auswirkungen auf den Job bleibt. Der Krankenstand bei den Betroffenen ist mit 7,6 Prozent doppelt so hoch als bei Arbeitnehmern ohne Auffälligkeiten, wie der am Dienstag in Berlin veröffentlichte DAK-Gesundheitsreport zeigt. Zudem sind sie häufig unkonzentrierter, kommen zu spät und trinken sogar während der Arbeitszeit.

Wie die Studie „Sucht 4.0“ zeigt, gibt es bei den betroffenen Arbeitnehmern in allen Diagnosegruppen mehr Fehltage. Besonders deutlich ist der Unterschied bei den psychischen Leiden. Hier sind es mehr als dreimal so viele Fehltage. Bei Muskel-Skelett-Erkrankungen wie Rückenschmerzen gibt es ein Plus von 89 Prozent, bei Atemwegserkrankungen sind es 52 Prozent.

Insgesamt gibt es nach der DAK-Studie unter den Erwerbstätigen 6,5 Millionen abhängige Raucher. 400 000 erfüllen die Kriterien einer Computerspielsucht, und 160 000 Erwerbstätige sind alkoholabhängig. Suchtmittel können aber auch die Gesundheit gefährden und schädigen, ohne dass gleich eine Sucht oder Abhängigkeit vorliegt. Jeder zehnte Arbeitnehmer zeigt demnach einen solchen riskanten Alkoholkonsum – hochgerechnet betrifft das vier Millionen Menschen. Trinkt eine Frau mehr als 0,3 Liter Bier oder ein Mann mehr als 0,6 Liter Bier pro Tag, bewegen sie sich Fachleuten zufolge bereits in einem gesundheitlich riskanten Bereich. Bei jungen Erwerbstätigen fällt sogar jeder Sechste zwischen 18 und 29 Jahren in diese Kategorie. Der Anteil der Beschäftigten dieser Altersgruppe mit riskantem Alkoholkonsum ist fast doppelt so groß wie unter den 40- bis 49-Jährigen.

Aber auch Computerspielen kann Folgen für die Arbeitswelt haben. Rund 2,6 Millionen Erwerbstätige zeigen der Studie zufolge ein riskantes Nutzungsverhalten. Jeder Vierte davon spielt auch während der Arbeitszeit – bei Computerspielsüchtigen sogar jeder Zweite. Auch in diesem Fall sind Betroffene oft unkonzentrierter bei der Arbeit, kommen zu spät oder werden häufiger krank geschrieben. Die verbreitetste Sucht ist das Rauchen von Zigaretten. 22 Prozent der Erwerbstätigen greifen zum Glimmstängel. Unter den Jüngeren zwischen 18 und 29 Jahren gibt es mit 16,3 Prozent den geringsten Anteil. Bei den 60- bis 65- jährigen Berufstätigen raucht fast jeder Vierte (23,7 Prozent).

Die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU) forderte mehr Offenheit bei Suchtproblemen am Arbeitsplatz. „Es darf kein Tabu mehr sein, über Sucht zu sprechen“, sagte die CSU-Politikerin am Dienstag. „Sucht ist eine Krankheit. Kranken muss man helfen, egal ob Zuhause oder am Arbeitsplatz.“ Betroffene zu unterstützen sei nicht nur Aufgabe von Staat und Gesundheitssystem, sondern auch des Arbeitgebers. Insbesondere Rauchen am Arbeitsplatz sei immer noch ein Riesenthema, betonte Mortler. Die Nikotinsucht ihrer Mitarbeiter, in Hinblick auf den Verlust an Produktivität, koste die deutschen Unternehmen jedes Jahr 56 Milliarden Euro. Das sei 2,5 Mal so viel wie der gesamte Umsatz der deutschen Tabakindustrie.

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Erstellt:
17. April 2019, 03:12 Uhr

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