Südwesten strengt sich bei Energiewende an: Mäßiger Erfolg

dpa/lsw Stuttgart. Gut gemeint, nicht ganz so gut gemacht? Baden-Württemberg bemüht sich laut einer aktuellen Studie vorbildlich beim Umstieg auf erneuerbare Energien. Bei der Umsetzung allerdings hapert es.

Die Windkraftanlage auf dem Grünen Heiner. Foto: Marijan Murat/dpa

Die Windkraftanlage auf dem Grünen Heiner. Foto: Marijan Murat/dpa

Baden-Württemberg liegt beim Ausbau der erneuerbaren Energien neben Schleswig-Holstein im Ländervergleich an der Spitze - hat aber dennoch Nachholbedarf. Das ist das Ergebnis einer am Mittwoch veröffentlichten Studie im Auftrag der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE). Das Land punktet demnach vor allem mit umfassenden Klimaschutzzielen, Informationsangeboten, Monitoring, Förderprogrammen und ambitionierten Maßnahmen für mehr erneuerbare Energien beim Heizen. Die politischen Bemühungen könne das Land aber noch nicht in gleichem Maße in entsprechende Ergebnisse ummünzen. Vor allem beim Ausbau der Windenergie hakt es noch.

Die Studie betrachtet nicht nur die Erfolge, sondern auch die Anstrengungen der Länder bei der Energiewende. Das sei wichtig, um Länder wie Baden-Württemberg nicht zu benachteiligen, die mit erschwerten Startvoraussetzungen zu kämpfen hätten, sagte Magnus Maier, einer der Autoren der Studie. Dazu zählt etwa weniger Wind.

Baden-Württemberg liegt etwa bei den Anstrengungen zum Ausbau erneuerbarer Energien mit Abstand an der Spitze der Länder, bei den entsprechenden Erfolgen aber nur auf Platz fünf. So konnte man die Treibhausgasemissionen nicht im geplanten Ausmaß senken. Mit einem Anteil von erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch von 27,1 Prozent im Jahr 2017 erreicht das Land nur Rang zehn unter den Ländern. Bei der Zunahme der erneuerbaren Stromerzeugung reicht es nur für Platz zwölf.

Ein Hauptproblem im Südwesten ist der schwache Ausbau der Windenergie. „Bei der Stromerzeugung aus Windenergie, gemessen am Potenzial, belegt das Land den letzten Platz“, heißt es in der Studie. Dabei berufe man sich auf eine Untersuchung, wonach zwei Prozent der Landesfläche für Windenergie geeignet seien, sagte Maier.

Die Agentur für Erneuerbare Energien, das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) und das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) haben 61 Kriterien wie Ökostrom-Anteil, Forschung und Patente, politische Ziele und Maßnahmen oder Arbeitsplätze in der Branche verglichen. Auf Platz drei landete Bayern. Die letzten Plätze belegten Sachsen, Berlin und das Saarland. Es ist seit 2008 der sechste Bundesländer-Vergleich in dieser Reihe. Baden-Württemberg liegt seit dem ersten Vergleich 2008 in der Spitzengruppe.

In allen Ländern gebe es noch Verbesserungsmöglichkeiten, hieß es am Mittwoch in der Mitteilung zur Analyse. „Die Studie zeigt, dass es für einen erfolgreichen Fortgang der Energiewende und das Erreichen der Klimaziele noch vieler weiterer Anstrengungen in allen Bundesländern bedarf,“ betonte Frithjof Staiß vom ZSW.

Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) fühlt sich durch die Studie in seiner Energiepolitik bestätigt. Er räumte aber ein, dass Weichenstellungen allein nicht ausreichten, um die Energiewende zum Erfolg zu führen. „Es muss auch jemanden geben, der die Strecke fährt, auf der wir die Weichen stellen.“ Für den schwachen Ausbau der Windenergie kritisiert er vor allem den Bund. „Die Bundesregierung macht mit ihrer Energiepolitik den Windausbau so unattraktiv, dass es kaum noch Interesse bei Investoren und Projektierern gibt“, teilte er mit. „In Baden-Württemberg wirkt sich die Politik der Bundesregierung verheerend aus.“

Aber auch die Gemeinden stehen nach der Meinung des Umweltministers auf der Bremse. Sie müssten Bebauungspläne aufstellen und Freiflächensolaranlagen ermöglichen, sagte Untersteller der „Stuttgarter Zeitung“. „Bei uns tut der Gemeindetag alles andere, als solche Vorhaben zu unterstützen.“ Der Gemeindetag wehrte sich am Mittwoch gegen die Kritik. Der Minister schiebe den Kommunen im Land den schwarzen Peter dafür zu, dass seine Energiewende-Pläne bei den Bürgern floppten, teilte Gemeindetagspräsident Roger Kehle mit.

Der energiepolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Gernot Gruber, sprach von einem „Spitzenplatz voll heißer Luft“ für Baden-Württemberg. „Es ist schon merkwürdig, wenn das Land Baden-Württemberg einen Spitzenplatz in einem Energiewende-Ranking erreicht, obwohl dort im ganzen Jahr nur drei Windkraftanlagen gebaut wurden.“ Im halb so großen Rheinland-Pfalz seien im gleichen Zeitraum zehnmal so viele Windkraftanlagen entstanden. „Nur der Bund kann daran nicht die Schuld tragen.“ Baden-Württemberg erhalte den Spitzenplatz in der Studie vor allem für Leistungen, die nur auf dem Papier stünden. Die tatsächlichen Erfolge im Klimaschutz seien weit unter dem Bundesschnitt.

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Erstellt:
27. November 2019, 16:46 Uhr

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