Sulzbach beschließt Veränderungssperre

Der Gemeinderat legt fest, dass in zwei Gebieten innerhalb des Ortes erst gebaut werden darf, wenn ein Bebauungsplan vorliegt. Mit einem solchen Plan möchte die Gemeinde die Art und vor allem den Umfang künftiger Bauvorhaben steuern.

Die drei Häuser südlich der oberen Backnanger Straße sollen abgerissen werden. Die Pläne eines Investors für einen Neubau sind jedoch zu ambitioniert ausgefallen. Foto: Ute Gruber

© Ute Gruber

Die drei Häuser südlich der oberen Backnanger Straße sollen abgerissen werden. Die Pläne eines Investors für einen Neubau sind jedoch zu ambitioniert ausgefallen. Foto: Ute Gruber

Von Ute Gruber

Sulzbach an der Murr. Dank ihrer schönen Lage, der passablen Infrastruktur und der inzwischen guten Bahnanbindung hat sich die 5400 Einwohner zählende Gemeinde am Tor zum Schwäbischen Wald in den vergangenen Jahren zu einem beliebten Wohnort gemausert, der offenbar auch attraktiv für Bauinvestoren ist. Um hier aber baulichem Wildwuchs Einhalt zu gebieten, der geschäftstüchtige Blüten zu treiben offenbar im Begriffe war, hat der Gemeinderat am vergangenen Dienstag in seiner Sitzung einstimmig an zwei Standorten im Ortskern eine Veränderungssperre angeordnet. Dies bedeutet, dass keine baulichen Veränderungen vorgenommen werden dürfen, bis ein genehmigter Bebauungsplan für das betreffende Gebiet vorliegt. Einen solchen aufzustellen wurde bereits beschlossen.

Bauleitplanung soll gesichert werden

„Bei einer Veränderungssperre handelt es sich um ein Sicherungsinstrument der Bauleitplanung“, erläutert Hauptamtsleiter Michael Heinrich. Man wolle nun mit einem Städteplaner Art und vor allem auch Maß der zukünftigen Bebauung der beiden Ortslagen festlegen, „bevor uns da einer reingrätscht“. Diese Vorgaben der Gemeinde sind dann für künftige Bauvorhaben verbindlich, während aktuell – ohne Bebauungsplan – nach §34 Baugesetzbuch die Einflussnahme der Gemeinde bei rechtskonformen Bauplänen nur sehr eingeschränkt möglich ist. Zum Beispiel würde nach Landesrecht ein Pkw-Stellplatz je Wohneinheit genügen, was den heutigen Verhältnissen oft nicht mehr gerecht wird.

Von Veränderungssperre betroffen ist einerseits das Gebiet südlich der oberen Backnanger Straße zwischen Brühlgasse und der Galerie 498. Offenbar wurden in diesem Bereich Flurstücke (zu einem sehr guten Preis) verkauft; ein aufgebrachter Anwohner berichtet von Plänen für 35, später korrigiert auf 22 Wohneinheiten inklusive Tiefgarage auf knapp elf Ar Gesamtfläche. „Da waren 21 Stellplätze in der Tiefgarage eingezeichnet, aber so eng – die hätten nicht mal aussteigen können.“ Zu wenig Stellplätze – und dabei ist das Parkplatzproblem in der Backnanger Straße ohnehin ein Dauerbrenner. Abgerissen sollen zu diesem Zweck anscheinend neben zwei Scheunen auch drei alte Häuser an der Backnanger Straße, die teils reichlich heruntergewohnt sind. In der Gemeinde hält man sich zu diesem Thema jedoch bedeckt.

Neubauten müssen zum Ortsbild passen, sonst sind Konflikte vorprogrammiert

Nur so viel ist dem Hauptamtsleiter zu entlocken: „Das ist hier die alte Ortseingangsstraße, außerdem ist hier gleich das Schulzentrum mit der Bushaltestelle und es gibt auch Handel und Gewerbe, also gemischte Nutzung. Wir sind natürlich an einer positiven städtebaulichen Entwicklung interessiert und freuen uns grundsätzlich über engagierte Bauherren“, stellt er klar, schränkt aber gleich ein: „Das muss sich ja hier ins Ortsbild einfügen, sonst sind Konflikte vorprogrammiert.“

Also wird man sich für das Gebiet jetzt über erlaubte Geschosszahl, Anzahl der Stellplätze, vorgeschriebene Grünflächen, Dachform oder Heizung Gedanken machen. Sobald der Plan vorliegt, können Öffentlichkeit und Behörden dazu Stellung beziehen. Ähnliches gilt für das zweite Ortsgebiet, für das prophylaktisch eine Veränderungssperre ausgesprochen wurde: das Gebiet südlich der Murr zwischen Bahnhofstraße und Uferstraße. In diesem Mischgebiet, in dem sich noch einige unbebaute Parzellen befinden, sind mehrere Gewerbebetriebe angesiedelt. Diesen Charakter zu erhalten ist der Gemeinde sehr wichtig, denn „freie Gewerbeflächen sind auf Gemeindegebiet knapp“. Gewerbebetriebe wiederum tragen sehr zum Wohlstand der Gemeinde bei, vertragen sich mit ihren Emissionen aber nicht unbedingt mit intensiver Wohnbebauung.

Einige Menschen aus Sulzbach würden dem abgerissenen Eckhäuschen mit der Nummer 65 in der Backnanger Straße jedenfalls nachtrauern: die italienische Familie, die über 30 Jahre darin gewohnt, sich eine Idylle mit handgemauertem Pizzaofen in dessen Gärtchen geschaffen und sich jahrelang vergeblich um dessen Kauf bemüht hat, und der Verein zur Erhaltung des historischen Sulzbach, dem ein weiteres geschichtliches Gebäude verloren geht, denn hier war früher die Schmiede des Sulzbacher Jagdschlösschens untergebracht.

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Erstellt:
30. September 2022, 06:00 Uhr

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