Sulzbacher Kultdisco Belinda lebt
Genossenschaft ist gegründet – Jetzt stehen Brandschutz- und Umbaumaßnahmen im Begegnungs- und Kulturzentrum Akzente an
Das Überleben der Sulzbacher Kultdisco Belinda ist gesichert. Die Gründung der Genossenschaft „Begegnungs- und Kulturzentrum Akzente eG“ ist besiegelt. Rund 500000 Euro von etwa 260 Mitgliedern sind bereits zusammengekommen. In dieser Woche wurde der Deal mit dem bisherigen Eigentümer abgeschlossen. Im Herbst wird umgebaut, saniert und der Brandschutz verbessert.

© Jörg Fiedler
Der Getränkemarkt vor dem Umbau: In dem Raum, in dem einst Kisten mit Flaschen lagerten und jetzt Gottesdienste gefeiert werden, erläutert Willi Beck, welche Umbauarbeiten bevorstehen. So sollen Decke und Wände (hinten) komplett entfernt werden, um viel Platz zu schaffen. Foto: J. Fiedler
Von Florian Muhl
SULZBACH AN DER MURR. „Der spannendste Moment war, ob das überhaupt klappt. Ich saß auf glühenden Kohlen“, sagt Willi Beck. Der Diakon der Akzente-Gemeinde atmet tief durch. Und schmunzelt: „Es hat geklappt.“ Aber es war eine Kugelfuhr. Beck schaut auf den prall gefüllten Leitz-Ordner. So viele Schriftwechsel kamen zusammen. Ein zweiter Ordner steht noch im Büro. Immerhin war und ist ein Projekt mit einem Gesamtvolumen von zwei Millionen Euro zu schultern. Der gelernte Kaufmann ist jetzt seit drei Wochen dabei, diejenigen 280 Mitglieder zu kontaktieren, die versprochen hatten, mindestens einen Anteil à 1000 Euro zu erwerben. Böse Zungen hatten im Vorfeld behauptet: Zusagen kann’s viele geben, aber wenn’s mal konkret wird und ans Zahlen geht, werden viele wieder abspringen. Pustekuchen. Beck hat andere Erfahrungen gemacht. Alle Mitglieder bleiben bei der Stange. „Meine Einschätzung war richtig. Die schlimmen Befürchtungen haben sich nicht bewahrheitet“, sagt der 62-Jährige.
Die erste Hürde, die Gründung der Genossenschaft, ist genommen. Jetzt hat der zweiköpfige Vorstand die nächste Herausforderung zu schultern: den Brandschutz und die damit verbundenen Sanierungs- und Umbaumaßnahmen. Was alles in puncto Sicherheit getan werden muss, wird sich in den kommenden Wochen und Monaten herausstellen. Klar ist für den Vorstand, neben Willi Beck gehört noch der 59-jährige Bankkaufmann Matthias Gärtner aus Murrhardt dazu, dass die Kosten für den Brandschutz mit Sicherheit eine sechsstellige Summe erreichen werden. Denn zum verschachtelten Gebäudekomplex gehören nicht nur die Belinda, das Rockcafé und Wohnungen, sondern auch die Schlösslebräu-Gaststätte und der ehemalige Getränkemarkt. Jeder der Gebäudeteile soll durch die Umbaumaßnahmen entkoppelt werden mit dem Ziel, dass wenn in einem der Gebäudeteile ein Brand ausbricht, das Feuer nicht beziehungsweise nicht sofort auf die anderen überschlägt.
Einiges an Geld werden auch Sanierungsmaßnahmen in der Belinda verschlingen, denn die älteste Rockdiscothek Deutschlands, die 1970 ihre Türen öffnete, ist in die Jahre gekommen. Thekenbereich, sanitäre Anlagen – da muss einiges gemacht werden. „Wobei der Charakter der Belinda an sich nicht verloren gehen darf.“ Zudem erhält der „Kessel“ erstmals einen barrierefreien Zugang. Ein größeres Projekt wird auch der Umbau des ehemaligen Getränkemarkts zur schmucken Versammlungshalle sein, in der 200 bis 250 Gäste Platz finden werden. Dazu soll der Holzdachboden entfernt werden, sodass die Halle bis unters Dach einen großen weiten Raum ergibt. Zudem soll eine Empore eingebaut werden. In der Halle, in der zukünftig unterschiedlichste kulturelle Veranstaltungen sowie auch private Feste stattfinden können, werden derzeit die Gottesdienste mit viel Musik veranstaltet. Beck gefällt der Gedanke schon seit vielen Jahren, dass nicht nur die Leute zur Kirche kommen, sondern auch die Kirche zu den Leuten. Folgendes Ziel, das in der Präambel der Satzung festgeschrieben ist, will die Genossenschaft erreichen: „Wir wollen zusammenbringen, was zusammengehört: Gesellschaft und Kirche, Dorf und Region, Menschen und Kultur, Tradition und Innovation. Dafür bieten wir Räume. Wir wollen Möglichkeiten für Begegnungen schaffen, die eine Bewegung auslösen, die den ländlichen Raum stärkt.“ Aus diesem Grund will Beck im Frühjahr einen Zuschuss aus dem Leader-Programm beantragen. Mit dem Umbau soll auf jeden Fall im Sommer/Herbst 2019 begonnen werden.

Der Getränkemarkt nach dem Umbau: So könnte die Halle aussehen, in der 200 bis 250 Personen Platz finden, um Kultur generationsübergreifend erleben zu können. Visualisierung: Akzente-Gemeinde