Tafelhaus und Kochschule schließen

Lars Schürer sieht nach 19 Jahren in Backnang aufgrund der Coronakrise keine wirtschaftliche Perspektive mehr für sein Geschäftsmodell

Im gastronomischen Bereich klafft demnächst eine weitere Lücke in Backnang. Nach 19 Jahren schließt Lars Schürer das Restaurant Tafelhaus samt der angegliederten Kochschule. Der 39-Jährige nennt als Grund, dass sein Geschäftsmodell aufgrund der Coronakrise nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben sei. Wie es für ihn und seine Frau Yvonne weitergeht, ist derzeit noch völlig offen.

Die Kochschule war ein wesentliches Standbein des Geschäftsmanns Lars Schürer. Aber eben diese Kochkurse sind Veranstaltungen, bei denen die Abstandsregelungen nicht eingehalten werden können und die deshalb vermutlich das gesamte Jahr über nicht zugelassen werden können. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Die Kochschule war ein wesentliches Standbein des Geschäftsmanns Lars Schürer. Aber eben diese Kochkurse sind Veranstaltungen, bei denen die Abstandsregelungen nicht eingehalten werden können und die deshalb vermutlich das gesamte Jahr über nicht zugelassen werden können. Foto: A. Becher

Von Matthias Nothstein

BACKNANG. Der erfolgreiche Wirt hat in den vergangenen 19 Jahren schon einiges mitgemacht. „Wir gingen schon durch die Wirtschaftskrise und die Finanzkrise. Aber das jetzt ist anders. Bei der Eurokrise hatten wir wenigsten noch eine Perspektive, die haben wir jetzt nicht mehr.“ Das Aus kam Schürer zufolge eigentlich schon, als das Restaurant wegen des Virus wie alle anderen von Amts wegen geschlossen wurde: „Uns wurde das Restaurant genommen. Wir hatten keinen Umsatz mehr, aber die gleichen Kosten wie eh und je.“ Die Aufgabe des Restaurants und der Kochschule ist dem Mann aus Chemnitz nicht leichtgefallen: „Das war mein Leben.“ Zuletzt stand der Geschäftsmann vor zwei Alternativen: „Entweder ich ziehe jetzt die Notbremse und schließe. Oder ich mache weiter und nehme Monat für Monat ein neues Defizit in Kauf.“

Der leidenschaftliche Koch zieht schweren Herzens die Notbremse

Schweren Herzens entschied sich Schürer nun für die Notbremse. Und er stellt klar, dass dies ohne Corona nicht passiert wäre: „Das Geschäft lief gut, zuletzt sogar super, bis Corona.“ Dies hing damit zusammen, dass das Tafelhaus für seine besondere Küche bekannt war. „Wir waren kein Standardlokal, in dem es Schnitzel mit Pommes gab“, formuliert es der scheidende Koch. Vielmehr versuchte der Koch aus Leidenschaft immer regional und modern zu kochen und mit der Zeit zu gehen. So baute er zuletzt sogar sein Gemüse, die Kräuter und die Salatpflanzen selbst an. Oft war die Gaststätte bestens besucht. Im Gewölbekeller und der Lounge fanden 45 Gäste Platz, in zwei Nebenräumen weitere 35 und 20 Gäste.

Zum Erfolg trug nicht nur die Speisegaststätte bei, sondern zunehmend auch die Kochschule. Ein bis zwei Kochkurse pro Woche für bis zu 18 Personen standen im Kalender. Aber gerade dieses Standbein ist und bleibt von der Krise besonders betroffen, weil hier beim gemeinsamen Kochen die Abstandsregelungen nicht eingehalten werden können. Die Kochschule musste daher schon eine Woche vor der Gaststätte wegen des Risikos schließen und hätte voraussichtlich auch das gesamte Jahr über nicht mehr öffnen dürfen.

Von der Schließung betroffen sind Schürer und seine Frau Yvonne sowie eine weitere Küchenhilfe. Die Zeiten, in denen Schürer neun Mitarbeiter beschäftigte, gehören der Vergangenheit an. „Wir haben vor einigen Jahren in einigen Bereichen reduziert“. Für die meisten bisherigen Gäste ist die Schließung laut Schürer überraschend gekommen. „Aber nachdem wir vergangene Woche den Pachtvertrag gekündigt haben und jetzt schon am Ausräumen sind, wollten wir jetzt auch an die Öffentlichkeit, damit nicht irgendwelche Gerüchte entstehen.“ Derzeit räumt Schürer die beiden Häuser in der Schillerstraße mit jeweils vier Etagen leer. Dies ist viel Arbeit, da nicht nur die Wirtschaft aufgelöst wird, sondern auch die Wohnung und die Lager. Und wie geht es weiter? „Man muss immer einen Plan B haben, aber bei mir ist noch nichts spruchreif“, so Schürer. „Letztendlich kam das Aus auch für uns überraschend.“

Enttäuscht ist der Gastronom über die fehlende Unterstützung. Klar, der Vermieter zum Beispiel pocht auf seine Miete. Dass aber die staatliche Soforthilfe noch nicht fließt, dafür zeigt Schürer wenig Verständnis. Auf der Homepage des Ministeriums heißt es seinen Angaben zufolge nur, man müsse sich wegen einiger Betrugsfälle noch gedulden. Mitte Mai werde das Geld vermutlich fließen. Für Schürer aber ist dies keine Perspektive. „Und wenn die 9000 Euro wirklich kommen, dann ist das bei den laufenden Kosten nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein.“

Im Rückblick ist Schürer mit seinem Engagement in der Murr-Metropole sehr zufrieden. Er kam als 21-Jähriger in die Stadt, machte sich mit einem gehörigen Schuss Leichtsinn selbstständig und erweiterte all die Jahre sein Angebot. „Wir haben die Gastroszene ein Stück weit mitgeprägt. Ich habe in den 19 Jahren viele kommen und gehen gesehen. Und jetzt sind halt wir an der Reihe, die gehen. Aber die Situation zwingt uns zu diesem Schritt.“

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Erstellt:
6. Mai 2020, 06:00 Uhr

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