Tausende Polizisten im Südwesten haben einen Nebenjob

dpa/lsw Stuttgart. Zahlreiche Polizisten verdienen sich außerhalb ihres Dienstes noch ein Zubrot. Sie sind Fahrlehrer, Taxifahrer oder auch Hausmeister. Ohne Genehmigung geht aber nichts.

In Westen gekleidete Polizisten. Foto: Silas Stein/dpa/Archivbild

In Westen gekleidete Polizisten. Foto: Silas Stein/dpa/Archivbild

Vom Talentscout der spanischen Fußballnationalmannschaft bis zum Fahrlehrer: Jeder siebte von den rund 28 900 Beamten bei der Polizei in Baden-Württemberg hat noch einen Nebenjob. Aktuell sind 4024 (Stand: Oktober 2019) Beamte nebenher tätig, wie das Innenministerium in Stuttgart auf eine SPD-Landtagsanfrage mitteilte. Meistens arbeiten sie demnach im Gewerbe- und Dienstleistungssektor. Danach folgen Sport-, Kunst- und Sozialtätigkeiten. Zunächst hatten „Heilbronner Stimme“ und „Mannheimer Morgen“ am Donnerstag darüber berichtet.

Die oppositionelle SPD und FDP forderten das Innenministerium auf, mehr Details über die Zusatzjobs zu liefern. Der SPD-Abgeordnete Sascha Binder sagte: „In einem nächsten Schritt wollen wir deshalb in Erfahrung bringen, ob besonders viele Polizisten in Großstädten einen Zweitjob nachgehen, etwa in Folge von hohen Mietkosten.“ Der Landeschef der Gewerkschaft der Polizei, Hans-Jürgen Kirstein, sagte, die hohen Mieten in den Großstädten und auch Fahrkosten vom Wohnort zum Arbeitsplatz seien sicherlich zwei Gründe, dass Beamte nebenher arbeiten müssten.

Der FDP-Politiker Ulrich Goll sagte: „Aufgabe des Landes ist es, seinen Beamten und Angestellten eine angemessene Bezahlung zu gewährleisten.“ Es sei wichtig, jetzt zu prüfen, ob dies in den Ballungsräumen noch gewährleistet sei. Die aktuell meisten Nebentätigkeiten üben Polizeivollzugsbeamte mit der Besoldungsstufe A9 (2729 bis 3535 Euro Monatsgehalt) aus, gefolgt von A10-Beamten (2922 bis 3960 Euro Monatsgehalt). Zu dem monatlichen Bruttogehalt kommen noch Zulagen hinzu, wie ein Ministeriumssprecher erläuterte. Genehmigen lassen müssen die Beamten ihren Nebenjob bei dem für sie zuständigen Polizeipräsidium.

Die Palette der Zusatzjobs ist laut Innenministerium breitgefächert. Sie reicht vom Fahrlehrer bis hin zur Mithilfe im elterlichen Betrieb oder einer Tätigkeit als Taxifahrer. Es gebe einen baden-württembergischen Polizeibeamten, der sogar im Trainerstab der spanischen Fußballnationalmannschaft als Spielerbeobachter tätig sei, bestätigte ein Ministeriumssprecher.

Der Landeschef der Deutschen Polizeigewerkschaft, Ralf Kusterer, sagte: „Man muss einfach auch zur Kenntnis nehmen, dass in Baden-Württemberg in der Vergangenheit erhebliche Einschnitte bei den Beamten vorgenommen wurden.“ Nicht umsonst führt der Beamtenbund Musterprozesse wegen der Frage der amtsangemessenen Bezahlung.

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Erstellt:
21. November 2019, 15:02 Uhr

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