Ein Jahr nach Dreifach-Suizid

Teilrückbau des Pforzheimer Aussichtsturms in vollem Gange

Vor einem Jahr haben sich drei Mädchen mit einem Sprung vom Pforzheimer Aussichtsturm „Hohe Warte“ das Leben genommen. Jetzt wird er wegen Einsturzgefahr teilweise zurückgebaut.

Die Arbeiten am Pforzheimer Aussichtsturm „Hohe Warte“ laufen seit vergangenem Montag und sollen bis zum Ende der Woche abgeschlossen sein.

© Dominik Mokrski, Stadt Pforzheim/Ljiljana Berakovic

Die Arbeiten am Pforzheimer Aussichtsturm „Hohe Warte“ laufen seit vergangenem Montag und sollen bis zum Ende der Woche abgeschlossen sein.

Von Florian Dürr

Wer sich dieser Tage dem Pforzheimer Aussichtsturm „Hohe Warte“ nähert, hört schon auf dem Weg durch den Wald von weitem den Kran und die Hubarbeitsbühnen. Das fast 40 Meter hohe Bauwerk wird seit dem vergangenen Montag teilweise zurückgebaut. Seit dem Suizid von drei Mädchen vor einem Jahr ist der Turm gesperrt.

Hintergrund des nun gestarteten Teilrückbaus ist die Einsturzgefahr, die ein Gutachten ans Licht gebracht hat. Bis zum Ende dieser Woche soll der Turm – wenn das Wetter mitspielt – bis auf eine sichere Höhe von rund 15 Metern schrittweise zurückgebaut werden, teilt die Stadt Pforzheim mit.

Wiederaufbau des Aussichtsturms oder andere Bauweise?

„Oberste Priorität hat für uns die Sicherheit aller - auch mit Blick auf unkalkulierbare Wetterlagen im Winter“, begründet Pforzheims Baubürgermeister Tobias Volle. Im Falle eines Sturms könnten Teile des Turms „versagen“, heißt es. Die abgebauten Holzbauteile werden in der Nähe des Turms gelagert und weiter untersucht.

„Von dem Ergebnis dieser Untersuchung wird abhängen, ob und wie die Hohe Warte in ihrer bisherigen Form wieder aufgebaut werden kann oder ob eine andere Bauweise erforderlich wäre“, heißt es in der Mitteilung der Stadt. Ob die Arbeiten aber tatsächlich wie geplant am kommenden Freitag abgeschlossen sein werden, sei wetterabhängig. „Da ein Großteil der Arbeiten in großer Höhe stattfindet, kann vor allem starker Wind den Ablauf verzögern“, informiert die Stadt Pforzheim.

Drei mögliche Szenarien für die Zukunft des Pforzheimer Turms

Der Aussichtsturm hatte Ende November 2024 traurige Bekanntheit erlangt, als sich drei Mädchen aus der 8. Klasse mit einem Sprung von dem Bauwerk das Leben nahmen. Seitdem war der Zugang gesperrt – und im angrenzenden Pforzheimer Stadtteil Hohenwart entbrannte eine Diskussion über die Zukunft des Turms. Die einen setzten sich für eine Sicherung ein, andere wollten die Wiedereröffnung mit Hinweisschild „Betreten auf eigene Gefahr“.

Im September dieses Jahres veröffentlichte die Stadt Pforzheim dann das Gutachten, nach dem Baubürgermeister Volle drei mögliche Szenarien für die Zukunft des Turms skizzierte: Erstens der Erhalt des Bauwerks, falls weitere Untersuchungen doch die Möglichkeit einer Sanierung zeigen sollten. „Dies wäre allerdings nur ohne zusätzliche Sprungschutzmaßnahmen möglich, da die Konstruktion des Turms keine zusätzlichen Lasten aufnehmen kann“, hieß es.

Anwohner: „Für viele Hohenwarter ist der Turm ein Identifikationsobjekt“

Zweitens, der Abbau des Turms: „Entweder ersatzlos oder mit anschließender Errichtung eines neuen Aussichtsturms.“ Was jedoch Kosten in Millionenhöhe bedeuten würde. Oder drittens: Der Rückbau mit „alternativer Nutzung des Standorts – etwa für andere Freizeit- oder Aufenthaltsangebote“. Vor den Bauzäunen steht am Dienstag auch Patrick Eisenhardt aus Pforzheim-Hohenwart mit seinen beiden Huskys. Der 48-Jährige hat die Schreie der Mädchen damals gehört, als er mit seinen Hunden im Wald unterwegs war.

Seitdem setzt er sich für die Sicherung des Turms ein. „Es ist gut, dass der Turm jetzt überprüft wird“, sagt er und wünscht sich von der Stadt Pforzheim, das Gutachten zu veröffentlichen, um keinen Raum für Spekulationen zu lassen. Und: „Für viele Hohenwarter ist der Turm ein Identifikationsobjekt“, sagt Eisenhardt, „es wäre schön, wenn man einen sanierten und gesicherten Turm wieder öffnen könnte.“

Sie haben suizidale Gedanken? Hier wird Ihnen geholfen 

Wenn Sie selbst unter Depressionen leiden oder Suizidgedanken haben, wenden Sie sich bitte sofort an die Telefonseelsorge. Auch wenn eine nahestehende Person betroffen ist, zögern Sie nicht, die Telefonseelsorge zu kontaktieren. Telefonnummer: 0800 1110 111

Hilfe für Betroffene und Angehörige

Es ist wichtig, dass Eltern, Verwandte und Freunde besonders aufmerksam sind, wenn bei Kindern oder Jugendlichen Anzeichen von Depressionen oder Suizidgefahr auftreten. Im Jahr 2023 war Suizid die häufigste Todesursache bei jungen Menschen im Alter von 10 bis 25 Jahren.

Auch hier gibt professionelle Hilfe:

www.deutsche-depressionshilfe.de

Info-Telefon Depression für Betroffene und Angehörige: 0800 33 44 5 33

E-Mail-Beratung für Betroffene und Angehörige: bravetogether@deutsche-depressionshilfe.de

Kinder und Jugendtelefon: 116 111 (Montag bis samstags 14 bis 20 Uhr)

Eine Liste mit Hilfsangeboten findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention: https://www.suizidprophylaxe.de/

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Erstellt:
2. Dezember 2025, 19:34 Uhr

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