IAA Transportation

Teure Energie gefährdet Zukunftsjobs

Um Abhängigkeiten zu vermeiden, will die Nutzfahrzeugbranche Batterien auch in Europa produzieren. Doch die hohen Energiepreise verschlechtern Deutschlands Chancen auf diese Jobs. Daimler und Bosch setzen parallel auf mehrere Technologien.

Elektrische Lkw nehmen auf der IAA Transportation eine wichtige Rolle ein.

© dpa/Julian Stratenschulte

Elektrische Lkw nehmen auf der IAA Transportation eine wichtige Rolle ein.

Von Klaus Köster

Die hohen Energiepreise in Deutschland erschweren nach Ansicht von Daimler-Truck-Chef Martin Daum Entscheidungen für eine Fertigung von Batterien für den Elektro-Lkw in Deutschland. Da derzeit fast alle weltweit benötigten Batterien aus Fernost kämen, sei es wichtig, Batterien auch in Nordamerika und Europa zu fertigen. Entscheidend für die Wahl der Standorte seien allerdings die Verfügbarkeit und der Preis von Strom. „Da sehe ich Deutschland mit einem klaren Wettbewerbsnachteil, wenn ich mir die Energiepreise ansehe“, sagte Daum auf der IAA Transportation, der weltgrößten Nutzfahrzeugmesse in Hannover.

Wachstum bei E-Lastern

Der Chef des weltgrößten Lkw-Herstellers mit Sitz in Leinfelden-Echterdingen rechnet mit einem starken Wachstum der E-Mobilität im Nutzfahrzeugsektor. Der Anteil batterieelektrischer Laster und solcher, die von der wasserstoffbasierten Brennstoffzelle angetriebenen werden, könne bis 2030 auf bis zu 60 Prozent des gesamten Absatzes steigen, so Daum.

Auf der Messe stellte der Konzern den Schwerlast-Lkw eActros vor, der mit einer Batterieladung bis zu 500 Kilometer weit fahren kann. Dieser lasse sich in weniger als einer halben Stunde von 20 auf 80 Prozent der Batteriekapazität aufladen, wenn eine Leistung von einem Megawatt zur Verfügung stehe. Im Interview mit unserer Zeitung hatte Daum zuvor kritisiert, dass Deutschland von solchen Ladeleistungen noch weit entfernt sei. Für das Schnellladen von Autos werden deutlich niedrigere Leistungen angeboten. Die Wirtschaftlichkeit des Betriebs eines Lkw hänge aber auch davon ab, wie lange er an der Ladesäule stehen muss.

Anspruch an die Ladesäulen

Die Strommengen, die ein Lkw an Bord hat, sind wesentlich höher als bei einem Pkw. So verfügt der Mercedes EQS, die vollelektrische Version der Mercedes-S-Klasse, bei einer Reichweite von knapp 800 Kilometern über eine Batteriekapazität von rund 108 Kilowattstunden. Der eActros dagegen hat rund 600 Kilowattstunden an Bord.

Der Ausbau der Infrastruktur fürs Laden ist nach Ansicht von Karin Rådström, bei Daimler Truck für Europa und Lateinamerika sowie die Marke Mercedes-Benz Lkw verantwortlich, eine größere Herausforderung als die Verfügbarkeit elektrischer Nutzfahrzeuge. Zu den Herausforderungen zähle auch, bei den Kunden Zweifel an der Verlässlichkeit der Batterietechnologie auszuräumen und Vertrauen aufzubauen.

Kosten müssen stimmen

Bei den Gesamtkosten müsse die Batterietechnologie absolut wettbewerbsfähig sein. Rådström zeigte sich zuversichtlich, die Kosten für elektrische Nutzfahrzeuge mit wachsenden Stückzahlen senken zu können. Angesichts des wachsenden Anteils elektrischer Fahrzeuge erwartet sie, dass in den nächsten fünf bis sieben Jahren die Restwerte für gebrauchte Diesel-Lkw sinken werden.

Die Brennstoffzellentechnologie gilt aufgrund ihrer hohen Leistung und Reichweite als besonders geeignet für lange Strecken und schwere Lasten, während die Batterie aufgrund der hohen Kosten und ihres hohen Gewichts eher für geringere Reichweiten und Lasten geeignet ist. Es gebe jedoch keine scharfe Grenze zwischen beiden Technologien, so Rådström. Vielmehr gebe es einen großen Bereich von Anwendungen, in dem sich die beiden Technologien überschneiden. Auch innerhalb der Batterietechnologie gebe es Spielräume. Eine höhere Reichweite gehe zu Lasten des Ladevolumens, da dafür größere Batterien notwendig sein; umgekehrt lasse es sich bei Lkw mit kleineren Batterien ein höheres Ladevolumen realisieren, allerdings zulasten der Reichweite.

Nicht nur auf eine Technologie setzen

Auch Bosch sprach sich auf der IAA dafür aus, auf verschiedene Technologien zu setzen. Es werde je nach Anwendung mehr als einen klimaneutralen Lkw-Antrieb geben, sagte der Chef der Bosch-Sparte Mobility Solutions, Markus Heyn. Zuvor hatte er im Interview mit unserer Zeitung vor einer zu großen Abhängigkeit von der batterieelektrischen Mobilität und damit von der Verfügbarkeit von Batterien gewarnt. Es sei wichtig, rechtzeitig Alternativen vorzubereiten. Neben einem batterieelektrischen Antrieb arbeite Bosch auch an der Brennstoffzelle und am Wasserstoffmotor. Bis 2030 solle der Betrieb eines Brennstoffzellen-Lkw nicht teurer sein als der eines Diesels, so Heyn.

Daimler Truck sieht die Konjunktur der Nutzfahrzeugbranche auf einem hohen Niveau. In den beiden vergangenen Jahren hätte die Zahl der Auslieferungen deutlich höher ausfallen können, wäre die Versorgungslage besser gewesen, so Martin Daum. Er setzt darauf, dass zurückgestaute Aufträge auch dann noch für Auslastung sorgen werden, wenn sich die Konjunktur verschlechtert.

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Erstellt:
19. September 2022, 20:38 Uhr

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