Trikotsammler mit sportlichem Ehrgeiz

Sammellust (14) Mit sechs Jahren begann Kevin Layer, unterstützt von seinen Eltern, Handballtrikots zu sammeln. Mittlerweile ist die Anzahl der Shirts dreistellig und der junge Handballfan über die Landesgrenzen hinaus bekannt.

Ein besonderes Foto dokumentiert den Beginn der Sammelleidenschaft, die Kevin Layer (vorne) mit seinem Vater Rolf teilt. Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

Ein besonderes Foto dokumentiert den Beginn der Sammelleidenschaft, die Kevin Layer (vorne) mit seinem Vater Rolf teilt. Fotos: Alexander Becher

Von Valentin Schmid

Auenwald. „Keins davon ist gekauft“, sagt Rolf Layer selbstbewusst. Er sitzt mit seiner Frau Valy und dem Sohn Kevin im Wohnzimmer, umringt von Dutzenden bunten Shirts. Mit der Unterstützung seiner Eltern und einem Ehrgeiz, wie ihn wohl nur Sportler kennen, hat Kevin Handballtrikots aus ganz Deutschland zusammengetragen, manche sogar aus dem Ausland.

Um den Ursprung der Sammellust zu verstehen, muss man Rolf Layer zuhören: „Ich bin schon seit 40 Jahren Fan der Oppenweiler Handballer.“ Er habe Kevin auf seine ersten Handballspiele mitgenommen, als der fünf Jahre alt war. Am 28. September 2013 kam es dann zu einem bemerkenswerten Ereignis beim Spiel des TV Oppenweiler (heute HCOB) gegen den VfL Pfullingen, erzählt Layer weiter. Mit den Worten „pass gut drauf auf“ habe der Rekordspieler des Handballclubs Oppenweiler/Backnang, Stefan „Ede“ Merzbacher, Kevin sein Trikot in die Hand gedrückt. „Nach dem Warmlaufen kam er zu mir“, erinnert sich Kevin. Danach konnte er sein Glück kaum fassen. Im Lauf der nächsten Spiele entwickelte er langsam aber sicher den Ehrgeiz, noch mehr von den begehrten Trikots zu haben.

Jedes Trikot hat seine eigene Geschichte

Heute passt seine Kollektion in keinen Kleiderschrank mehr. Was die genaue Anzahl angeht ist sich die Familie nicht ganz einig. Sie habe 105 gezählt, sagt Valy Layer; „es sind mehr“, meint Vater Rolf und der mittlerweile 15-jährige Kevin plädiert für 110. Die Trikots stammen natürlich nicht nur aus Backnang und Oppenweiler: Auch in Bittenfeld, Bietigheim und Göppingen besuchen die drei regelmäßig Handballspiele und sind darüber hinaus bei einer Vielzahl von Handballhighlights anzutreffen. Daher sind sich alle drei einig: Jedes Trikot erzählt eine ganz eigene Geschichte. Mit dem TV Bittenfeld etwa war die Familie über fünf Jahre in der Ersten und Zweiten Bundesliga unterwegs, auch auf Auswärtsspielen. Valy und Kevin seien sogar Trommler bei den Wild Boys, dem Fanklub des Vereins, gewesen. Ein Unikat in seiner Sammlung zeugt von dieser Zeit, meint Kevin, und zeigt auf ein besonders großes Trikot mit der Aufschrift „Johnny“. Das Außergewöhnliche daran: Den Namen Johnny Blue trägt nicht etwa ein Spieler, sondern das Maskottchen der Erstligisten. Solche Trikots seien eigentlich unmöglich zu bekommen, grinst Rolf Layer: „Dafür haben wir alles in Bewegung gesetzt.“

Das WM-Trikot von Pascal Hens.

© Alexander Becher

Das WM-Trikot von Pascal Hens.

Generell hat es Kevin nicht nur auf die Trikots der Spieler abgesehen. Auch ein Shirt vom gut befreundeten Trainer Hartmut Mayerhoffer und das Trikot von „Weltschiedsrichter“ Lars Geipel sind in der Sammlung zu finden, um nur einmal zwei Beispiele zu nennen.

Für die Trikots ist Kevin, der einst selbst bei den Bambinis begonnen hatte Handball zu spielen, kein Weg zu weit. Eines hat er zum Beispiel bei einem Tippspiel gewonnen, ein anderes als Fan des Tages erhalten, nachdem er vor der Stadionkamera einen kleinen Tanz aufführte.

Nichts geht über Beziehungen

Der wichtigste Schlüssel zum Sammlererfolg seien aber persönliche Beziehungen, erklärt Rolf Layer. Für die Dritte Handballliga Süd hat er ein Netzwerk aufgebaut, das seinesgleichen sucht: Fast 2500 Mitglieder hat die gleichnamige Facebook-Gruppe, die er seit sieben Jahren verwaltet. Die 14 Vereine der Liga vernachlässigen ihre Internetseiten manchmal, erklärt Valy Layer, „wir haben es immer aktuell.“ Außerdem fotografiert Rolf Layer fleißig während der Handballspiele und sammelt einschlägige Presseberichte. Dadurch kenne er in jedem Verein jemanden, resümiert der Familienvater, was wiederum eine große Hilfe für die Sammlung wäre. Kevin kann das nur bestätigen: Anhand von mehreren Fotobüchern zeigt er, dass in den letzten sieben Saisons immer alle vierzehn Vereine in seiner Sammlung vertreten waren. Einige Trikots stammen sogar aus dem Ausland. Yunus Özmusul zum Beispiel habe sein Trikot direkt aus Ankara zu ihnen geschickt. Eine ähnliche Aktion habe auch in Finnland für Aufmerksamkeit gesorgt.

Auf eine Rangliste der wichtigsten Trikots möchte sich Kevin lieber nicht festlegen. Wenn er aber müsste, dann würde neben dem besagten Trikot von Stefan „Ede“ Merzbacher aber auf jeden Fall das von Pascal Hens dazugehören, sagt Kevin und zeigt auf ein goldenes Shirt, das durch besonders viele Unterschriften auf sich aufmerksam macht. Es sind die Autogramme der deutschen Nationalspieler, die 2007 die Handballweltmeisterschaft für sich entschieden hatten. Kevin, der in diesem Jahr gerade geboren wurde, hat sie im Nachhinein eingesammelt. Jedes Treffen mit den WM-Spielern ist in einem Fotobuch dokumentiert — wenn man so will ein Stück Handballzeitgeschichte.

Das Trikot von Petros Kandilas fehlt noch

„Den Kevin kennt jeder“, meint Rolf Layer in Bezug auf Handballdeutschland. Immer wieder werde er von fremden Leuten angesprochen, die ihn von Fotos kennen, pflichtet ihm Kevin bei. Einmal wurde er schon vom Stadionsprecher erwähnt, in Lemgo durfte er während des Spiels auf der Trainerbank sitzen und der SV 64 Zweibrücken habe ihm gleich ein personalisiertes Trikot drucken lassen.

Laut Kevin ticken Handballspieler ganz anders als ihre Kollegen vom Fußball. „Man findet keine, die Kopfhörer drin haben“, um sich von den Fans abzuschirmen. Sie wären immer bereit für Gespräche und blieben bis zum Ende, wenn Leute ein Autogramm wollen, ergänzt Kevins Vater. Von jedem Spieler, den sie gefragt haben, haben sie früher oder später ein Trikot bekommen. Wirklich von jedem? „Nicht ganz“, gibt Kevin zu. Das Trikot von Petros Kandilas, der bis 2016 für den HCOB auflief und das Land im vergangenen Jahr in Richtung seiner Heimat Zypern verließ, fehlt noch. Die Familie will das ändern, „Stillstand ist Rückschritt“, meint Vater Rolf. Sie werden versuchen, an das Trikot zu kommen, denn: „Wir sind nicht diejenigen, die aufgeben.“

Serie Unter dem Titel „Sammellust“ stellen wir in dieser Serie Menschen aus der Region vor, die außergewöhnliche Sammlungen haben. Kennen Sie jemanden, der dafür infrage kommt, oder sind Sie selbst leidenschaftlicher Sammler? Dann melden Sie sich per E-Mail an: redaktion@bkz.de

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Erstellt:
23. Juli 2022, 15:30 Uhr

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