Probleme für Selbstversorger

Trinkwasser in Gefahr? Was Trockenheit für Verbraucher heißt

Niedrige Wasserstände, Entnahmeverbote, Bußgelder: Warum auch das Grundwasser in Baden-Württemberg zur Sorge wird – und das Land einen Masterplan für die Trinkwasserversorgung erstellt.

Das Grundwasser wird in Baden-Württemberg zur Sorge (Symbolbild).

© IMAGO/MiS//Bernd Feil

Das Grundwasser wird in Baden-Württemberg zur Sorge (Symbolbild).

Von red/dpa/lsw

Lange Zeit kein flächendeckender ergiebiger Regen, die Wasserstände sind teils extrem niedrig. Lokale Schauer und Gewitter sind laut Niedrigwasser-Informationszentrum Baden-Württemberg zu wenig, um der Entwicklung einer landesweiten Niedrigwasserlage entgegenzuwirken.

Das hat mancherorts schon Folgen für Verbraucherinnen und Verbraucher. Gerade für Selbstversorger erwartet die Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) zunehmend Probleme. Ein Überblick:

Wie ist die aktuelle Lage?

Die Grundwassersituation ist laut LUBW angespannter als es zur Jahresmitte in den beiden historischen Grundwassertrockenjahren 2003 und 2018 der Fall war. Die Karlsruher Behörde vergleicht die Lage mit dem Dürrejahr 2020. Auch an vielen Pegeln in Flüssen und Seen - dem Oberflächenwasser - herrschen den Angaben nach für die Jahreszeit extrem niedrige Wasserstände.

„Engpässe in der öffentlichen Wasserversorgung sind aufgrund der aktuellen Beobachtungen Anfang Juli nicht zu befürchten“, heißt es im Monatsbericht zu den Grundwasserverhältnissen Juni 2025. Insbesondere im Karst - Geländeformen, die auf der Schwäbischen Alb und im Illertal vorkommen - sowie in den Hochlagen des Schwarzwalds erwarten die Fachleute Probleme für Menschen, die sich selbst aus Quellen mit Wasser versorgen.

Ist Grundwasser gleich Trinkwasser?

Nein. Grundwasser ist eine Rohwasserressource, Trinkwasser ein Lebensmittel, das gesetzliche Qualitätsanforderungen erfüllen muss. Allerdings stammen 70 bis 75 Prozent des öffentlichen Trinkwassers in Baden-Württemberg laut LUBW aus Grund- und Quellwasser. Eine weitere Quelle sind Seen wie der Bodensee.

Was muss mit Grundwasser geschehen, damit es Trinkwasser wird?

Grundwasser soll nach Möglichkeit ohne aufwendige Aufbereitung genutzt werden können. Manchmal muss das Wasser aber zum Beispiel enteist oder es müssen unerwünschte Begleitstoffe wie die Mineralien Kalzium und Magnesium zur Enthärtung aus dem Wasser entfernt werden.

Sind Schadstoffe im Wasser, müssen Wasserwerke den Angaben nach aufwendige, teure Maßnahmen ergreifen, um Trinkwasserqualität einzuhalten beziehungsweise zu erreichen. Da gehe es etwa um Desinfektion, Aktivkohle oder Umkehrosmose, mit der das Wasser von gelösten Stoffen gereinigt wird.

Kann die Entnahme von Trinkwasser verboten werden?

Ja. Gemeinden und Wasserversorger können die Nutzung der öffentlichen Trinkwasserversorgung einschränken oder untersagen, wie eine Sprecherin des Umweltministeriums in Stuttgart erklärte. Sei die Gesundheit von Menschen etwa durch Kontamination gefährdet, könne das Gesundheitsamt einschreiten.

Darüber hinaus gestattet der sogenannte Gemeingebrauch jedermann die Nutzung von Oberflächengewässern zum Schöpfen mit Handgefäßen, Tränken von Vieh oder in geringen Mengen für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Gartenbau. Stadt- und Landkreise dürfen ihn einschränken. Das Landratsamt Ravensburg etwa hatte jüngst ein solches Verbot wegen der Trockenheit verhängt. Demnach drohen Bußgelder von bis zu 10.000 Euro.

Gibt es Ausnahmen?

In den Allgemeinverfügungen, die den Gemeingebrauch einschränken, sind laut Ministerium oft Ausnahmen formuliert, die auch die Landwirtschaft betreffen.

Was wird getan, um die Versorgung sicherzustellen?

Die Versorgung mit ausreichend Trinkwasser fällt der Sprecherin zufolge unter die Daseinsvorsorge und damit in die Zuständigkeit der Kommunen. Wasserversorger seien verpflichtet, sich darauf vorzubereiten.

Die Landwirtschaft versuche, Wasser bestmöglich im Boden zu halten und Verdunstung zu reduzieren, erklärte Dominik Modrzejewski vom Landesbauernverband. So solle etwa durch eine breitere Fruchtfolge oder organische Düngemittel Humus aufgebaut werden, der wie ein Schwamm wirke.

Die wichtigere Wasserquelle für Pflanzen sei meist Regenwasser, weil es direkt verfügbar sei und die Wurzeln anfangs noch nicht gut entwickelt seien, erläuterte der Referent für pflanzliche Erzeugung. „Kulturpflanzen wie der Wein, mit sehr tiefen Wurzeln, können gerade in Trockenzeiten auch auf das Grundwasser zugreifen, das in tieferen Bodenschichten gespeichert ist“

Was wird vorsorglich gemacht, um Verbote möglichst zu umgehen?

Das Land hat vor einigen Jahren eine Strategie zum Umgang mit Wassermangel in Baden-Württemberg erarbeitet. Unter anderem sollen die Datenlage zur Wasserverfügbarkeit verbessert, die vorhandenen Infrastrukturen an die Folgen des Klimawandels angepasst und die Resilienz der Gewässer gestärkt werden. Für Trinkwasser werde derzeit ein Masterplan Wasserversorgung aufgestellt.

Wo kann ich mich informieren?

Die LUBW bietet zu dem Thema verschiedene Lageberichte und Karten auf den Internetseiten des Niedrigwasser-Informationszentrums Baden-Württemberg an. Dort ist seit Kurzem auch eine landesweite Übersicht zu finden, welche Landkreise schon Einschränkungen ausgesprochen haben. Auf den Seiten der jeweiligen Land- und Stadtkreise finden Interessierte detailliertere Angaben.

Welche Faktoren beeinflussen das Grundwasser?

Jenseits der Regenmenge ist dies laut LUBW unter anderem die Temperatur. Steigt diese, verdunstet mehr Wasser von Oberflächen und Pflanzen brauchen mehr Wasser. Im Ergebnis versickert weniger. Ähnlich ist es beispielsweise bei versiegelten Flächen und begradigten Gewässerläufen.

Auch die Beschaffenheit des Bodens spielt eine Rolle: Durchlässige Kiese, Sande und Karstgesteine leiten Wasser und eingetragene Stoffe schneller weiter als etwa tonige Böden. Wird Wasser langsamer transportiert, ist es laut den Fachleuten durch den längeren Kontakt mit Gestein stärker mineralisiert. Auf die Qualität haben auch Landnutzung und Landwirtschaft Einfluss - etwa durch mineralische Düngung und Pflanzenschutzmittel. Nitrat ist hier ein Thema.

Gibt es klassische Jahresverläufe?

Der „übliche durchschnittliche“ Jahresgang im Grundwasser der vergangenen Jahrzehnte ist laut LUBW von einem Anstieg im hydrologischen Winterhalbjahr (November bis April) geprägt. „In dieser Zeitspanne entstehen im Mittel rund 75 Prozent der jährlichen Grundwasserneubildung, weil die Verdunstung gering ist.“ Im Sommer gehe der Trend in die andere Richtung, da Niederschlag zum großen Teil von Oberflächen verdunstet und von Pflanzen aufgenommen wird.

Hat sich das infolge des Klimawandels verschoben?

Aufgrund des Klimawandels beobachten die Fachleute häufigere und stärkere Sommer-Minima: „Seit 2018 wurden in mehreren Jahren an vielen Messstellen die niedrigsten Stände registriert“, teilte eine Sprecherin mit. Wiederum werde das Jahresmaximum im Frühjahr an rund zwei Dritteln der Messstellen messbar früher erreicht - eine Folge milder Winter und abnehmender Schneedecke.

Im Langzeittrend zeigten viele Messstellen eine sinkende Tendenz, hieß es. Trockenperioden dauerten länger, und einzelne Extremjahre wirkten noch Jahre später nach. Laut Klimaprojektionen könnten die Grundwasserstände im Jahresverlauf stärker schwanken. Große und ergiebige Grundwasservorkommen können dies besser ausgleichen.

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Erstellt:
2. Juli 2025, 11:50 Uhr

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