Infektion im Elsass
Tropenvirus angekommen: Wie gefährlich ist Chikungunya?
Die Asiatische Tigermücke breitet sich aus – und mit ihr wächst die Sorge vor tropischen Krankheiten wie dem Chikungunya-Virus. Nach einer Infektion im Elsass kommt die Gefahr näher.

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Die Asiatische Tigermücke breitet sich aus. (Archivbild)
Von red/dpa/lsw
Tropenviren wie Dengue, Gelbfieber und Hanta sind hierzulande nicht unbekannt. Vom Chikungunya-Virus haben viele dagegen noch nicht gehört. Dabei sind seine Träger, die Tigermücken, auch in Freiburg, Karlsruhe oder Mannheim längst keine Exoten mehr.
Nun hat sich nur wenige Kilometer von der baden-württembergischen Grenze entfernt im Elsass ein Mensch mit diesem Virus angesteckt. Dieser jüngste Chikungunya-Fall zeigt: Die Tropenviren und mit ihnen das Erkrankungsrisiko rücken näher. Muss man sich jetzt Sorgen machen? Wie kann man sich schützen? Und was tun bei Symptomen? Die wichtigsten Antworten:
Das Virus, das vor allem in Asien, Afrika und Amerika auftritt, löst das gleichnamige Fieber aus, das mit grippetypischen Symptomen wie hohem Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen einhergeht. Daher auch der Name, der ursprünglich aus der Sprache der Makonde stammt, einem Bantuvolk im Südosten von Tansania. Übersetzt heißt es so viel wie „der gekrümmt Gehende“ – in Anlehnung an die Symptome. Es wurde erstmals 1952 bei einem Ausbruch in Tansania beschrieben.
Fieber mit grippetypische Symptomen
Das Virus wird von infizierten weiblichen Stechmücken bestimmter Arten wie der Asiatischen Tigermücke und der Gelbfiebermücke übertragen. Von Mensch zu Mensch steckt man sich üblicherweise nicht an. Die inzwischen auch hierzulande heimische Tigermücke kann das Virus weitergeben, wenn ein Tier zuerst einen infizierten Menschen sticht, das Virus aufnimmt und bei einem anschließenden Stich überträgt, sagte Florian Hölzl, der Leiter der Abteilung Infektionsschutz und Umwelthygiene des Stuttgarter Gesundheitsamts.
Die Mücken stechen vor allem am Tag zu. Über die Speichelsekrete der Stechmücke gelangt das Virus in den menschlichen Blutkreislauf.
Spezifische Medikamente gegen Chikungunya gibt es noch nicht. Es werden Arzneimittel verabreicht, die die Symptome lindern sollen. Die meisten Infizierten erholen sich vollständig, oft schon nach einer Woche. Starke Gelenkschmerzen können aber auch monatelang andauern. Gefährlicher ist das Virus für chronisch Kranke, Ältere sowie für Schwangere und Säuglinge, die sich im Mutterleib infizieren. Ist Chikungunya ausgeheilt, besteht eine lebenslange Immunität gegen die Krankheit.
Impfstoffe zugelassen
Ja. Lange Zeit gab es zwar keinen Impfstoff gegen Chikungunya. Im vergangenen Jahr aber wurde in Deutschland der Impfstoff Ixchiq zugelassen, im Februar 2025 folgte der Impfstoff Vimkunya. Wegen vereinzelter Berichte über schwere Nebenwirkungen bei älteren Menschen wird Ixchiq allerdings derzeit von der Europäischen Arzneimittel-Agentur (Ema) überprüft.
Die ersten Populationen der Asiatischen Tigermücke wurden 2015 in Freiburg im Breisgau und Heidelberg nachgewiesen. Seitdem hat sich die Art immer weiter in den wärmeren Regionen des Landes ausgebreitet, vor allem entlang des Oberrheins, der Rhein-Neckar-Region und des mittleren Neckars. In den vergangenen Jahren wurden aber auch Populationen am Bodensee nachgewiesen. Manche Kommunen wie etwa Kehl haben die Hoffnung aufgegeben, die ausgeuferte Tigermücken-Population komplett loszuwerden.
Wer genau wissen will, ob er in einem Mücken-Hotspot lebt, kann auf Karten des „Mückenatlas“ oder des RKI nachschauen.
Zurzeit ist das Risiko noch gering, sagt Hölzl. Eine Weiterverbreitung der Asiatischen Tigermücke als sogenannter Vektor mache Übertragungen auch bei uns aber immer wahrscheinlicher. Deshalb warnt Hölzl: „Wir müssen diesen Fall als Mahnung dafür nehmen, uns gegen die wachsende Gefährdung durch diese invasive Tierart zu wappnen.“
Konsequenter Mückenschutz nötig
Wer in die betroffenen Regionen reist, sollte sich konsequent vor Mücken schützen. Von Duftkerzen und Lavendelsäckchen lassen sich Tigermücken aber nicht beeindrucken – DEET- oder Icaridin-haltige Sprays helfen dagegen zuverlässig, Moskitonetze vor allem über dem Kinderbett und Schutzgitter vor den Fenstern auch. Langärmelige weite und helle Kleidung wird empfohlen. Und nachts eventuell einen Ventilator aufstellen – das mögen die Biester gar nicht.
„Das Wichtigste ist, mögliche Brutstätten rigoros zu beseitigen“, empfiehlt Hölzl. Mücken lieben stehendes Wasser – wichtig also: Gießkannen, Vogeltränken, Untersetzer und Balkonpflanzen regelmäßig auf stehendes Wasser kontrollieren. Auch Dachrinnen, Regenfässer und Planschbecken können zur Brutstätte werden. Sand im Blumentopf-Untersetzer hilft gegen Mücken, ohne der Pflanze zu schaden. Außerdem ist es wichtig, Gießkannen und Eimer umzudrehen und Regentonnen mit einem festen und vor allem dicht verschlossenen Deckel zu verschließen, zum Beispiel mit einem feinen Netz. „Die Tigermücke zwängt sich auch durch kleine Spalten und Lücken und findet ohne Schutzmaßnahmen sonst hinein“, erklärt Hölzl.
Wer sich krank fühlt, wer Fieber oder Gliederschmerzen bekommt nach der Urlaubsrückkehr aus Risikogebieten wie Mauritius oder La Réunion, der sollte rasch zum Hausarzt. Auch bei Symptomen nach einem Mückenstich in Grenznähe gilt: lieber einmal zu viel zum Arzt. Erste Anlaufstellen in Baden-Württemberg sind Gesundheitsämter und Tropeninstitute wie etwa in Heidelberg.
Ja, aber sie unterscheiden sich von dem jüngsten aus dem Elsass. Denn bundesweit wurden laut RKI von April bis Juni bislang zwar 75 Chikungunya-Fälle registriert. Diese seien aber offensichtlich ausnahmslos mit einer Reise verbunden und betrafen demnach vor allem Rückkehrer aus Mauritius, La Réunion und Sri Lanka. Der elsässische Fall hingegen wurde nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) bei einem Menschen im Elsass nachgewiesen, der sich ausschließlich südlich von Straßburg in den Gemeinden Lipsheim und Fegersheim aufgehalten habe – etwa sechs bis sieben Kilometer von der deutschen Grenze entfernt und auf Rheinhöhe von Offenburg.