Trump löst Verfassungskonflikt aus

Der US-Präsident versucht den Kongress zu umgehen, um eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen zu können

Parlamentarisch ist US-Präsident Donald Trump mit seinen umstrittenen Mauerplänen gescheitert. Jetzt greift er zum letzten Mittel und ruft den nationalen Notstand aus.

Washington Donald Trump redet im Rosengarten des Weißen Hauses. Er zeichnet die Lage an der Grenze zu Mexiko in düsteren Farben. „Wir reden von einer Invasion“, sagt er am Freitagnachmittag. „Wir reden von Drogen, Menschenschmugglern, allen möglichen Kriminellen und Banden.“ Dann ruft er den nationalen Notstand aus.

Es ist ein extremer Schritt, aber auch der Versuch, eine Niederlage im Ringen mit seinen parlamentarischen Widersachern zu kaschieren. Trump hat ein Pokerspiel verloren. Beim Thema Mauer haben ihm die Demokraten, die nunmehr im Abgeordnetenhaus den Ton angeben, die Grenzen seiner Macht aufgezeigt. Dass er den Kürzeren zog, zeigen die Konturen eines Kompromisses, auf den sich Vertreter beider Parteien im Kongress einigten, um die Regierungsarbeit bis September zu finanzieren und einen drohenden Shutdown abzuwenden, den zweiten innerhalb von zwei Monaten. Demnach wird die Legislative nur 1,4 Milliarden Dollar für den Bau von Sperranlagen an der mexikanischen Grenze bewilligen.

Das ist deutlich weniger als die 5,7 Milliarden, die der Präsident noch im Dezember gefordert hatte. Damals wollte er seine Gegenspieler zum Einlenken zwingen, indem er einen Shutdown provozierte, die Lähmung wichtiger Ministerien und Behörden. Nach drei Wochen zäher Verhandlungen, um den nächsten Shutdown abzuwenden, steht er mit leeren Händen da.

Von einer Betonmauer ist in dem Haushaltspaket keine Rede mehr, lediglich von physischen Barrieren. Auf knapp 90 Kilometer Länge sollen neue beziehungsweise stabilere Zäune errichtet werden, hauptsächlich im Tal des Rio Grande, in Texas. In dem Punkt hat sich die Opposition eindeutig durchgesetzt, zumal die fürs Zäune-Aufstellen geplante Summe nur marginal über dem Betrag liegt, den sie Trump zu Beginn des Tauziehens zugestehen wollte.

Trump, so berichtet die „Washington Post“, soll noch am Donnerstag, als der Deal bereits in Sack und Tüten war, gedroht haben, ihm die Unterschrift zu verweigern. Dreimal habe ihn Mitch McConnell, die Nummer eins der Republikaner im Senat, an dem Tag anrufen müssen, um ihm eine Trotzreaktion auszureden. Er, Trump, soll der Senator suggeriert haben, habe den Streit mit den Demokraten in Wahrheit gewonnen, was immer die Kommentatoren behaupten.

Auch deshalb, um am Ende doch noch als Sieger dazustehen, ruft Trump den Notstand aus. Damit fährt er einen Umweg, um die Mauer auch ohne Zustimmung des Parlaments bauen zu können. Nur stehen seine dramatischen Worte im Widerspruch zur tatsächlichen Lage. An der Grenze steigt die Zahl illegaler Einwanderer zwar wieder an, nachdem sie in den Monaten nach Trumps Amtsantritt stark gesunken war. Von den Rekordwerten zu Beginn der Nullerjahre indes ist sie noch weit entfernt. „Es gibt keinen Notstand. Die Panikmache des Präsidenten bedeutet noch lange nicht, dass wir es mit einem Notstand zu tun haben“, protestiert Nancy Pelosi, Vorsitzende des Repräsentantenhauses. Im Übrigen wolle Trump nur davon ablenken, dass er das Kernversprechen seines Wahlkampfs gebrochen habe – dass Mexiko für den Mauerbau zahle. Man werde den Notstand umgehend anfechten, kündigt Jerrold Nadler an, ein Parteifreund Pelosis. „Dieser krasse Machtmissbrauch kann nicht toleriert werden.“

Im politischen System der USA ist es allein die Legislative, die über die Staatsausgaben entscheidet. Der Chef der Exekutive kann versuchen, sie von Fall zu Fall zu überzeugen. Er kann darum bitten, Etatposten aus zwingendem Grund umzuschichten. Er kann werben, Druck ausüben, Konsequenzen ausmalen. Lässt ihn der Kongress abblitzen, bleibt ihm jedoch nach den Regeln der Gewaltenteilung nichts anderes übrig, als sich damit abzufinden. Dass Trump den Notstand ausruft, um bewährte Kontrollmechanismen auszuhebeln, lässt eine Nancy Pelosi auf die Barrikaden gehen. Demokraten, Bürgerrechtler und der Staat Kalifornien kündigten Klagen an.

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Erstellt:
16. Februar 2019, 03:04 Uhr

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