Trumps Handelskonflikte führen zur Zinswende in den USA

dpa Washington. Erstmals seit über zehn Jahren senkt die Fed wieder die Zinsen. Handelskonflikte und langsameres Wachstum machen der Zentralbank Sorgen. Sie will auch in den kommenden Monaten entschlossen handeln.

Mit der Zinssenkung kam die Fed auch ihrem prominentesten Kritiker - Präsident Trump - entgegen. Foto: Evan Vucci/AP

Mit der Zinssenkung kam die Fed auch ihrem prominentesten Kritiker - Präsident Trump - entgegen. Foto: Evan Vucci/AP

Die Unabhängigkeit ist der US-Notenbank heilig - und doch scheint die von ihr beschlossene Zinssenkung klar von Präsident Donald Trumps Politik angetrieben zu sein.

In der Begründung ihrer Entscheidung, den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte zu senken, verwies die Federal Reserve (Fed) vor allem auf die von Trump angezettelten Handelskonflikte, die das globale Wirtschaftswachstum bremsen. Besonders der Handelskrieg zwischen den USA und China, den beiden größten Volkswirtschaften, droht die Konjunktur zu bremsen.

„Die von Handelsfragen bestimmte Unsicherheit war größer als erwartet“, sagte Fed-Chef Jerome Powell zur Begründung der Zinssenkung am Mittwoch. Der Leitzins liegt nunmehr in der Spanne von 2,00 bis 2,25 Prozent. Es war die erste Zinssenkung seit der globalen Finanzkrise vor rund einem Jahrzehnt.

Obwohl Aktienmärkte auf Zinssenkungen in der Regel positiv reagieren, gaben die Kurse an der Wall Street deutlich nach und zogen am Donnerstag nach Handelsstart auch auf dem Frankfurter Börsenparkett die Kurse etwas nach unten. Marktbeobachter begründen dies damit, dass die Zinssenkung von Anlegern vorab erwartet worden sei. So habe die Fed nicht mehr positiv überraschen können. Einige Anleger hätten gar auf eine Senkung gleich um einen halben Prozentpunkt gesetzt, kommentierte Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners.

Powell hatte zudem deutlich gemacht, dass zwar weitere Zinssenkungen möglich seien, dass aber nicht mit einer langen Serie von Absenkungen zu rechnen sei. Der US-Dollar wurde nach der Zinsentscheidung denn auch gestärkt und trieb im Gegenzug den Eurokurs am Donnerstag auf den schwächsten Stand seit über zwei Jahren bei 1,1034 Dollar.

Die Entscheidung für die Zinssenkung sei eine Absicherung um sicherzustellen, dass globale Risiken nicht das weitere Wachstum der US-Wirtschaft bremsen, erklärte Powell. Es gehe darum „angemessen zu handeln“, um den seit zehn Jahren anhaltenden Aufschwung der US-Wirtschaft „zu erhalten“, sagte Powell. Zudem werde die Bank die Drosselung ihres Anleihenprogramms schon im August beenden, zwei Monate früher als geplant, erklärte die Fed weiter.

Die US-Konjunktur sei weiterhin robust, und es gebe abgesehen von den globalen Gegebenheiten in der kurzen Frist keine Risikofaktoren, sagte Powell. Er machte klar, dass die Zinssenkung wahrscheinlich weder ein alleinstehendes Ereignis noch der Beginn einer „langen Serie von Absenkungen“ sein werde. Die nächste Zinssitzung der Fed findet im September statt.

Nach der verheerenden globalen Finanzkrise 2008/2009 hatte die Notenbank die Zinsen aggressiv gesenkt, um die Wirtschaft zu stabilisieren. 2015 begann sie, den Leitzins wieder sukzessive zu erhöhen. Noch 2018 gab es vier Zinserhöhungen.

Der Leitzins, die sogenannte Federal Funds Rate, ist der Zinssatz, zu dem sich Geschäftsbanken über Nacht Geld leihen. Eine Senkung des Zinssatzes verbilligt Kredite, weswegen Firmen leichter investieren können und viele Bürger weniger für Schuldendienst ausgeben müssen und damit mehr Einkommen zur Verfügung haben.

Mit der Zinssenkung kam die Notenbank auch ihrem prominentesten Kritiker entgegen - Präsident Trump. Er äußert seit Monaten öffentlich harsche Kritik am Kurs der Notenbank und fordert deutlich niedrigere Zinsen. So bezeichnete er die Fed bisweilen als „völlig ahnungslos“. Am Mittwoch zürnte er auf Twitter, Powell habe die USA einmal mehr „im Stich gelassen“. Die Märkte hätten darauf gehofft, dass dies der „Beginn eines langen und aggressiven Zyklus von Zinssenkungen“ sei, so Trump. Dies sei nötig, um die Wettbewerbsfähigkeit der USA zu stärken.

Auf die Frage, ob Trumps Kritik bei der Entscheidung der Notenbank eine Rolle gespielt habe, sagte Powell: „Politische Erwägungen spielen für uns nie eine Rolle.“ Der Notenbankchef betonte auch, man kritisiere die Handelspolitik Trumps nicht, man versuche lediglich, deren Konsequenzen für die US-Wirtschaft einzukalkulieren.

Die US-Arbeitslosenquote lag im Juni bei nur 3,7 Prozent. Das Wachstum der Wirtschaft ist noch robust, verlangsamt sich aber. Die Inflation indes liegt unter dem Ziel der Notenbank von zwei Prozent. Einige Analysten hatten daher argumentiert, es brauche eine größere Zinssenkung um 0,5 Prozent, um Inflation und Wirtschaft anzuheizen.

Die Entscheidung der Fed fiel nicht einstimmig. Zwei Notenbanker in dem neunköpfigen geldpolitischen Ausschuss FOMC stimmten gegen die Zinssenkung. Die Notenbanker Esther George und Eric Rosengren wollten den Leitzins lieber unverändert lassen. Analysten sahen darin ein Zeichen, dass es ohne wirtschaftliche Veränderungen vermutlich nicht bald zu weiteren Zinssenkungen kommen würde.

Die Drosselung des Anleihenprogramms wiederum war eigentlich erst ab Oktober geplant. Sie war notwendig geworden, weil die Notenbank nach der Finanzkrise Staatsanleihen und Hypothekenpapiere im Wert von mehreren Billionen Dollar erworben hatte. Der Abbau dieser Vermögenswerte wurde parallel zum seit Ende 2015 vollführten Zinsanhebungskurs vorgenommen.

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Erstellt:
1. August 2019, 10:34 Uhr

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