Undurchdacht

Die Idee einer Moscheesteuer geht am religiösen Alltag vorbei

Es klingt apart, gerade über die Weihnachtsfeiertage wieder einmal über die Einführung einer Moscheesteuer zu frohlocken. Denn die massive Unterstützung durch Finanzhilfen aus dem Ausland und damit auch nicht selten eine ungute politische Einflussnahme zurückzudrängen ist sicher eine Herausforderung, die den muslimischen Verbänden nicht allein überlassen werden kann.

Doch wie soll das gehen? Moscheeverbände sind anders als die christlichen Kirchen keine Körperschaften des öffentlichen Rechts und erfüllen die Anforderungen des Religionsverfassungsrechts bis auf Weiteres nicht. Abseits dieser Hürde stellen sich auch andere Fragen. Wie halten es Muslime, die mit ihrer Steuer religiöse Aktivitäten gar nicht unterstützen wollen? Anders als Katholiken und Protestanten müssten sie sich rein steuerlich von ihrer Religion distanzieren können. Einen Austritt sieht der Islam nämlich nicht vor. Auch die Frage, wofür der Staat die Steuer für die in ihrer Intensität und nationalen Verwurzelung unterschiedlichen Verbände verwenden und verteilen soll, harrt einer von allen Seiten bis ins Letzte durchdachten Regelung. Müsste der Staat wie bei den christlichen Kirchen dann nicht auch Kindergärten und Krankenhäuser in muslimischer Trägerschaft unterstützen, von koran-orientierten Schulen ganz zu schweigen?

Das alles kann man auf Sicht anstreben, um Moscheeverbände durch eine steuerpolitische Einbindung stärker einzubinden und einige von ihnen so tatsächlich zu entradikalisieren. Dann aber sollte man das offen sagen, statt sich hinter durchaus greifbaren Ängsten über einen wachsenden islamischen Auslandseinfluss zu verstecken. Ein Verbot ausländischer Großspenden – wie in Österreich – täte es da fürs Erste auch.

wolfgang.molitor@stuttgarter-nachrichten.de

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Erstellt:
27. Dezember 2018, 03:14 Uhr

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