Undurchsichtige Dreiecksbeziehung

Verfahren um Körperverletzung und sexuelle Nötigung in Aspacher Asylunterkunft wird eingestellt

Undurchsichtige Dreiecksbeziehung

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Von Bernd S. Winckler

ASPACH. Ein 29-jähriger Mann aus dem Irak, der als Asylbewerber in einer Aspacher Flüchtlingsunterkunft seine „Liebe fürs Leben“, wie er es vor Gericht schildert, kennengelernt haben will, landete nun vor dem Stuttgarter Landgericht: Gefährliche Körperverletzung, Bedrohung und sexuelle Nötigung lauten die Vorwürfe. In der Verhandlung stellt sich heraus, dass die angeblich 25-jährige Verlobte tatsächlich 43 Jahre alt ist. Ihr neuer Freund soll dem 29-Jährigen mit Abschneiden seines besten Stücks gedroht haben, behauptet dieser.

Kein alltäglicher Fall für die Richter der 40. Strafkammer am Stuttgarter Landgericht: Der 29-jährige Angeklagte soll seine 25-jährige Liebe in der Containerunterkunft der Marbacher Straße in Aspach kennengelernt haben, mit dem Ziel eines gemeinsamen Lebens. Doch durch ihre Eskapaden mit anderen Männern brachte die Angebetete den Angeklagten in Rage, wie dieser berichtet. Schließlich wurde ihm vorgeworfen, die Frau im Winter 2017/18 aus Eifersucht niedergeschlagen und verletzt zu haben, was er allerdings vor Gericht vehement bestreitet. Weitere körperliche Misshandlungen habe er gegen die Frau in der Folgezeit bis Juli 2018 verübt, heißt es. Und als man sich bereits getrennt hatte, soll er sie in der Küche der Unterkunft gepackt und in sein Zimmer zu zerren versucht haben, um sie zu vergewaltigen.

Der Mann beteuert, er sei in der ganzen Angelegenheit das eigentliche Opfer. Die Frau habe einen Algerier beauftragt, ihn zu bedrohen, er solle die Finger von ihr lassen, sonst werde er getötet. Weil er das aber ignorierte, sei die nächste Drohung auf seinem Handy erschienen: „Wenn du die Frau heiratest, werde ich deinen Schwanz abschneiden...“, hieß es darin. Der irakische Staatsangehörige ging zur Polizei – die jedoch habe ihm nur gesagt, man werde die Sache ermitteln. Dann folgte die nächste Drohung: Er müsse 3000 Euro zahlen.

Am Ende steht Aussage gegen Aussage

Schließlich habe ihr neuer Freund, der Algerier, ihn in der Küche der Unterkunft von hinten überfallen, in den Schwitzkasten genommen, ihm etwas Schweres auf den Kopf geschlagen und ihn zu Boden geworfen. Dieser Überfall habe auch deshalb blutig geendet, weil der Angreifer ein Messer gegen ihn eingesetzt habe. Doch von einem Messer und von Blut sei in den Akten nichts vermerkt, korrigiert die Richterin den Angeklagten. Dieser bleibt dabei, es sei Blut geflossen. Vielmehr, so die Anklage, habe der 29-Jährige den Algerier erheblich verletzt – mit oder ohne Messer, das war in dem Prozess nicht aufklärbar.

Sieben Zeugen hatte die Vorsitzende Richterin der 40. Strafkammer geladen, um diesen sehr komplizierten Sachverhalt zu klären. Am Ende brauchte man nur noch eine Zeugin, nämlich die Frau, um die es ging. Dabei stellte sich zum Erstaunen der Beteiligten heraus, dass die Frau keine 25, sondern 43 Jahre alt und anerkannte Asylsuchende ist. Sie berichtet von Fausthieben des Angeklagten, und ihr neuer Freund habe sie nur verteidigt. Auch gegen die geplante Vergewaltigung. Ein Messer sei nie im Spiel gewesen. Sie sagt auch aus, sie habe mit dem Angeklagten eine „starke, aber schlechte Beziehung“ gehabt.

Die Richter sind ratlos. Liegt eine Körperverletzung und sexuelle Nötigung vor oder ist alles nur Schall und Rauch, wie es die Staatsanwältin letztlich bezeichnet? Alle sechs weiteren Zeugen werden abgeladen. Das Gericht entscheidet mit Einverständnis der Anklagevertreterin und der Verteidigung auf Einstellung des Verfahrens, da Aussagen gegen Aussagen stehen. Nicht ganz ohne Denkzettel kommt der 29-Jährige davon: Er muss als Auflage 80 gemeinnützige Arbeitsstunden verrichten. Wenn das geschehen ist, wird sein Fall gänzlich eingestellt.

Symbolfoto: okanakdeniz/stock.adobe

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Erstellt:
26. Februar 2020, 11:30 Uhr

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