Ungewisse Zukunft des Freizeitzentrums

Süddeutscher Gemeinschaftsverband will die Anlage in Sechselberg verkaufen – Freizeiten nur noch bis Mitte 2020 buchbar

Wie es mit dem Freizeitzentrum in Sechselberg weitergeht, steht in den Sternen. Klar ist nur: Der Besitzer, der Süddeutsche Gemeinschaftsverband in Stuttgart, will das Anwesen bis spätestens Mitte 2020 verkaufen. Hausleiter Christoph Schenk würde das Zentrum, das gute Buchungszahlen vorweisen kann, am liebsten in der bisherigen Form unter einem neuen Träger weiterbetreiben.

Der Leiter des Freizeitzentrums, Christoph Schenk, wirbt für eine Weiterführung der Anlage in der bisherigen Form. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Der Leiter des Freizeitzentrums, Christoph Schenk, wirbt für eine Weiterführung der Anlage in der bisherigen Form. Foto: J. Fiedler

Von Annette Hohnerlein

ALTHÜTTE. Es ist ein Idyll, das da bei Sechselberg am Waldrand gelegen ist: Weite, hügelige Rasenflächen, auf denen einige Schafe grasen, eine Waldlaube mit Holzbackofen, eine Grillterrasse mit Veranstaltungszelt, ein Bolzplatz und ein Beachvolleyballfeld. Dazu drei Gästehäuser und ein Haupthaus mit angebautem Saal. Die großzügige Anlage bietet Übernachtungsmöglichkeiten für über 100 Personen und ist ein idealer Platz, um mit einer Gruppe für einen oder mehrere Tage eine Freizeit, eine Schulung, ein Teambuildingseminar oder Ähnliches durchzuführen.

Christoph Schenk ist der inhaltliche Leiter und kam 2012 als Jugendreferent und Erlebnispädagoge an die Einrichtung, deren Träger der Süddeutsche Gemeinschaftsverband ist, ein christlicher Verein, in dem rund 140 Gemeinden und Gemeinschaften im süddeutschen Raum zusammengeschlossen sind.

„Früher wurde der Beruf Hausvater genannt“, sagt Christoph Schenk, und das ist er mit Leib und Seele. Er lebt mit seiner Frau und den beiden Kindern auf dem Gelände und ist auch außerhalb seiner Arbeitszeit der Ansprechpartner für die Gäste, wenn Not am Mann ist. Es könne schon mal vorkommen, dass er am Abend, wenn er mit seiner Familie beim Essen auf der Terrasse sitzt, von einem Gast angesprochen wird: „In meinem Zimmer ist das Nachttischlämple kaputt“, erzählt der 36-Jährige schmunzelnd.

Schenk ist Absolvent der Missionsschule in Unterweissach und hat eine ganze Reihe von erlebnispädagogischen Angeboten im Freizeitzentrum installiert. Etwa einen Erlebnispfad, der die Aussagen des Psalm 23 („Der Herr ist mein Hirte...“) in mehreren Stationen sinnlich erlebbar macht, einen Barfußpfad und als Sahnehäubchen einen Hochseilgarten im Wald in zwölf Metern Höhe. Darüber hinaus werden Kanutouren, Geocaching und Bibelseminare angeboten. Schenks Anliegen ist es, die Gäste nicht nur zu bespaßen, sondern ihnen Erlebnisse zu bieten, die nachwirken und sie in ihrer Persönlichkeit weiterbringen. Dies ist auch das Ziel von Teamtrainingveranstaltungen, die regelmäßig für Vereine, Schulklassen, Azubigruppen oder Firmenabteilungen durchgeführt werden.

Die steigenden Belegungszahlen sprechen dafür, dass dieses Angebot angenommen wird. Dennoch steckt das Zentrum seit Jahren in wirtschaftlichen Schwierigkeiten, wie Markus Siegele, Geschäftsführer des Süddeutschen Gemeinschaftsverbands, wissen lässt. 2002 und 2003 habe ein Umbau stattgefunden, 2013 sei der erlebnispädagogische Ansatz dazugekommen. Trotz guter Auslastung habe sich die wirtschaftliche Situation jedoch nicht verbessert. Inzwischen seien die Gebäude, die aus den 70er-Jahren stammen, renovierungsbedürftig, die Ausstattung der Bäder und Zimmer veraltet. „Um das Zentrum für die Zukunft fit zu machen, muss weit über eine Million Euro investiert werden“, so der Geschäftsführer. In den vergangenen Jahren seien die Verluste durch ein zweites Freizeitzentrum des Vereins im Nordschwarzwald ausgeglichen worden. Im Herbst 2017 habe sich die Mitgliederversammlung des Verbands jedoch die Grundsatzfrage gestellt und im Sommer 2018 dann beschlossen, die Anlage zu verkaufen. Ein wichtiges Argument dafür sei auch die Tatsache, dass die Besucher nur zu fünf bis sieben Prozent aus den Gruppen des Verbands kommen. Dies widerspreche der Vereinssatzung, nach der das Freizeitzentrum der Förderung der eigenen Arbeit dienen soll.

Bis zum 30. Juni 2020 soll der Verkauf über die Bühne gegangen sein, so das Ziel der Verantwortlichen. Das bedeutet, dass derzeit Freizeiten nur unter Vorbehalt gebucht werden können, für die Zeit ab Mitte 2020 werden gar keine Buchungen mehr angenommen. „Am liebsten wäre uns eine christliche Organisation, die es als Freizeitzentrum in unserem Sinne weiterführt“, betont Markus Siegele. Plan B wäre der Verkauf an den Betreiber eines Alten- oder Pflegeheims. Erst wenn das nicht möglich ist, käme die dritte Variante zum Zug, die Veräußerung an einen Investor, der möglicherweise die Gebäude abreißt und das Areal völlig neu gestaltet. Man habe schon Gespräche mit Interessenten geführt, bisher jedoch ohne Ergebnis.

Auch Christoph Schenk wäre eine Weiterführung in der bisherigen Form am liebsten. Im Gemeindemitteilungsblatt von Althütte veröffentlichte er einen eindringlichen Appell: „Was wäre es Ihnen wert, wenn Menschen aus den eigenen Reihen, dem eigenen Dorf, mit gemeinsamen Gedanken, Ideen, Visionen und Vorstellungen diesen Betrieb im Auftrag des Herrn weitertreiben und ausbauen?“ Falls dies nicht gelingt, warnt Schenk vor einer „zwielichtigen Belegung“ oder einer „Bauruine am Ortsrand“. Aber noch ist er zuversichtlich, dass sich ein Käufer mit Visionen findet, „der das Flair spürt und das Potenzial entdeckt“.

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Erstellt:
20. November 2018, 06:00 Uhr

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