Unmut um Bauvorhaben in Unterweissach

In der Backnanger Straße in Weissach im Tal soll neuer Wohnraum entstehen. Die Verwaltung hat schon lange nach einem Investor gesucht. In der jüngsten Gemeinderatssitzung hat Gunnar Stuhlmann den Zuschlag für sein Konzept bekommen. Das begrüßen nicht alle Gemeinderäte.

Das Bebauungskonzept der Ettle&Stuhlmann GmbH sieht 18 Wohnungen in zwei Gebäuden vor. Visualisierung: Ettle&Stuhlmann GmbH

Das Bebauungskonzept der Ettle&Stuhlmann GmbH sieht 18 Wohnungen in zwei Gebäuden vor. Visualisierung: Ettle&Stuhlmann GmbH

Von Melanie Maier

Weissach im Tal. Die Gemeinde Weissach im Tal kann in Kaufverhandlungen mit der Ettle&Stuhlmann GmbH bezüglich der nebeneinanderliegenden Flurstücke 71 und 73 in der Backnanger Straße in Unterweissach einsteigen. Das haben die Gemeinderäte in ihrer jüngsten Sitzung mehrheitlich entschieden, nachdem Investor Gunnar Stuhlmann das Bebauungskonzept seiner Wohnbaugesellschaft dem Gremium vorgestellt hatte. Er hat vor, Eigentumswohnungen zu schaffen, die später verkauft werden sollen. Das bestehende Mehrfamilienhaus soll fünf Wohnungen für Familien umfassen. Auf der Fläche daneben, auf der derzeit ein alter Spielplatz und mehrere Parkplätze sind, soll den Plänen zufolge ein terrassenartig in den Hang gebautes Gebäude mit drei Vierzimmerwohnungen, sechs Dreizimmerwohnungen und vier Zweizimmerwohnungen entstehen – insgesamt also 18 Wohnungen. Dazu sind 18 Parkplätze in einer Tiefgarage vorgesehen sowie weitere Parkflächen vor dem Neubau und dem Altbestand. Alles in allem könnten bis zu 35 Parkplätze geschaffen werden, so Gunnar Stuhlmann, das solle auch die Anlieger der benachbarten Straßen entlasten.

Schon 2017 hatten Stuhlmann und seine Geschäftspartnerin Heike Ettle ein Konzept für die beiden Flächen vorgelegt. Das hatte beim Gemeinderat jedoch keinen Anklang gefunden. Mit einer Größe von insgesamt 40 Wohneinheiten hatte das Gremium das Projekt als zu groß empfunden. Es war der erste Anlauf der Gemeinde, die Flurstücke zu veräußern. Der jetzige Entwurf entspricht sehr viel mehr den Vorstellungen des Gemeinderats. Er lehnt sich an eine Bebauungsstudie vom 1. Dezember 2017 des Büros Leissle an. Deren Kriterien bilden die Basis für den Verkauf der Grundstücke. Dazu gehört unter anderem, dass beim Kauf des Grundstücks Backnanger Straße 25 auch die Mieter zu übernehmen sind. Daran würde Stuhlmann sich halten. „Wir haben kein Interesse daran, den Altbestand zu entmieten“, sagte er. Fünf Jahre solle es von seiner Seite keine Kündigung geben.

Da das städtebauliche Konzept bei der Vergabe im Vordergrund steht und nicht der finanzielle Aspekt, bietet die Gemeinde die beiden Grundstücke für einen Pauschalpreis an. Dieser wird noch nicht öffentlich genannt. Stuhlmann verrät aber, dass seine Wohnbaugesellschaft dazu noch einen fünfstelligen Betrag geben würde. Die Ettle &Stuhlmann GmbH ist aktuell der alleinige Bewerber um die Flächen, nachdem sich zwei Mitbewerber zurückgezogen haben.

Gemeinderat Dietmar Schönberger (SPD) fand den Entwurf „sympathisch“ – „gerade wenn man auch daran denkt, wie der erste ausgesehen hat“. Der Wohnungsmix sei gelungen, allerdings fehlten ihm Grünflächen. Er schlug vor, einige Parkflächen aufzugeben: „Sonst ist das schon sehr zubetoniert.“

Das Konzept sei „wunderschön“ und habe „Hand und Fuß“, kommentierte Luciano Longobucco (Liste Weissacher Bürger, LWB). Dennoch könne er sich nicht für das Vorhaben aussprechen. „Der Elefant im Raum ist ja der, dass wir eine Vorgeschichte miteinander haben“, sagte Longobucco. Die Basis für eine partnerschaftliche und vertrauensvolle Zusammenarbeit sei für ihn nicht mehr gegeben.

Longobucco erinnerte daran, dass die Ettle&Stuhlmann GmbH auch für das alte Schulhaus in Oberweissach – ebenfalls ein gemeindeeigenes Gebäude, das den Besitzer wechseln soll – ein Konzept erarbeitet hatte. Doch ein anderer Investor erhielt den Auftrag. Daraufhin drohte Stuhlmann, der nicht nur eine Wohnungsbaugesellschaft betreibt, sondern auch Rechtsanwalt ist, der Gemeinde mit einer Klage. „Sie haben klargemacht, dass Sie diese Klageandrohung zurückziehen würden, wenn Sie jetzt den Zuschlag bekommen würden“, wandte sich Longobucco an Stuhlmann und betonte, dass es sich dabei aber um eine souveräne Entscheidung des Gemeinderats handle, die unabhängig von anderen Geschehnissen in der Gemeinde fallen müsse. Er beantragte eine geheime Abstimmung.

Gunnar Stuhlmann nahm direkt Stellung zu den Vorwürfen. Sein Büro habe nach der Aufforderung durch die Verwaltung ein Bebauungskonzept für das alte Schulhaus in Oberweissach erarbeitet, allerdings keine Gelegenheit bekommen, dieses dem Gemeinderat vorzustellen: „Dass ein anderer Bewerber den Zuschlag bekommen hat, musste ich aus der Backnanger Kreiszeitung erfahren!“ Hätte sich das Gremium für den Mitbewerber entschieden, nachdem es auch sein Konzept gesehen hätte, dann hätte er die Entscheidung sportlich genommen, führte Stuhlmann aus. So aber sei in ihm als Rechtsanwalt der Gedanke aufgekommen, den Schaden zu monetarisieren, den er erlitten habe. „Wir haben bis heute nicht geklagt und haben das auch nicht vor“, versuchte Stuhlmann zu beschwichtigen.

Thomas Obermüller (LWB) warf ein, er finde es problematisch, in einer „völlig abgespeckten Version der Verwaltung (Anm. d. Red.: sowohl der neu gewählte Bürgermeister als auch der neue Hauptamtsleiter haben ihre Ämter noch nicht angetreten) und mit nur zwei Dritteln des Gemeinderats, der ja eigentlich die Bürgerschaft repräsentieren soll“ über das Thema abzustimmen. Dem schloss sich Timo Kleeh (CDU/FWV) an. Dennoch fand die geheime Abstimmung statt. Acht Räte stimmten für den Einstieg in die Verkaufsverhandlungen mit der Ettle &Stuhlmann GmbH, fünf dagegen. Stuhlmann zeigte sich erfreut und kündigte an: „Dann werden wir die fünf Neinstimmen beim nächsten Mal auch überzeugen.“

Kommentar
Ein Zeichen musste gesetzt werden

Von Melanie Maier

Dass Gunnar Stuhlmann zu klagen drohte, als das alte Schulhaus in Oberweissach an einen Mitbewerber vergeben worden war – wie auch immer die Umstände gewesen sein mögen –, kann nur ein ungutes Gefühl, ein „Gschmäckle“, bei den Rätinnen und Räten hinterlassen haben. Hatten sie den Eindruck, die Klageandrohung könnte fallen gelassen werden, wenn sie dem Einstieg in Verkaufsverhandlungen nun zustimmten, war es nur richtig, mit ihrer Gegenstimme ein klares Zeichen für die Unabhängigkeit des Gemeinderats zu setzen.

Gleichzeitig liegt nur eine Bewerbung um die beiden Grundstücke vor – und zwar eine durchaus gelungene. Daher ist es genauso richtig, dass die meisten dennoch für den Einstieg in Verhandlungen gestimmt haben. Vielleicht muss noch das eine oder andere angepasst werden, doch im Großen und Ganzen entsprechen die Pläne den Vorstellungen des Gemeinderats. Stuhlmann würde gut daran tun, dem Gremium und der Verwaltung zu beweisen, dass trotz allem, was vorgefallen ist, eine gute, vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich ist.

m.maier@bkz.de

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Erstellt:
9. Mai 2022, 16:00 Uhr

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